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Heuchler

Heuchler

Titel: Heuchler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Franley
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Alten und stieß einen kurzen Schrei aus. Im ersten Moment hob sich der Mann kaum von den Felsen, auf denen er nur zwei Meter hinter Felix saß, ab. Alles an ihm schien grau zu sein. Angefangen vom Bart über die fahle, zerfurchte Gesichtshaut bis zu der schlichten Kleidung.
»Wer sind Sie?«, fragte Felix mit erstickter Stimme und trat einige Schritte zurück, sodass er fast im Wasser stand. Doch statt einer Antwort lächelte der Alte nur, wodurch sein unvollständiges Gebiss zum Vorschein kam, und machte dabei eine beruhigende Handbewegung. Da er keine Anstalten machte aufzustehen, beruhigte sich Felix ein wenig und fragte erneut: »Was wollen Sie?«
Der Alte schien zu ahnen, was ihn der Junge gefragt hatte, deutete aber auf seinen Mund und machte dann eine Geste, die Felix schon bei taubstummen Menschen gesehen hatte.
»Können Sie nicht sprechen?« Statt einer Antwort deutete der Mann erst auf die Angel, dann auf sich und anschließend auf Felix. Felix überlegte kurz und gab dem Alten die Angel, aber nicht ohne genug Abstand zu halten.
Zuerst wurde der Köder begutachtet, dann legte der Alte die Angel beiseite, ging zum Ufer und hob einen größeren Stein hoch. Nach zwei weiteren Steinen hatte er offensichtlich, was er wollte, suchte sich einen etwas kleineren Stein und zermalmte damit das Gehäuse der Muschel, die er gefunden hatte. Felix konnte kaum folgen, so schnell war der neue Köder am Haken befestigt. Doch statt den Schwimmer einfach in den See zu schleudern, schritt der Mann nun das Ufer ab und schien dabei das Wasser zu beobachten. Als Felix schon glaubte, er wolle sich mit seiner Angel aus dem Staub machen, blieb der Alte stehen und warf die Schnur derart gekonnt, dass nicht einmal der Schwimmer einen Wasserspritzer verursachte. Nun winkte er Felix heran und kaum, dass der die Rute richtig in der Hand hatte, wurde energisch an der Schnur gezogen. Zwei Minuten später lag eine ausgewachsene Forelle vor seinen Füßen und Felix konnte sein Glück kaum fassen. Sein Vater würde bestimmt stolz auf ihn sein!
Eigentlich hatte er den Alten fragen wollen, ob er noch einmal werfen wolle, aber dieser winkte ab und deutete an, gehen zu müssen. Dann drehte er sich noch einmal zu dem Jungen um und sah ernst zum Wald hinüber. »Was ist?«, fragte Felix.
Der Alte deutete zu den nahen Bäumen und schüttelte dann den Kopf. Felix begriff noch immer nicht und runzelte die Stirn. Das Gesicht des Mannes zeigte deutlich, dass er nachdachte.
Schließlich nahm er einen kleinen Stock, wischte ein Stück Sand glatt und malte erst drei Bäume darauf, um diese dann mit einem großen X wieder durchzustreichen.
Jetzt blickte auch Felix zu den Bäumen und sagte fast schon zu sich selbst: »Ich soll nicht in den Wald gehen?«
Offenbar zufrieden deutete der Alte noch ein Winken an, drehte sich endgültig um und ging zurück in die Richtung, aus der er gekommen war.
Felix sah ihm noch kurz hinterher, zuckte dann mit den Schultern und begann ebenfalls nach einer Muschel zu suchen.

»Ich sehe mal nach dem Jungen!«, verkündetet Mike, als sie wieder angezogen waren und eine Zigarette geraucht hatten. »Mach das, und ich mache uns eine kleine Stärkung.« Verschmitzt fügte Petra hinzu: »Die kannst du doch jetzt brauchen, oder?«
Mike kniff seine Frau kurz in den Po und ging dann über die Terrasse zum See hinunter. Felix versuchte es immer noch mit Muscheln, hatte aber bis auf einen kleinen Fisch kein Glück mehr.
»Und wie läuft es, Großer?«, rief ihm sein Vater schon von Weitem zu und erntete ein breites Grinsen.
»Da war ein alter Mann«, plapperte Felix aufgeregt drauf los: »Der hat mir gezeigt, dass man hier mit Muscheln angeln muss, dann suchte er die richtige Stelle und schon ein paar Sekunden später war der da am Haken.«
Mike folgte dem Finger seines Sohnes und staunte, doch dann wurde sein Blick düster: »Was für ein alter Mann?«
Sein Sohn zuckte mit den Schultern: »Er war einfach da und ich glaube, er war stumm.« Schnell fügte er hinzu: »Aber keine Sorge, er wollte mir wirklich nur das Angeln zeigen und dann ist er wieder gegangen … sonst wäre ich natürlich zu dir gerannt!« Felix kannte die Vorträge seines Vaters gut genug, um zu wissen, was der hören wollte. Daher sagte er auch lieber nichts von der Warnung, in den Wald zu gehen.
Mike überlegte einen Augenblick und beschloss Felix die Freude über seinen Fang nicht zu nehmen: »Na gut, aber wenn er noch einmal kommt, sagst du mir Bescheid!« Dann

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