Heuchler
Eltern zu locken, erklärte er weiter: »Und in der Nacht gibt es dann noch ein Feuerwerk über dem See.«
Petra hatte begriffen, dass es mehr um ihre Tochter als den Rest ihrer Familie ging. Doch sie lächelte und sagte: »Ich muss zwar noch mit meinem Mann darüber sprechen, aber ich denke, wir kommen!«
»Sehr schön!« Man sah Sjören seine Freude an. Dann wandte er sich zu Katja: »Ich muss jetzt los. Sehen wir uns morgen? Ich habe wegen des Festes wieder etwas früher Schulschluss.« Doch statt zu antworten, sah Katja ihre Mutter mit diesem Lass uns alleine- Blick an.
Katjas Mutter hob die Hände, als wollte sie jemanden abwehren. »Ich bin ja schon weg. Komm gut heim, Sjören und morgen sehen wir uns bestimmt!« Dann drehte sie sich um und verschwand hinter der nächsten Hausecke.
Katja machte immer noch keine Anstalten zu antworten, sondern trat stattdessen an ihn heran und gab ihm noch einen langen Kuss. Dann erst sagte sie: »Wir sehen uns bestimmt! Ich rufe dich so gegen elf an. O. k.?«
Nach einer langen und zärtlichen Umarmung stieg Sjören auf sein Mofa und Katja ging ins Haus, um sich vor dem Essen umzuziehen.
Das geplante, abendliche Grillen musste ausfallen, da auf der anderen Seeseite bereits beeindruckende Blitze die Luft zerschnitten und ein dumpfes, bedrohliches Grollen über das Wasser schickten. Petra improvisierte ein einfaches Abendessen, bei dem beschlossen wurde, auch auf das morgige Fest zu gehen. Um etwas Druck auf ihre Eltern auszuüben, hatte Katja ihrem Bruder von einem gewaltigen Feuerwerk erzählt, was zur Folge hatte, dass Felix nun seinen Vater bearbeitete und Katja gar nichts mehr zu sagen brauchte.
Nach dem Essen sprangen alle noch einmal in den Pool und sahen beeindruckt dabei zu, wie sich das Gewitter hinter den Scheiben des Anbaues austobte.
– 16 –
Der Freitag begann für Peter wie jeder Tag der vergangenen Woche auch. Über Nacht waren wieder einige, zum Teil absolut unsinnige Anzeigen eingegangen, von denen aber jede einzelne bearbeitet werden musste. Als er gegen Mittag das letzte Protokoll abgeschlossen hatte, beschloss er noch in der Kantine zu essen und dann nach Hause zu fahren.
Wie erwartet, standen kaum Kollegen an der Essensausgabe und er konnte die Gelegenheit nutzen, um etwas mit der neuen Küchenkraft zu flirten.
»Ich habe mir die E-Mail angesehen!« Da Peter sich nicht angesprochen fühlte und weiter mit der Frau redete, tippte ihm der Mann von hinten auf die Schulter. Peter fuhr herum. Huber stand direkt hinter ihm und wiederholte im selben gelangweilten Ton, den er schon am Telefon hatte: »Ich habe mir die E-Mail angesehen.« Peter brauchte einige Augenblicke, um zu begreifen, von was sein Kollege redete, dann fiel ihm diese seltsame Glück muss man strafen, Familie muss man strafen, Kinder muss man strafen -E-Mail wieder ein. Da er dienstliche Belange nicht vor dem Küchenpersonal bereden wollte, sagte er anerkennend: »Das ging aber schnell! Kommen Sie, wir essen zusammen und dabei können Sie mir erzählen, was Sie herausgefunden haben.« Huber schien zwar nicht besonders glücklich über den Vorschlag zu sein, stimmte aber mit einem Nicken zu.
»Ist Henrik schon wieder da?«, eröffnete Peter das Gespräch, als sie Platz genommen hatten und ihre Suppe löffelten. Huber schüttelte den Kopf, wischte sich die Lippen mit dem Handrücken sauber und sagte dann: »Nein! Ich habe schon versucht ihn zu erreichen, weil er seinen Computer angelassen hat und ich ohne Passwort nichts machen kann.«
»Ist das so schlimm?«, fragte Peter dazwischen.
»Eigentlich nicht, aber ich habe zurzeit hohen Datenverkehr auf unseren Servern und dachte, es liegt vielleicht an seinem Rechner.«
»Ach so«, stellte Peter gelangweilt fest. Für ihn waren Computer nur Mittel zum Zweck und er hatte noch nie begriffen, wie viel Energie und Zeit manche Menschen in diese Technik investierten. Um zur Sache zu kommen, fragte weiter: »Und was ist nun mit dieser E-Mail?«
Huber tauschte den Löffel gegen Messer und Gabel, dann sah er nachdenklich in den Raum: »Das wüsste ich auch gerne.« Peter sah ihn verwundert an: »Wie meinen Sie das?«
Huber schien nach den richtigen Worten zu suchen, bevor er antwortete: »Ich würde sagen, man sollte sie ernst nehmen! Auf jeden Fall ist es keine Null-acht-fünfzehn-E-Mail, die jemand zum Spaß geschrieben hat. Sie kam auch nicht als Ganzes bei ihrem Empfänger an, sondern wurde in zig Datenpakete zerlegt. Diese Datenpakete wurden dann
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