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Hesse-ABC

Hesse-ABC

Titel: Hesse-ABC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Decker
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Autobiogra-
    phie wird sich Finckh später des ersten Eindrucks erinnern, den
    Hesse auf ihn machte: »Er war ein wenig jünger als ich, aber er
    schien mir viel älter und reifer zu sein; er mußte schon Schweres
    durchgemacht haben, seine Verse waren voll Geist und Schwer-
    mut.«
    Über Finckh bekommt Hesse auch Zugang zu dem studentischen
    Kreis »petit cénacle«. Mit studentischem Korpsgeist hat man dort
    wenig im Sinn, man gibt sich musisch-antibürgerlich, spielt Billard
    und macht gemeinsam Ausflüge. Die Freundschaft mit Finckh hält
    länger als der »petit cénacle«-Kreis. Finckh (»Ugel« genannt) folgt
    Hesse sogar nach Gaienhofen und wird dessen Nachbar. Er veröf-
    fentlicht auch den erfolgreichen Unterhaltungsroman »Der Rosen-
    doktor«. Gemeinsam ziehen sie in den Sommern mit Angel,
    Schmetterlingsnetz und einer Flasche Wein durch die Bodensee-
    dörfer oder fahren Boot. Hesse genießt die sonnigen Tage ebenso,
    wie er an den kalten Wintern leidet. Allerdings vermag Finckh sich
    nicht wie Hesse mit einem Kraftakt von dem faulen Frieden der
    Landidylle zu befreien, sondern bleibt lebenslang in ihr gefangen.
    Als der Erste Weltkrieg beginnt, stellt sich Finckh ganz zu den
    Kriegsbegeisterten. Hesse und Finckh geraten damit moralisch auf
    verschiedene Seiten. Solchen Haßtiraden gegenüber, wie sie
    Finckh jetzt fabriziert, empfindet Hesse nur Verachtung und
    schreibt sein »O Freunde, nicht die Töne!«, was ihn dann endgül-
    tig zum Feind der Nationalisten werden läßt. Hesse ist fassungs-
    los, wie primitiv bisher kultivierte Menschen plötzlich werden
    können, wenn sie der patriotische Rausch erfaßt. Finckhs unsägli-
    che Haß-Reimerei ist dafür ein exemplarisches Beispiel: »[...] Was
    tut man mit den Franzen?/Man setzt den Mörser auf die Bahn/Und
    läßt sie aufwärts tanzen [...]/ Was macht man mit den Belgen? /
    Man läßt sie treulich in der Gruft/Mit ihren Freunden schwelgen.
    [...]/Was macht man mit den Russen?/Man läßt sie vor dem
    Schießgewehr / Die Mutter Erde küssen. [...]« Finckh gehört dann
    auch zu denen, die von der bitteren Weltkriegsniederlage nicht
    etwa in ihrem militanten Nationalismus geheilt werden, sondern
    sich vom Nationalsozialismus vereinnahmen lassen. Nach 1945
    gilt Finckh darum in der französischen Besatzungsmacht als Nazi-
    Mitläufer, seine Bücher werden eingestampft, und er muß sich
    einem Spruchkammerverfahren stellen. Darum erinnert er sich an
    seinen alten Jugendfreund, den ausgewiesenen Feind des Natio-
    nalsozialismus Hesse, und bittet ihn um Unterstützung. Hesse
    lehnt ab. Aber er erlaubt Finckh, der Spruchkammer seinen Ant-
    wortbrief an ihn vorzulegen. Darin heißt es: »Mir ist Deine Art von
    Patriotismus stets zuwider gewesen, und Du hast mit Deinem Na-
    men, Deiner Begabung und Deiner Autorität als Autor stets auf
    der anderen Seite gestanden wie ich. [...] Daß Du auch an Hitler
    selbst und seine Partei als eine reine, patriotisch-idealistische Sa-
    che geglaubt hast, ist traurig und ist nicht zu verzeihen, es ist die
    Sünde von 90 % der deutschen Intellektuellen.« Finckh wird von
    der Spruchkammer freigesprochen und beginnt sofort an einem
    Buch über seine und Hesses schwäbische Ahnen zu schreiben. Die
    seien das geheime Band zwischen ihm und Hesse über die Zeiten
    hinweg gewesen. Bloß noch töricht findet Hesse das.

    Fotos
    Henry Miller begeistert: »Was für wundervolle Fotos von ihm aus
    allen Lebensaltern!«

    Franz von Assisi
    Hesses Lieblingsheiliger, weil er auf jeden Pomp verzichtend ganz
    ein »Poverello« (ein Armer) sein will, der mit den Ärmsten lebt,
    um nah bei Christus zu sein. Hesse kennt das Franziskanische aus
    Italien, er sieht, wie Hugo Ball sagt, Italien mit franziskanischen
    Augen. Und er hat Paul Sabatiers höchst revolutionäres Franzis-
    kus-Buch gelesen, das sich ganz auf die Seite der vom Ordens-
    gründer verkörperten Idee der Armut stellt, die im Zuge der
    Verkirchlichung des Ordens (dem Streit der »Spiritualen« mit den
    »Konventualen«) immer mehr zurückgedrängt wurde. »Peter Ca-
    menzind« läßt sich als eine einzige Liebeserklärung an den fran-
    ziskanischen Geist der Brüderlichkeit lesen. Ein Geist, der im
    gotischen 13. Jahrhundert Gott nicht nur himmelhohe Kathedralen
    baute, sondern der auch im Kleinsten und Unwürdigsten Gott ent-
    deckte: in der Natur! Gott ist nie auf der Seite der Reichen und
    Mächtigen, sagt Franziskus, wie auch Jesus keine Kirche gründen
    wollte, sondern

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