Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
Vom Netzwerk:
den Hintern bedeckten, kämpfte ich um Levis und Hemdblusen.
    Heute trug ich eine blaue Button-Down-Bluse. Ich fand, dass diese Farbe meinen Teint beinahe hübsch wirken ließ. Nicht, dass das jemanden interessierte, aber zumindest hatte ich keine Pickel. Die Haut der meisten anderen Mädchen hier war so pickelig, dass man kaum hinschauen konnte. Vielleicht lag es an unseren fettigen Mahlzeiten, also bemühte ich mich, nur das Beste zu essen, was es im Duffy gab. Das konnte ich natürlich nicht bei jeder Mahlzeit machen, sonst wären mir oft nur Wasser und Brot geblieben. Meine schöne Haut war also vermutlich reines Glück. Groß und pickelfrei, das waren meine wahren Vorzüge.
    Merry platzte herein, mit Schmollmund und einsam. Sonntagvormittags war es beinahe, als gäbe es außer uns keine Menschen mehr auf der Welt.
    »Wann kommst du zurück?«, fragte sie.
    »Ich habe keine Ahnung.«
    »Wo geht sie denn mit dir hin?«
    »Ich weiß es nicht. Es wird eine Überraschung.«
    Merry hüpfte auf mein ordentlich gemachtes Bett und setzte sich wie ein Indianer in den Schneidersitz. Am liebsten hätte ich sie heruntergejagt und die Decke wieder glatt gestrichen, aber sie wirkte so jämmerlich. Die arme Oma versuchte, Merrys kurz geschnittenes Haar schön zu frisieren, indem sie es stundenlang mit Haargel bearbeitete, doch am Ende sah meine Schwester nur aus wie ein wild gewordener Pudel.
    »Ich finde es schrecklich hier.« Merry schob die Fersen auf meiner Decke vor und zurück.
    »Hör auf, das Bett ist frisch gemacht. Ich weiß, dass du es hier schrecklich findest. Ich auch.«
    »Alle hassen mich.«
    »Niemand hasst dich.«
    »Reetha und Enid hassen mich. Sie haben meine Bluse zerschnitten, während ich weg war. Die schöne, die Oma mir gekauft hat. Mit den kleinen Blümchen drauf.« Tränen liefen ihr über die Wangen. »Vielleicht war es auch jemand anderes. Jemand anderes, der mich genauso hasst.«
    »Oma kauft dir eine neue Bluse.«
    »Das kann ich ihr nicht erzählen«, protestierte Merry. »Da würde sie ja Angst bekommen.«
    »Ich habe ein bisschen Geld gespart. Ich kaufe sie dir.«
    Merry legte sich auf den Bauch und drückte die Wange in mein Kissen. »Lass nur«, sagte sie mit gedämpfter Stimme. »Das ist auch schon egal. Hier wird alles hässlich. Unser Leben wird einfach super, super hässlich sein.«
    Hillarys besonders toller Ausflug entpuppte sich als Mittagessen bei ihren Eltern. Sie machte ein großes Geheimnis daraus, brachte mich mit der U-Bahn hin, stieg ein Dutzend Mal um und zappelte herum, als wollten wir den Präsidenten besuchen. Ich bemühte mich, kein enttäuschtes Gesicht zu machen. Ich hatte mir aufgeregte Vorfreude erlaubt und mir alles Mögliche ausgemalt: Einkaufstouren! Eine Aufführung am Broadway! Die Carnegie Hall! Orte, von denen ich gelesen und geträumt hatte, wie die Spitze des Empire State Building oder die Eislaufbahn auf der Rockefeller Plaza.
    »Hier wohnen meine Eltern.« Hillary tat ganz beiläufig, als sie auf ein Meister-Proper-weißes Haus zeigte, bewacht von einer Reihe kleiner Thujen. Die Messingtür glänzte, als sei es irgendjemandes einzige Aufgabe, sie zu polieren. »Sie haben uns zum Essen eingeladen.«
    Hillarys Haus sah aus, als entstammte es meiner Fantasie. Ich wusste gar nicht, dass es solche Häuser im wahren Leben gab. Meine Bluse, die im Spiegel im Duffy noch ordentlich ausgesehen hatte, wirkte jetzt fadenscheinig. Zumindest war es ungewöhnlich warm für November, sodass ich meine Cabanjacke in der Hand tragen konnte und niemand den Riss an der Seitentasche sehen würde.
    Ich strich mir übers Haar und suchte nach losen Fransen, die vielleicht noch darin hingen, weil ich es vorhin nachgeschnitten hatte. Vier Stockwerke Sprossenfenster funkelten in die Welt, und schwarze Striche trennten die Scheiben in kleine Diamanten. »Auf welchem Stockwerk wohnt ihr denn?«
    Hillary lachte. »Auf allen. Das ist unser Haus.«
    Ich konnte mir ein »Wow« nicht verkneifen. Links von uns glitzerte Wasser. »Was ist das?«
    »Der East River.« Sie lächelte und neigte den Kopf zur Seite. »Warst du denn noch nie in Manhattan?«
    Ich wusste nicht, wie ich ihr sagen sollte, dass ich nicht recht wusste, was Manhattan bedeutete. Ich dachte, wir seien in New York City. »Kann schon sein. Wahrscheinlich.«
    »Wir sind hier in Sutton Place.« Hillary nahm mich bei der Hand.
    Ihre Eltern begrüßten mich wie Anne auf Green Gables. Ich hatte nicht die Absicht, ihren Eindruck von mir

Weitere Kostenlose Bücher