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Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
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sagen kann, sie solle sich keine Sorgen machen. Doktor Denton gibt sich weiß Gott alle Mühe, aber so etwas ist einfach nicht seine Stärke.«
    »Ich kann Ihrer Tochter nicht sagen, dass sie sich keine Sorgen machen soll«, entgegnete ich. »Aber hoffnungslos ist die Lage ganz sicher nicht.«
    Audras Lächeln nahm fast ihr ganzes Gesicht ein. »Dann sagen Sie ihr das.«
    »Was habt du und Tante Merry denn an Thanksgiving gemacht, als ihr Waisen wart?«, fragte Cassandra. Meine Mädchen starrten mich mit großen Augen an und verwechselten mich wieder einmal mit Anne auf Green Gables .
    Merry schenkte sich Wein nach und schwenkte die Flasche in Drews Richtung, der nickte. Ich riss die Augen ebenso weit auf wie meine Töchter. Hier auch Wein, bitte.
    »Als wir bei den Cohens gelebt haben«, erzählte ich, »gab es ein großes Familienessen, so wie bei uns jetzt.«
    »Wer ist da alles gekommen?« Cassandra beobachtete mich mit ihrem Laserblick, begierig darauf, mehr über meine Kindheit zu erfahren. Seit Cassandra zu der Therapeutin ging, wurde das immer schlimmer. Wer, warum, wann, wo ? Kein Detail schien zu unbedeutend zu sein, um nicht von meiner Tochter seziert zu werden.
    »Schauen wir mal. Da waren natürlich die Cohens.«
    »Anne und Paul, richtig? Doktor Cohen?«, fragte Cassandra.
    Ich versuchte, entspannt zu wirken. Nur ein kleiner Ausflug in die Vergangenheit, Leute. »Richtig. Und ihre Kinder. Die waren damals schon erwachsen.« Cassandra lauschte, als könnte aus meiner Geschichte ein Goldklumpen zum Vorschein kommen. »Und Annes und Pauls Enkelkinder. Glaube ich. Oder, Merry?«
    »Stimmt.« Merry strich Butter auf ein Brötchen und schob sich die Hälfte davon auf einmal in den Mund.
    »Himmel, Mom, das weißt du nicht mehr?« Ruby schüttelte stirnrunzelnd den Kopf, meine kleine Schönheitskönigin, wie immer schnell mit einem Urteil bei der Hand.
    Cassandra sah Ruby an wie einen ungebetenen Gast. »Mom war traumatisiert.« Meine Älteste zog das Wort in die Länge. »Weil sie eine Waise war.«
    »Hat Doktor Johanna dir das Wort traumatisiert beigebracht?«, fragte Drew.
    Cassandra nickte. »Sie hat gesagt, vielleicht hätte ich Mamas Trauma wahrgenommen.« Sie wandte sich mir zu und sah mich sehr mitfühlend an. »Nicht, weil du irgendwas getan hast, Mommy. Das passiert auf einer bewusstlosen Ebene. Das heißt, man weiß nicht, dass man etwas getan hat.«
    »Ich glaube, du meinst unbewusst, Süße«, sagte Drew. »Bewusstlos sein ist so ähnlich wie schlafen. Unbewusst heißt, dass man etwas tut, ohne es selbst richtig zu bemerken.«
    »Siehst du, Cassandra?« Ruby grinste hämisch. »Du bist doch nicht so schlau.«
    »Wie wäre es, wenn wir jetzt alle sagen, wofür wir dankbar sind?«, schlug Merry vor. »Ich bin dankbar dafür, dass meine beiden Nichten ganz besonders klug sind.«
    »Und hübsch. Oder, Tante Merry?« Ruby war sehr stolz auf sich in dem weichen Samtkleid, das sie unbedingt hatte anziehen wollen, obwohl der Rest von uns ganz alltäglich gekleidet war. Sie passte zu dem glänzenden Porzellan, mit dem Drew den Tisch gedeckt hatte. Rotwein für die Erwachsenen und Preiselbeersaft für die Mädchen schimmerte in den irischen Kristallgläsern, die wir von Drews Verwandtschaft zur Hochzeit geschenkt bekommen hatten.
    »Wahre Schönheit kommt von innen«, erinnerte ich Ruby. Ich machte mir Sorgen, meine Jüngste könnte glauben, dass sie einfach durchs Leben gleiten würde, weil sie hübsch war und Schwimmwettbewerbe gewann. »Wie du Menschen behandelst, ist wichtiger, als wie du aussiehst.«
    Ruby strich sich das seidige Haar zurück und wirkte alles andere als überzeugt. »Wofür bist du dankbar, Mommy?«
    Dass ich nicht tot bin.
    Ich nippte an meinem Wein, erschrocken über meine eigenen Gedanken. »Ich bin dankbar dafür, dass ich einen wunderbaren Ehemann habe, zwei wunderbare Töchter und eine wunderbare Schwester.«
    »Du klingst genau wie Tante Merry«, beschwerte sich Ruby.
    »Du darfst nicht einfach etwas wiederholen. Jeder muss sich et
    was anderes ausdenken.«
    »Wer hat das bestimmt?«, fragte Cassandra.
    »Das ist die Regel. Die neue Regel.« Ruby reckte das Kinn. »Sonst gilt es nicht.«
    »Okay«, sagte Drew. »Ich bin dankbar dafür, dass der Truthahn köstlich schmeckt, dass Mommys Füllung so lecker ist wie immer und dass Tante Merry Kirschkuchen gebacken hat, damit ich keinen Kürbis essen muss.«
    »Nein, Daddy.« Ruby sah aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen.

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