Hetzer & Kruse 01 - SchattenHaut
auch gut erkennen, dass irgendwer mit einer Flamme den Körper versengt hat. Falls man den Braten nicht schon vorher gerochen hat.“
„Mica, du bist echt widerlich.“
„Danke für das Kompliment. Soll ich nun weitererzählen oder ist euch das Märchen zu gruselig?“
Wenn sie so freundlich grinste, konnte man ihr nichts übelnehmen.
„Ich meine doch nur. Du bist so pietätlos.“
„Nicht ich bin so, sondern der Tod selbst mit all dem Ekel, der um ihn herum ist. Denkt ihr, ich bin gerne hier? Mit meinem Sarkasmus kann ich die Tatsache nur besser ertragen.“
„Ok, mach weiter!“
„Was ihr nicht so genau seht – wenigstens nicht auf den ersten Blick – ist, dass er nicht vollständig ist. Das liegt an seiner Haltung und an dem Stich in seinem Hals.“
„Was fehlt ihm denn? Außer der Kleidung meine ich?“
„Siehst du, Wolf, jetzt fängst du auch schon so an. Es fehlen seine Genitalien, und wenn ich es recht erkenne, hat man sich auch an seinem Hals zu schaffen gemacht, bevor er erstochen wurde.“
„Heißt das, er wurde vor seinem Tod verstümmelt wie der Pfarrer aus Hameln?“
„Ungefähr.“
„Wieso ungefähr? Ja oder nein?“
„Ja und nein!“
„Und im Detail bitte?!“
„Pfarrer Fraas ist vor Ort kastriert und von seinem Adamsapfel befreit worden. Bei Benno hat sich jemand die Mühe gemacht, ihn zu operieren und erst noch ein bisschen leben zu lassen. Hier, seht ihr die frischen Narben? Wenn ich es trotz der Verbrennungen richtig erkenne, verstand da jemand sein Handwerk. Das ist eine richtige Plastik.“
„Dann können wir also davon ausgehen, dass der Mörder Arzt ist?“
„Das könnte sein. Möglich wären auch Studenten der Medizin, Bestatter oder Schneider mit medizinischer Vorbildung, OP-Schwestern, die gut aufgepasst haben. So, mir stinkt’s jetzt. Ich haue ab. Ihr könnt ihn abnehmen lassen, wenn ihr wollt. Morgen Abend könnt ihr nachfragen, nicht eher.“
Wolf und Peter hatten auch genug.
Sie folgten Mica nach unten, wo die Zeugin Nadja Serafin auf die beiden wartete.
„Hey, wir kennen uns doch“, rief Mica. „Sie haben doch eine Weiterbildung bei mir gemacht, oder?“
„Frau Dr. von der Weiden. Das ist ja irre. Haben Sie den Toten gesehen? Klar haben Sie. Deswegen sind Sie ja hier. Verzeihung, ich bin ein bisschen durcheinander. Ich habe noch nie eine so interessante Leiche gehabt.“
„Oh je“, stöhnte Hetzer, „jetzt haben wir schon zwei von der Sorte. Komm, wir gehen etwas Luft schnappen, Peter, bis die beiden sich ausgetauscht haben. Mir ist nicht gut. Ich habe das Gefühl, ich rieche Benno immer noch.“
„Kein Wunder. Ich glaube, du musst dir gleich erst mal den weißen Schutzoverall vom Leib schaffen. Du riechst nämlich wirklich wie Kuhlmann und das wird bei mir nicht anders sein. Das stinkt nachher noch aus der Mülltonne, glaub mir!“
„Ist mir wurscht, ich schmeiße alles zu meinem Madentopf. Ekel zu Ekel.“
„Apropos…Madentopf…Wolltest du nicht…?“
„Nein, wollte ich nicht. Aber jetzt vielleicht. Die Dinge haben sich eben geändert.“
Nadjas Entdeckung
Die Magennerven von Kruse und Hetzer hatten sich langsam wieder beruhigt, als Mica mit der Zeugin die Eulenburg verließ. Sie winkte noch einmal, riss sich den weißen Schutzanzug ab und stopfte ihn samt Koffer ins Auto. Mica stand mit dem Heck ihres Volvos direkt vor dem historischen Gebäude. Sie verlor keine Zeit, sprang in den Wagen und fuhr zügig davon. Dabei wollte Hetzer sie noch auf den Topfinhalt angesprochen haben, seinen Vorsätzen zum Trotz. Er würde sie später anrufen.
Die junge Frau, mit der sie sich unterhalten hatte und die gleichzeitig ihre Tatortzeugin war, stand etwas verloren auf der Treppe und sah Mica nach.
Als Wolf behutsam „Sie sind Frau Serafin? Sie haben die Leiche entdeckt?“ fragte, schien er sie aus ihren Träumen zu reißen.
„Äh ja, das war einfach umwerfend!“
Hetzer und Kruse sahen sich an. Beide fanden die Ausdrucksweise ein bisschen merkwürdig.
„In der Tat umwerfend, wenn man zart besaitet ist. Geht es Ihnen nicht gut?“
Wer hatte dafür mehr Verständnis als Hetzer und Kruse?
„Mir geht es phantastisch. Ich habe noch nie ein so morbides Biotop gesehen und das auch noch vollkommen unberührt. Dass ich einmal ein Mordopfer finden würde – völlig krass!“
Peter und Wolf waren perplex. Das hatten sie noch nie erlebt. Eine so unverhohlene Begeisterung bei einer derart widerlichen Situation.
„Sie müssen mich für
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