Heute morgen und fuer immer - Roman
näher drückte er mich an sich und formte einen wärmenden Schutzwall um mich. Langsam hörte ich auf zu zittern und nahm meine Umgebung wahr, den dunklen Wald von Schnee bedeckt, die Stille, die nur durch meinen und Valentins Atem durchbrochen wurde, und Valentin, der mir mitten im Wald Schutz gab und so viel Stärke und Ruhe ausstrahlte, dass ich das Gefühl hatte, mir könne nichts passieren. Nach einer Weile lockerte er seine Umarmung ein wenig und sah mich forschend an: »Geht's wieder, oder willst du noch warten?«
So gern ich noch in seinem Arm verharrt hätte, so sehr war mir klar, dass wir uns bei dieser Witterung besser auf den Weg machen sollten. Das Auto, das einige Dellen und Kratzer abbekommen hatte, sprang zum Glück gleich an, und mit ein wenig Hilfe von mir war es wenig später auf der Straße. Valentin fuhr so langsam, dass wirklich nichts passieren konnte.
»Du bestimmst das Tempo. Wenn es zu schnell ist oder ich anhalten soll, sagst du Bescheid, ja?«
Überrascht darüber, wie sensibel und zärtlich er sich verhielt, wo er doch sonst gern mal 'nen Spruch abließ oder unnahbar wirken konnte, nickte ich lächelnd. Ich war gerührt, wie liebevoll Valentin mit der Situation umgegangen war.
Als er mich vor dem Waldhaus absetzte, umarmte er mich, gab mir einen Kuss auf die Wange und sagte leise: »Das hätte ich mir nie verziehen, wenn dir was passiert wäre!«
Lächelnd antwortete ich: »Mit dir passiert mir nichts, das habe ich schon gemerkt! Außerdem ist mir vorhin wieder eingefallen, dass meine Eltern immer sagten, ich hätte einen Schutzengel, der mich lieben und auf mich aufpassen würde, wenn sie nicht da seien. Natürlich wollte ich es als Kind genau wissen und fragte immer wieder, wie lange der Schutzengel da sei, mich beschützen und lieben würde.« Valentin lächelte aufmunternd. »Was haben sie geantwortet?«
Das wusste ich zu genau.
»Ihre Antwort war immer dieselbe: ›Heute, morgen und für immer!‹« Nachdenklich lächelnd ging ich zur Tür, schloss auf und drehte mich um, um Valentin zu winken, der wartete, bis ich sicher im Haus war. Eddie sprang mir bereits entgegen und freute sich so sehr, mich zu sehen, dass man meinen konnte, ich sei Monate verreist gewesen.
»Hach, muss Liebe schön sein!«, sagte Helene, die vorbeigekommen war, um nach Omi zu schauen, und die Verabschiedung vom Fenster aus beobachtet hatte.
»Sehr witzig, scheint wohl unser Schicksal zu sein, Männer zu lieben, die wir nicht haben können. Erzähl du mir doch lieber mal, was deine unerfüllte Liebe so macht. Habt ihr inzwischen noch mal in Ruhe geredet? Das wollte er doch, soweit ich mich erinnere?«
Helene nickte aufgeregt.
»Haben wir, und er hat sich so toll verhalten, ich bin ganz begeistert!«
Es schien, dass Theo wieder seinem Ruf als Gutmensch gerecht wurde. Wenn es nach Helene ging, wurde Chefarzt Theo noch lebend selig gesprochen, von seinem sexuellen Fehltritt an der Weihnachtsfeier vielleicht abgesehen.
»Erzähl mehr!«, platzte ich vor Neugierde und schob sie ins Wohnzimmer an den warmen Kamin.
»Zum Glück ist er nicht mehr sauer, dass ich es ihm nicht gesagt habe, sondern versteht sogar meine Gründe. Allerdings - und jetzt halt dich fest - hat er es seiner Frau gesagt. Den Fehltritt bei der Weihnachtsfeier hatte er ihr damals schon gebeichtet, sogar gesagt, dass er für mich Gefühle habe!«
Unfassbar, wie konnten zwei Menschen jahrelang mit solch einem Geheimnis nebeneinanderher leben und arbeiten, ohne sich jemals auszusprechen! Das hing bestimmt mit der Hierarchie im Krankenhaus zusammen und mit Helene, die sich so geschämt hatte, bei einem Mann mit Familie schwach geworden zu sein.
»Das heißt, seine Frau wusste die ganze Zeit von euch?«
Helene nickte ebenfalls ungläubig mit dem Kopf.
»Ja, und sie war trotzdem immer nett zu mir. Theo sagte, sie hätten das gemeinsam durchgestanden, und sie gab mir eben nicht die Schuld, sondern sah, dass in ihrer Beziehung was schiefgelaufen war. Sie ist wohl sehr christlich. Keine Ahnung, ob ich die Größe an ihrer Stelle gehabt hätte ...«
Unglaublich, wie aufrichtig Theo war.
»Am Wochenende trifft er sich zum ersten Mal mit Max alleine. Beide sind aufgeregt und freuen sich! Weißt du, wenn ich all das sehe, weiß ich, dass ich die letzten Jahre ganz schön Mist gebaut habe, dabei war ich so überzeugt davon, das Richtige zu tun!«
Ich nahm Helenes Hand.
»Wer weiß schon immer, was das Richtige ist? Jetzt wird ja alles
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