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Hesse-ABC

Hesse-ABC

Titel: Hesse-ABC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Decker
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aber wird zum entscheidenden Schlüssel für alles
    Kommende.

    Experiment
    Wie dem Ketzerchronisten Gottfried ↑ Arnold e ine »historia expe-rimentalis« als Ideal von Geschichtsschreibung vorschwebt, so
    sieht Hesse sein Leben überhaupt als Experiment. Für den Wande-
    rer ist die Wegsuche eine dauerhafte Existenzform, ein Abenteuer,
    das er sich nicht durch vorgefertigte Wege-Pläne verderben läßt.
    Es schärft die Sinne für das Neue, das immer auch ein Unwägba-
    res ist, inmitten des Immergleichen der kreislaufenden Natur:
    »Wenn mein Leben nicht ein gefährliches, leidvolles Experiment
    wäre, wenn ich nicht ständig am Abgrund entlang liefe und das
    Nichts unter mir fühlte, hätte mein Leben seinen Sinn nicht, und
    ich hätte dann alle meine Dichtungen, auch die scheinbar ange-
    nehmen und freundlichen, nicht machen können. Daß ich aber,
    um nicht etwa einen zufriedenen Leser zu erschrecken, in mir das
    Erlebnis und den Trieb zu subjektiver Wahrheit unterdrücken solle,
    diese Forderung kann ich zwar ruhig anhören, kann sie verstehen
    und hinnehmen, aber folgen kann ich ihr nicht.« (1925)

    F
    Fährmann
    ↑ Vasudeva ist im ↑ » Siddhartha « der Mittler zwischen den Welten.
    Er setzt von einem zum anderen Ufer über. So bringt er das Eige-
    ne mit dem Fremden zusammen – und beide erkennen sich als
    Teile eines Ganzen. Wahre Weisheit also lernen wir am Fluß, weiß
    der Fährmann (ein verkappter Heraklit), und auch Siddhartha
    sieht: »... dies Wasser lief und lief, immerzu lief es, und war doch
    immer da, war immer und allezeit dasselbe und doch jeden Au-
    genblick neu!« Es ist der Zeitstrom, der unaufhaltsam dahinzieht.
    Auf ihm gilt es überzusetzen, ihn muß man überwinden – aber
    nicht feindlich, sondern bejahend. Am Ende übernimmt Sidd-
    hartha vom sterbenden Vasudeva das Fähramt.

    Fernsehen
    »... die Televisionen kenne ich nur vom Hörensagen.« (1960)

    Ferromonte
    Was soviel wie Eisenberg bedeutet, jedoch eine Figur im »Glas-
    perlenspiel« ist, für die Hesses Neffe, der Musiktheoretiker Carlo
    Isenberg (1901-1945), das Vorbild war. Isenberg besucht Hesse
    häufig, spielt ihm alte Musik vor und berät ihn in musikalischen
    Fragen. Gemeinsam geben sie 1925 bis 1927 die dokumentari-
    schen Lebensbilder »Merkwürdige Geschichten und Menschen«
    bei S. Fischer heraus.

    Feuilletonistisches Zeitalter
    Traktat im »Glasperlenspiel«. Kardinale Zeitgeistkritik des alten
    Hesse. Statt Sammlung sieht Hesse Zerstreuung, statt Ehrfurcht
    und Bewunderung für Größe eine sich verselbständigende Ironie,
    statt Tiefsinn bloße Oberfläche, statt Demut nur noch frivole Arro-
    ganz. Es ist, als ob Hesse bereits vom Privatfernsehen spräche.
    Aber da hätte Hesse das Wort vom Feuilleton, das soviel wie
    geistvoll-unterhaltsame Plaudereien mit Sinn für die überraschen-
    de Pointe meint (und von Hesse selbst oft und gern kultiviert wur-
    de), nicht mehr in den Mund genommen. Der Endpunkt der
    privaten Massenmedien ist Zeitvernichtung, das Programm als
    kurze Unterbrechung der Dauerwerbung: eine einzige Obszönität.
    Bei Hesse meint die Diagnose eines »feuilletonistischen Zeital-
    ters« gleichsam ein Vorstadium dessen: die Atomisierung des
    Bürgerlichen. Die Vereinzelung – der neue vom Konsum geforder-
    te Kult des Individualismus – führt auch zum Verlust der gemein-
    schaftserhaltenden Werte. Bildung, die darauf zielt, Echtes von
    Unechtem, Wertvolles von Wertlosem unterscheiden zu lernen,
    wird unmöglich, wo Jugend nur noch karrieretauglich gemacht
    wird, wo der platteste Egoismus als prestigeträchtiger Ersatz-Wert
    gehandelt wird: »Sie lernten mit Ausdauer das Lenken von Auto-
    mobilen, das Spielen schwieriger Kartenspiele und widmeten sich
    träumerisch dem Auflösen von Kreuzworträtseln – denn sie stan-
    den dem Tode, der Angst, dem Schmerz, dem Hunger beinahe
    schutzlos gegenüber, von den Kirchen nicht mehr tröstbar, vom
    Geist unberaten.«

    Finckh, Ludwig
    Der wohl innigste Jugendfreund Hesses. Er lernt ihn in Tübingen

kennen, in der Heckenhauerschen Buchhandlung. Finckh vor, Hes-
    se hinter dem Ladentisch. Aber die gemeinsame Buchleidenschaft
    überwindet die Barriere zwischen dem Sortimentsgehilfen Hesse
    und dem Jurastudenten Finckh. Auch Finckh schreibt Gedichte
    und, das vor allem, er schwärmt für die ↑ » Romantischen Lieder «, mit denen, wie er überschwenglich meint, Hesse sich als der
    »größte deutsche Dichter« erwiesen habe. In seiner

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