Heute morgen und fuer immer - Roman
Jahren kürzertreten sollen, nur der Umstand, dass sie ihre Tätigkeit so liebte und immer betonte, »wer rastet, der rostet«, hatte uns beruhigt.
»Könnte ich noch eine Tasse von deinem Weihnachtstee bekommen?«, hörte ich Omi rufen. Mein selbst gebrauter Weihnachtstee war legendär. Die Grundlage war ein Schwarztee, den ich bei Dallmayr traditionell zusammen mit der Weihnachtsschokolade kaufte und den ich dann mit frischen Apfelstücken, Zimtstangen, Kardamom, Zitrone, Hagebutten, Honig und viel Kandis aufbrühte.
»Kommt sofort!«, rief ich zurück und schnippelte den Apfel und die Zitrone zurecht. Zum Glück war ich den lästigen Verband mit Schiene los und konnte die Hand wieder frei bewegen. Es schmerzte zwar noch ein wenig und zog, aber ich merkte, dass es von Tag zu Tag besser ging. Wenn alles glattlief, konnte ich bald wieder anfangen zu üben, dann erst würde sich zeigen, ob ich die alte Form erreichen konnte. Bis dahin blieb mir nichts anderes übrig, als zu warten und hoffen. Das galt auch für meine Zukunft. Mein Gespräch mit Professor Bruckner musste bis Ende Januar warten, er war jedes Jahr an Weihnachten mit der Familie in Südtirol und blieb zum gemeinsamen Skiurlaub dort. Bis zu seiner Rückkehr konnte ich mich auf alle Fälle im Waldhaus nützlich machen und im Schoße meiner kleinen, aber feinen Familie feiern, denn Weihnachten in einer Großfamilie war ja gestrichen. Nur einmal noch hatte sich Jasper gemeldet, um mir zu sagen, dass er für einige Monate verreisen wolle, um Abstand zu bekommen, malen konnte er ja überall. Es war ein schmerzhaftes Gespräch gewesen, und seine Spontaneität fehlte mir, aber ich wusste, dass es so richtig war, denn wann immer ich mein Gehirn nicht unter Kontrolle hatte, dachte es an Valentin. Selbst nachts kam ich davon nicht los, und ein Albtraum jagte wahlweise den nächsten angenehmen Traum. Beides verwirrte mich und hinterließ stets ein Gefühl der Sehnsucht am nächsten Morgen. Wenn ich ehrlich war, vermisste ich die gesamte Familie, Ulrike mit ihrer warmen klugen Art, Georg, den Genießer und die gute Seele, und meine kleine Nele sowieso. An Nele dachte ich ständig, wenn ich nicht an Valentin dachte. Ob Jutta sich gut kümmerte? Ich hoffte es inständig, ebenso, dass sie Nele erklärt hatten, weshalb ich nicht mehr zu Besuch kam, nicht, dass sie am Ende dachte, ich hätte sie nicht mehr lieb. Nach Jaspers und meiner Trennung hatte ich mit Ulrike telefoniert, die sehr traurig war, weil wir uns beide so sehr mochten.
»Du weißt, du bist hier immer willkommen. Lass mal ein paar Wochen ins Land ziehen, aber dann wäre es schön, wenn du vorbeischaust, vor allem für Nele ist das sehr wichtig. Ihr seid euch ja sehr nahe!«
Wenn sie wüsste, dass ich leider nicht nur Nele, sondern auch ihrem Vater sehr nahe gekommen war, würde ich nicht garantieren, dass ich noch willkommen war.
»Hier, Omi, dein Tee, wenn du was brauchst, sag Bescheid, ja?«
Sie lächelte selig zurück und nahm den Tee in Empfang. Ja, so gemütlich fing der Heilige Abend meistens an. Der schwere Teil lag noch vor uns ... Aber jetzt ging ich erst mal in die Küche und begann, das Essen vorzubereiten. An Heiligabend kochte ich, schon seit einigen Jahren, erstens machte es mir Spaß, vor allem aber lenkte es mich ab. Dieses Jahr wollte ich eine Maronensuppe als Vorspeise zubereiten, als Hauptgang Ente mit Brezenknödeln und Blaukraut. Als Nachspeise hatte ich bereits ein Lebkuchenparfait vorbereitet. Wenigstens bekamen wir dann was Anständiges in den Magen, bevor die alljährliche Depression aufkam. Maxi kam in die Küche und bot an, zu helfen, was ich herzallerliebst fand. Brav übernahm er Schäl- und Schnippelarbeiten und begann konzentriert in die Arbeit versunken loszulegen. Wir sprachen lange nichts, jeder in Gedanken vertieft. Schließlich begann Max, über Fee zu sprechen, das ältere Mädchen an seiner Schule, in das er so verliebt war. Anscheinend hatte er ihr bereits ein Weihnachtsgeschenk gemacht. Fee war Japan-begeistert, sie wollte unbedingt nach Japan reisen und später dort studieren. Maxi hatte für sie die Betreiber des japanischen Teehauses im Englischen Garten ausfindig gemacht, das Teehaus war nämlich im Winter geschlossen, und arrangiert, dass Fee eine japanische Teezeremonie bekam, und außerdem war es ihm Dank seiner Hartnäckigkeit gelungen, den Sushimeister des besten Sushi Restaurants in München dazu zu bekommen, Fee und ihn eine Stunde lang zu
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