Hetzer & Kruse 03 - Schattengift
ihr Auto am Mittellandkanal geparkt hatte und dass es so aussah, als habe sie Selbstmord begehen wollen.
„Gibt’s doch nicht!“, entfuhr es Wolf. „Ich rufe eben Kruse an, wir kommen.“
„Der weiß schon Bescheid und wartet auf dich.“
„Danke, bis später!“ Wolf legte auf.
Als die Kommissare die Brücke erreichten, hatte sich schon eine Menschentraube auf der Straße angesammelt. Die Brücke selbst war von den Polizeibeamten abgesperrt worden.
„Bitte gehen Sie doch zurück. Hier gibt es nichts zu sehen!“, schnauzte Kruse die Meute an. „Es sei denn, Sie finden eine Leiter und ein Seil spannend. Tote haben wir hier nicht im Angebot.“
Wolf stieß ihn in die Seite.
„Ist doch wahr“, meckerte er weiter, „diese Glotzer gehen mir so was von auf den Keks.“ Hetzer warf Peter ein paar Latexhandschuhe zu. „Hier, du kannst das platte Seil bergen.“
„Das ist ein Spanngurt, glaube ich“, antwortete Kruse. „Aber mit einem komischen Endstück.“ Sie holten den Gurt ein und betrachteten die Schlinge.
„Hmm, ist da was? Guck mal hier, so eine Verfärbung oder so?“
„Schwer zu sagen.“ Hetzer drehte das Band in seiner Hand um. „Man könnte meinen, da wären Schatten im Orange, aber beschwören möchte ich es nicht.
Es hat natürlich geregnet. In diesen Kunstfasern bleibt dann nicht viel hängen.“
„Rein in die Tüte. Meinst du, wir brauchen Seppi hier vor Ort?“
„Ich weiß noch nicht“, sagte Wolf, „lass uns mal runtergehen zum Wasser und von unten hochgucken.
Hast du ein Fernglas dabei?“
„Bin ich Jäger?“, fragte Peter.
„Natürlich nicht.“
„Blöd“, gab Wolf zurück. „Die Kollegen sollen über Funk eins bestellen.“
Peter ging den Weg hinauf und kam kurze Zeit später triumphierend mit einem Fernglas zurück.
„Sind die Glotzer doch mal zu was gut!“, sagte er lachend. „Die haben wenigstens alles dabei, was man als guter Kommissar braucht.“
„Gib mal bitte her!“, bat Hetzer, nahm das Fernglas und richtete es auf die Unterseite der Brücke. Dann gab er Peter das Glas zurück. „Guck du mal. Sieht das da aus wie Spritzer von irgendwas?“
„Wo genau?“, fragte Peter.
„So ziemlich an der Stelle, wo das Band hängt, vielleicht ein bisschen weiter rechts.“
„Meinst du die dunklen Sprenkel?“
„Genau die. Könnte das Blut sein?“, überlegte Hetzer laut.
„Wie das denn? Ich sehe keine Leiche.“
„Ich habe gerade einen ganz bösen Verdacht. Komm mal mit zum Wasser runter.“
Peter und Wolf bewegten sich vorsichtig über die Steine in Richtung Wasseroberfläche.
„Nix zu sehen, falls du hier einen Toten vermutet hast. Was für einen Verdacht hast du denn?“
„Diese Frau Tatge war doch ziemlich fett. Das Auto ist eindeutig von ihr. Zu Hause ist sie nicht, der Vater weiß von nichts. Aber irgendwo muss sie ja sein. Also, wenn sich an dem Band oder unter der Brücke Blutspritzer finden lassen sollten, brauchen wir Taucher. Die Beamten oben sollen Seppi anfordern.“
„Ihh, was hast du für eine ekelige Phantasie? Meinst du, die hat sich den Kopf beim Erhängen abgerissen?“ Die Vorstellung nahm in Peters Kopf Gestalt an. Mit dem Fernglas schaute er sich noch einmal in Ruhe die Brückenunterseite an. „Mensch, du könntest wirklich recht haben, dass das Blutspritzer sind. Lass mal lieber gleich die Taucher kommen.“
„Von dem Spanngurt könnte das Blut weitgehend abgeregnet worden sein, aber unter der Brücke war es nahezu trocken“, meinte Hetzer.
„Klingt logisch, ich sag mal oben Bescheid, die sollen die SpuSi und die Taucher schicken.“ Es dauerte eine ganze Weile, bis Seppi und Mimi eintrafen. Letztere fixierte Wolf immer noch mit einem undefinierbaren Blick. Wie eine Spinne, die einen fressen würde, wenn man zu nahe kam.
Noch länger dauerte es jedoch, bis die Taucher eintrafen und endlich bereit waren, sich in den Mittellandkanal herabzulassen.
Zuerst fanden sie den massigen Leib von Anke Tatge, die sich um die Bandscheiben ihres Halses keine Gedanken mehr machen musste. Auch nicht um den tau ben Mittelfinger, denn die Hand war – vermutlich durch eine Schiffsschraube – abgetrennt. Dann kam etwas Hautfarbenes zum Vorschein, das sich als Halskrawatte entpuppte. Der Kopf war auf dem Grund des Kanals ein wenig durch die Verwirbelungen des Binnenschiffverkehrs davongekullert. Er tauchte ein paar Meter weiter in Richtung Hannover in der Hand eines Tauchers wieder auf, der den Zopf zum Tragen nutzte.
Die
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