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Heute morgen und fuer immer - Roman

Heute morgen und fuer immer - Roman

Titel: Heute morgen und fuer immer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Stimmung breitete sich aus, der Nachmittag war anstrengend gewesen, besonders für mich, da vieles einfach neu war und gut überlegt sein wollte. Aber selbst konzentriertes Arbeiten war schön mit Valentin. Aus den Augenwinkeln beobachtete ich sein Profil mit der geraden ausdrucksvollen Nase, den nussigdunklen Augen, die von entschlossenen Augenbrauen umrahmt waren, und seinen vollen, aber scharf gezeichneten Mund, der ein Paar perfekter Zähne barg, auch noch, ohne jemals mit einer Zahnspange in Berührung gekommen zu sein, wie ich erfahren hatte. Valentin war zweifelsohne ein schöner Mann, ein herber, männlicher Typ, mit dieser Mischung aus Ernsthaftigkeit und Tiefe und einer gehörigen Portion Sexappeal. Den Typ Mann gab es nicht oft, so viel stand fest. Kein Wunder, dass Jutta ihn wiederhaben wollte ...
    »Na, worüber denkst du nach?«, fragte er und drehte mir den Kopf ein wenig zu. Dieses Lächeln mit den Grübchen und seine funkelnden Augen, die diese Wärme nur ausstrahlten, wenn sie mich anschauten, hauten mich innerlich immer wieder um. »Nichts Besonderes ... Ach, wenn ich ehrlich bin, über dich und Jutta!«
    Valentin blieb gelassen.
    »Und was genau?«
    Tief holte ich Luft und fasste mir ein Herz.
    »Na, wie es mit euch läuft und weshalb Jutta dich damals verlassen hat, sie hätte doch auch so ihre Schauspielkarriere versuchen können!«
    Valentin fuhr erst mal schweigend weiter in die Nacht, es begann zu schneien.
    »Ich hab dir damals auf der Hütte nach dem Skifahren ja schon einiges erzählt. Wie Jutta sich während unserer Ehe plötzlich verwandelt hat ... Es zählten irgendwann nur noch ihre Karriereträume. Sie sagte, es gehöre zum Schauspiel, sich mit der eigenen Persönlichkeit zu befassen, aber wenn du mich fragst, war das mehr ein Egotrip. Hätte mir jemand gesagt, sie ist bei Scientology gelandet und nicht auf einer teuren Privatschule, die ich bezahlt habe, ich hätte es geglaubt. Sie fing an, mit ihren deutlich jüngeren Kommilitonen abzuhängen, wahrscheinlich ausgelöst durch das Bedürfnis, etwas nachzuholen, was sie in der Jugend durch ihre Mutter verpasst hatte. Sie lebte immer mehr das Leben einer Studentin, die Single ist. Sie hat Nele in dem Sinn nie vernachlässigt, sie liebt Nele über alles, aber ein Kind passte nicht so richtig in das neue Leben. Ein Kind und Partner sind nun mal eine immense Verantwortung. Ich habe dem Treiben eine Zeit lang zugeschaut, aber als ich herausbekam, dass Jutta mit einem Typ ins Bett gestiegen war, der eine Rolle zu vergeben hatte, habe ich den Schlussstrich gezogen, nicht sie. Die Rolle war auch noch für einen Studentenfilm, und am Ende hat sie die nicht mal bekommen. Das war so ein Klischee, das sich da abspielte, und gleichzeitig war unser gemeinsames Leben völlig aus dem Ruder gelaufen, sodass ich einfach die Bremse ziehen musste. Kaum war ich aus dem Bild, tauchte Rose, der Drache, wieder auf und setzte Jutta noch mehr Flausen in den Kopf. Dass sie zu was Besserem geboren sei mit ihrem Aussehen und sie sehr wohl das Zeug habe zur Schauspielerin und sich nicht beirren lassen solle. Da ging Jutta nach Berlin. Na ja, den Rest kennst du. Ich habe es in der letzten Zeit mit Jutta ernsthaft versucht. Aber es funktioniert nicht, zumal wenn man andauernd an jemand anderen denken muss!«
    Den letzten Satz hatte er melancholisch, fast traurig gesagt. Ohne zu denken, rein instinktiv nahm ich für einen kurzen Moment seine Hand und drückte sie. Valentin sah mich an, einen Augenblick zu lange, und plötzlich war es geschehen: Wir kamen ins Schleudern, auf der frisch eingeschneiten Straße hatte sich Glatteis unterm Schnee gebildet. Entsetzt schrie ich auf. Valentin schaffte es irgendwie, während rechts und links die Bäume an uns vorbeizogen, ruhig zu bleiben. Nach einer Bremsaktion, die eine gefühlte Ewigkeit dauerte, kamen wir von der Straße ab und schrammten einen Baum. Dann stand der Wagen. Ich wurde völlig hysterisch, obwohl uns nichts passiert war, aber sofort tauchten Bilder vom Unfall meiner Eltern in meinem Kopf auf. Ohne es beeinflussen zu können, zitterte ich am ganzen Körper und weinte leise vor mich hin. Valentin, der zum Glück eins und eins zusammenzählen konnte, lief um den Wagen herum auf meine Seite, schnallte mich ab und hievte mich aus dem Auto. Er nahm mich fest in den Arm, strich mir beruhigend über den Kopf und flüsterte immer wieder: »Alles ist gut, es ist nichts Schlimmes passiert, uns geht's beiden gut!« Immer

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