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Hesse-ABC

Hesse-ABC

Titel: Hesse-ABC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Decker
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deutscher Kommerzienrat
    neben einem italienischen Bettelbuben aussehen kann.« Die
    »klassische Bildung« des Italienreisenden hat Hesse als Reiseziel
    schnell abgehakt. Die Menschen und die Atmosphäre des Ortes
    sind es, die ihn faszinieren. Wie schwer und drückend nördlich der
    Alpen alles erscheint, wie leicht und freundlich hier dagegen:
    »Wie schmal ging es da zu, wie abhängig war ich vom Saldo, wie
    ängstlich rechnete ich den Rest meiner italienischen Tage mir oft
    am Rest meiner kleinen Barschaft vor! Aber es ging doch immer
    noch eine Woche, und je sparsamer ich lebte, desto vergnügter
    war ich eigentlich, da ich dabei Venedig weit besser kennenlernte
    als die wohlsituierten Gondelfahrer.«
    Nach sieben Wochen muß Hesse seine erste Italienreise dann
    doch abbrechen, weil er einen Musterungsbescheid von der Ar-
    mee bekommen hat. Wehmütig reist er zurück, schon die nächste
    Reise beschließend, die er 1903, in Begleitung seiner späteren
    Frau, der Fotografin Maria ↑ Bernoulli, unternehmen wir d. Bis zu einer Übersiedlung auf die Süd-Seite, ins italienischsprachige
    Tessin, wird Hesse regelmäßig nach Italien reisen, einzig und al-
    lein aus einem Grund: aus Liebe.

    J
    Jünger, Ernst
    Normalerweise ist die Sache klar: Hesse hat mit Jünger nichts im
    Sinn. Noch 1944 klingt sein Urteil eindeutig: »Die Jüngersche Welt
    ist eine Welt voll Geist, Kritik, Verstand und hohem künstleri-
    schem Geschmack, nur ohne Liebe... So ist es: niemand ist schul-
    dig, man schießt und brennt die Welt in Trümmer, und ist dabei
    völlig unschuldig, man ist ›Exponent‹ oder ›Faktor‹ oder irgend
    etwas Geistreiches, aber kein Mensch, kein moralisches, unter
    Gott stehendes, ihm verantwortliches Wesen. Ich gebe, deutsch
    gesprochen, keinen roten Pfennig dafür.« Aber dann erstaunt
    man, was Hesse 1960 in einem Brief schreibt: »Ihre Worte über
    Jünger haben mich nicht überrascht. Ich habe diese Aversion ge-
    gen ihn vielemale äußern hören, und war selber auch einigemale
    nach dem Lesen Jüngers erschreckt... Nun, für mich bedeutet es
    jedesmal einen Fortschritt und einen Gewinn, wenn ich einen Au-
    tor, der mir bisher fremd oder gar zuwider gewesen war, neu ent-
    decke und verstehen lerne. So ist es mir mit dem neuen Buch von
    Jünger gegangen, ebenso mit den Briefen des unglücklichen
    Benn.« Dieser Brief Hesses ist eine nochmalige Bestätigung seiner
    euphorischen Rezension zu Jüngers »An der Zeitmauer« aus dem
    gleichen Jahr: »Um es gleich zu sagen: es ist ein überaus geschei-
    tes und gutes Buch, das ich mit dem Vergnügen las, mit dem man
    eigene Empfindungen und Gedanken durch einen kompetenteren
    Mann bestätigt sieht.« Worin Hesse seinen Blick auf die Welt bei
    Jünger bestätigt fühlt, das sagt er auch: »Wir leben im Spätherbst
    eines Äons, in einer untergehenden, sich auflösenden Welt, die für
    viele zur Hölle, für beinah alle unbehaglich geworden ist und de-
    ren Bedrohungen ständig zunehmen.« Hesses Fazit: »Wieweit nun
    Jüngers Dichtungen und Prognosen ›stimmen‹, oder was von die-
    sem oder jenem Standort aus Triftiges gegen sie vorgebracht
    werden kann, berührt mich nicht. Der Streit darüber wird Literatur
    oder Geschwätz sein. Mir genügt es vollauf, an dieser Schau teil-
    genommen und fruchtbare Tage mit ihr vollbracht zu haben.«

    K
    Kafka
    Der Vater verkörperte für den Sohn die staatliche Ordnungsmacht.
    Wie schwer das den Sohn traumatisierte, ist in dem »Brief an den
    Vater« nachlesbar. Nicht zuletzt wegen seiner kompromißlosen
    Selbstbefreiung von der Väterwelt bewunderte Kafka Hesse, wie
    auch Hesse in Kafka einen Seelenverwandten erkannte.
    Nach Kafkas Tod schreibt Max Brod an Hesse: »Verehrter Herr
    Hesse, ich weiß nicht, ob ich Ihnen schon mitgeteilt habe, daß
    Franz Kafka Ihre Werke stets geliebt hat und daß eine Ihrer Kriti-
    ken ihm, der sonst für Kritik unempfindlich war, als eine der letz-
    ten Freuden an sein Sterbebett in Kierling (bei Wien) kam. Ich war
    dort, und er zeigte mir den von seiner Mutter eingesandten Aus-
    schnitt.« (1.12.1926) Immer wieder und wieder hat Hesse auf Kafka
    aufmerksam gemacht: »Angstträume scheinen diese Dichtungen
    zu sein.« Kafkas Texte erscheinen ihm als »Mischung aus jüdisch-
    theologischer Spekulation und deutschem Dichtertum«. Der Leser
    finde sich in ein »Reich der Visionen« verirrt, bald voll »geisterhaf-
    ter Unwirklichkeit«, bald »glühender Überwirklichkeit«, immer
    jedoch

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