Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
Vom Netzwerk:
eifersüchtigen Kopf auf den Tisch schlagen.
    »Deswegen hast du mir das angetan?«, flüsterte ich und fragte mich, warum überhaupt noch irgendwer jemals trank.
    »Ich wollte dich nicht zurücklassen.« Daddy verschränkte die Arme vor der Brust, als wollte er sich selbst umarmen. »Ich wollte dich nicht ganz allein da lassen.«
    »Was ist mit Lulu? War sie dir denn egal?«
    »Vor lauter Suff konnte ich nicht mehr klar denken«, sagte Daddy. »Außerdem hatte ich Angst, Kleines.«
    »Aber Lulu wolltest du ganz allein da lassen? Voller Angst?« Ich hatte das Gefühl, dass die Wände um mich zusammenrückten.
    »Lulu konnte schon immer auf sich selbst aufpassen. Du bist anders, mehr wie ich.«
    Ich bin nicht wie du. Bin ich nicht.
    »Ach, Merry. Ich habe dich so lieb. Du und Oma, ihr seid alles, was mir auf der Welt geblieben ist. Sonst schert es niemanden, ob ich lebe oder sterbe.« Daddy nahm seine Brille ab und wischte sich mit den Fingerknöcheln die Augen. Jetzt würden gleich die Wärter kommen. Jetzt würde Oma traurig sein.
    »Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass du da leben musst«, sagte Daddy. »Cilla und Hal sollen verflucht sein, dass sie dich da reingesteckt haben. Verdammte Feiglinge. Cilla, von der hätte ich nichts Besseres erwartet. Aber Hal? Ich hätte ihn wirklich für standhafter gehalten. Wenn ich nur eine Minute mit dem Kerl allein sein könnte, ich schwöre, ich …«
    »Es geht mir gut, Daddy. Alles in Ordnung.« Ich musste ihn beruhigen. Ihn froh machen. Sonst würde er vielleicht Tante Cilla und Onkel Hal wehtun, sogar von hier aus.
    »Du solltest nicht da leben müssen.« Er begrub den Kopf in den Händen. Es sah aus, als hätte er sich dabei mit dem Daumen eine Träne weggewischt. Ich würde es nicht aushalten, wenn er weinte. Er hatte kein Taschentuch, nicht einmal Papiertaschentücher oder so. Gefangene durften nichts in den Besuchsraum mitbringen. Ich fragte mich, ob Daddy irgendwelche Sachen dabeihaben durfte, wenn er seine Zelle verließ. Vielleicht sperrten sie ihn ja den ganzen Tag lang ein. Durfte er überhaupt fernsehen? Musste er vor anderen Leuten duschen und auf die Toilette gehen?
    Dass Oma und ich ihn besuchten, war wahrscheinlich das Wichtigste auf der Welt für meinen Vater, und ich verdarb es ihm.
    »Ist schon okay, Daddy«, wiederholte ich. »Mir geht es gut.«
    Mein Vater machte so ein hoffnungsvolles Gesicht, wie die Welpen im Schaufenster von der Zoohandlung an der Flatbush Avenue.
    »Ach, das habe ich ganz vergessen.« Unter dem Tisch kniff ich mich selbst in die Arme und verdrehte die Haut. »Nach dem Kürbiskuchen haben wir auch noch Pfannkuchen gebacken.« Ich verschränkte die Hände im Schoß und lächelte ihn fröhlich an. »Mit echtem Ahornsirup. Wir haben ein Herbstfest gefeiert. Das war lustig, Daddy. Richtig, richtig lustig.«

6
Merr y
    ch rannte die Vordertreppe des Duffy-Parkman-Heims hinauf, sauste den Flur entlang und platzte in meinen Schlafsaal. Olive lag auf einen Ellbogen gestützt auf ihrem Bett und starrte die Wand an. Ich schätzte mich glücklich, dass Olive da war. Sie war nie gemein zu irgendjemandem, sie las immer nur und las und las, als warte sie hier bloß darauf, dass ihre Eltern zurückkamen, was nie geschehen würde, weil sie bei einem Autounfall gestorben waren. Olive hatte keinen einzigen Familienmenschen mehr auf der Welt, außer einer uralten Tante, die in einem Heim für alte Leute eingesperrt war.
    Alle Schlafsäle im Duffy waren gleich eingerichtet, drei Metallbetten an einer Wand und drei an der anderen. Ein winziger Nachttisch stand jeweils dazwischen. Ich hatte endlich einmal Glück gehabt und ein Bett ganz am Ende erwischt, sodass ich mich an die Wand lehnen konnte.
    Als Olive mich sah, holte sie ihr Bibliotheksbuch wieder hervor, das sie unter dem Kissen versteckt hatte. Nur Lulu las noch mehr als Olive, aber meine Schwester brauchte das nicht heimlich zu tun. Sie machte den meisten Mädchen Angst, bis auf die superharten wie Kelli.
    Ich zog meine Strickjacke und die weiße Bluse aus. Nach kurzem Zögern schälte ich mich auch aus meinen verschwitzten Kniestrümpfen, die ekelhaft feucht waren nach einem ganzen Tag in Plastik-Riemchenschuhen, die Oma mir im September gekauft hatte. Ich griff nach dem letzten Paar sauberer Strümpfe, in dem Wissen, dass es erst nach dem Waschtag wieder frische geben würde, und der war erst überübermorgen. Ich würde sie also morgen und am Montag wieder tragen müssen, aber ich wollte

Weitere Kostenlose Bücher