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Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
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kam herein. »Was ist hier los?« Sie inspizierte uns Bett für Bett. »Merry, was ist mit deinen Haaren passiert?«
    Ich biss mir auf die Lippe. »Ich habe sie mir abgeschnitten«, sagte ich.
    Ich saß mit dem Gesicht zur Wand und zeichnete mit der Fingerspitze ein Hundegesicht in den schmuddeligen beigefarbenen Anstrich. Kreis, Kreis, Kreis, Zunge. Schlappohren. Alle waren in der Kirche. Ich zog das dehnbare Stirnband, das Janine mir geliehen hatte, tiefer über meine Ohren und tat so, als würde niemand bemerken, wie hässlich ich aussah. Lange Strähnen mit kurzen Locken dazwischen, die wie lose Kabel herausragten. Die Hausmutter sagte, ich würde die Haare ganz kurz tragen müssen, wie ein Junge. Wenn die Wochentags-Hausmutter der älteren Mädchen, die uns allen die Haare schnitt, morgen wiederkam, würde sie zu Ende bringen, was Reetha begonnen hatte. Ich trat mit dem Fuß gegen die Wand.
    Sobald die anderen Mädchen zur Kirche gegangen waren, hatte ich die Briefe meines Vaters zerrissen und in der Toilette runtergespült. Mein Versteck hatte sich als nutzlos erwiesen. Ich ließ die Füße an der Wand auf und ab spazieren. Aber leise. Denn wenn Mrs. Parker-Pissnelke reinkommen und mich dabei erwischen würde, dann würde sie mich zwingen, die Wand mit dem braunen Desinfektionsmittel zu putzen, das einem praktisch Löcher in die Hände fraß.
    »Glaubst du vielleicht, die Leute wollen deine Fußabdrücke an der Wand sehen, Meredith?«, würde Mrs. Pissnelke sagen und mir die Bürste in einem Eimer Schaumwasser übergeben. Wenn sie mich zwang, mein Bett von der Wand abzurücken, und die eigentliche Schweinerei entdeckte, würde sie mich richtig bestrafen. Sieh dir das an , würde sie schreien. Bonbonpapier. Wo hast du denn die Süßigkeiten her?
    Dafür, dass ich Süßigkeiten versteckte, würde ich richtig großen Ärger bekommen. Wir sollten alle Süßigkeiten, die wir bekamen, bei Mrs. Pissnelke abgeben, für die Gemeinschaftskiste. Aber ich versuchte, alles von Oma für mich zu behalten, außer der Hälfte, die Lulu gehörte, natürlich. Was man bei Mrs. Pissnelke ablieferte, sah man nie wieder, bis auf scheußliche Sachen, die sie nicht wollte, wie die getrockneten Aprikosen, die eines der Mädchen immer von seinem Großvater bekam.
    Der leere Raum roch nach dem giftigen braunen Desinfektionsmittel und Talkumpuder, der an Blumen und Füße erinnerte. Die Mädchen aus dem Duffy kauften ihn in John's Bargain Store an der Flatbush Avenue, das heißt, diejenigen von uns, die es schafften, ihren Angehörigen, falls sie welche hatten, Geld abzubetteln, oder wenn sie keine hatten, es den anderen Mädchen zu stehlen. Dann streuten sie den Puder unter die billigen, kratzigen Kleider, die sie trugen, wenn sie in die Kirche gingen.
    Lulu kam herein, als ich mit den Füßen in der Luft Fahrrad fuhr, die Hände unter die Hüften gestemmt.
    »Wo willst du denn hin?«, fragte sie.
    »Ha, ha. Sehr komisch.«
    Lulu setzte sich aufs Nachbarbett. »Alles okay?«
    »Reetha wird dich umbringen, wenn du dich auf ihr Bett setzt«, entgegnete ich.
    »Jetzt hab ich aber Angst.« Als wollte sie das Gegenteil beweisen, streckte Lulu sich aus und wagte es sogar, die Schuhe aufs Bett zu legen. Sie war mit dreizehn richtig hart geworden. Oma nannte sie eine angehende jugendliche Straftäterin.
    »Ehrlich, geh da runter«, flehte ich.
    »Schon gut. Hab dich nicht so.« Sie setzte sich auf mein Bett. »Und, alles okay?«
    Sie wies mit einem Nicken auf meine Haare, und ich versuchte nicht zu weinen, sondern radelte immer schneller durch die Luft.
    »Ich sorge dafür, dass die so etwas nie wieder macht«, versprach sie.
    »Nein!«, schrie ich erschrocken. »Nicht. Dann wird es nur schlimmer. Ganz sicher. Außer, du bringst sie gleich um. Ha, ha.« Ich hob die Hand und tastete nach den Haaren, die aus dem Stirnband quollen. »Warum hasst sie mich?«
    »Wegen Daddy«, sagte Lulu.
    »Du gibst ihm die Schuld an allem.«
    »Wie geht's Oma?« Meine Schwester wechselte sofort das Thema, wenn man Daddy erwähnte.
    »Es geht ihr gut.« Ich knallte mit den Füßen an das metallene Kopfteil. »Daddy sagt, ich soll dich schön grüßen.«
    »Hab ich danach gefragt?« Lulu lehnte sich zur Seite, mir zugewandt, und stützte den Kopf auf die Hand. Ich richtete mich auf und zog die Beine an. »Glaubst du, dass Daddy in zwanzig oder dreißig Jahren noch lebt?«
    Sie runzelte die Stirn. »Warum?«
    »Weil er gesagt hat, dass er dann rauskommen würde – in

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