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Heuchler

Heuchler

Titel: Heuchler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Franley
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Musik. Je näher sie zum Hafen kamen, umso mehr Menschen waren unterwegs, aber niemand schien gestresst oder genervt zu sein. Die Hafenpromenade war nicht sehr breit, reichte aber für eine Doppelreihe Bierbänke, die sich bis zum Ortszentrum hinauf fortsetzte. Auf dem Bootsanleger hatte man eine kleine Bühne errichtet, wo die Musiker gerade ihr vorerst letztes Lied ausklingen ließen und dann eine Pause ankündigten. Auf einem kleinen Platz am Rande des Hafens, wo sonst Bootsanhänger standen, gab es allerlei Buden und Spielgeräte für Kinder, was Felix natürlich sofort als Ziel ansteuerte. Als Mike merkte, wo sein Sohn hin wollte, hielt er ihn zurück: »Lass uns erst einmal einen Platz finden, damit du nachher weißt, wo wir sind.«
Da das Wetter nicht mehr so heiß und zahlreiche Wolken am Himmel waren, brauchte man keinen Schattenplatz, was es leichter machte, eine Lücke für fünf Leute zu finden. Sie hatten Glück und fanden nur wenige Meter vom Restaurant entfernt eine fast leere Bank, die auch nicht zu nahe an der lauten Musik stand. Als Mike mit den Getränken, die man sich selbst an einem der Stände holen musste, zurückkam, sah Petra auf ihre Uhr und stand auf. Dann verkündete sie: »Ich schau mal, ob Katja und Sjören schon da sind.« Mike nickte und als er seine Frau davongehen sah, dachte er mit dem Ansatz eines Lächelns an ihr kleines Intermezzo im Pool, welches gerade einmal eine Stunde her war.
»Das ist toll hier!«, stellte Felix fest und riss Mike damit aus seinen Gedanken. Dann erwiderte er: »Stimmt! Ich hätte nie gedacht, dass in diesem Örtchen so viel los sein würde.« Felix trank einen Schluck von seiner Cola und fragte: »Darf ich mich ein bisschen umsehen?« Sein Vater nickte und verzichtete sogar auf die üblichen, mahnenden Worte. Stattdessen gab er Felix ein paar Münzen und sagte: »Viel Spaß! Du findest uns den ganzen Abend hier.« Dann war auch sein Sohn verschwunden und Mike saß alleine da, was ihn aber nicht störte. Ganz im Gegenteil, er mochte es, einfach nur irgendwo zu sitzen und fremde Menschen zu beobachten. Es war oft unglaublich, was man allein aus deren Gesichtern und Gesten herauslesen konnte. Auch er nippte an seinem Getränk und ließ seinen Blick umherschweifen. Das bunte Treiben folgte keiner Ordnung, überall saßen und standen Menschen zusammen, um zu reden und zu lachen. Kinder tollten herum und stritten sich um Luftballons, die ein Clown verteilte. Dann blieb sein Blick an einem Mann hängen, der etwas abseits des Trubels auf einer flachen Mauer saß, und scheinbar gedankenverloren auf den See starrte. Mike sah zwar nur das seitliche Profil, aber nach der Beschreibung von Felix konnte das durchaus der Alte sein, der seinen Sohn scheinbar zu verfolgen schien. Aus der Ferne war er nicht gut zu erkennen und Mike überlegte schon hinüberzugehen, aber dann wären die Plätze verloren und Felix würde sie nicht mehr finden.
Es dauerte noch weitere zehn Minuten, bis Petra mit den beiden Teenagern auftauchte. Nachdem Mike Sjören begrüßt hatte, sagte er zu Petra: »Da drüben ist der Alte, von dem Felix erzählt hat, ich gehe mal kurz rüber und rede mit ihm.« Petra folgte seinem Blick, konnte aber niemanden erkennen, auch Mike stutzte, denn die flache Mauer war leer: »Jetzt ist er weg!«
»Meinen Sie den alten Björn?«, fragte Sjören, der das Gespräch mitbekommen hatte.
»Ja«, antwortete Mike. »Ich hatte schon wieder vergessen, wie du ihn genannt hattest.«
Sjören schüttelte den Kopf: »Den werden Sie heute auch nicht mehr sehen. Er hasst es, wenn viele Leute hier sind.«
»Das war früher anders!«, mischte sich eine alte Frau ein, die bisher mit dem Rücken zu ihnen gesessen hatte und sich jetzt umdrehte.
»Hallo, Frau Kaspar. Ich habe Sie gar nicht erkannt«, freute sich Sjören. Dann stellte er die Frau als die Deutschlehrerin des Ortes vor. Nach den üblichen Floskeln, wo man denn herkam und wie lange man bleibe, hakte Mike noch einmal ziemlich direkt nach: »Dieser Björn … ist der gefährlich?«
»Warum fragen Sie?« Frau Kaspar sah ihn verwundert an.
»Mein Sohn ist ihm schon zweimal an etwas abgelegenen Orten begegnet. Man könnte fast den Eindruck haben, dieser Björn verfolge ihn.«
Sjörens Lehrerin schüttelte sachte den Kopf: »Nein, nein, er ist nicht gefährlich … nur ein bisschen sonderbar.«
»Und was macht er dauernd im Wald?«, blieb Mike, der es gewohnt war Fragen zu stellen, hartnäckig.
Die sehr konservativ gekleidete

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