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Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
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essen, Sie brauchen den Zucker.«
    Mrs. Vincent war eine sehr kluge Frau. Bekam ihr Mann nicht die beste Pflege im ganzen Haus? Wer von uns wäre so unhöflich, einfach wegzugehen, ohne zumindest eine Kleinigkeit für Mr. Vincent zu tun, nachdem er Mrs. Vincents Lasagne gegessen hatte: sein Herz abhören, seine Augen kontrollieren, einen Reflex prüfen.
    Ich bemühte mich, nicht einzuschlafen, während ich aß und die Nachrichten schaute. Ich hielt die Augen offen, indem ich das FQ -Spiel spielte. FQ war der Fickenswertigkeits-Quotient, und ich versuchte zu entscheiden, ob Peter Jennings, der Nachrichtensprecher von ABC , fickenswert war oder nicht. Das war das neueste Spiel der Assistenzärzte in der Klinik- die Benotung, mit wem man wie gern ins Bett steigen würde. Wir bewerteten Schauspieler, Krankenhausangestellte, Politiker, alle außer den Patienten. Eine gewisse Ethik spielte in unserem Leben doch noch eine Rolle.
    Der FQ half uns dabei durchzuhalten. Wenn wir schon selbst keinen Sex mehr hatten, taten wir eben wenigstens so. Während unserer viertelstündigen Mahlzeiten in der Kantine warfen wir immer neue Namen für den FQ in die Runde, aber natürlich nie so eindeutige Kandidaten wie Richard Gere oder Demi Moore. Wir nannten Leute wie Gorbatschow oder Nancy Reagan und forderten einander mit Bewertungen heraus.
    Peter Jennings war zu einfach, die anderen würden mich dafür bestimmt auslachen. Es war offensichtlich, dass Jennings ungeheuer fickenswert war. Wie unhöflich es wohl wäre, Mrs. Vincent zu bitten, kurz umzuschalten? Ich musste jemand anderen fin-den, jemanden, auf den man nicht so leicht kam.
    »Kaffee? Mein Sohn hat eine Thermoskanne mitgebracht.« Mrs. Vincent hielt einladend einen leeren Pappbecher hoch. Beim Gedanken an ihren richtigen Kaffee, der nichts mit der Plörre hier im Krankenhaus gemeinsam hatte, lief mir das Wasser im Mund zusammen, vor allem, weil ich nun doch daran dachte, zu der Assistenz-Endzeit-Party zu gehen, statt wie üblich nach der Schicht ins Bett zu fallen.
    »Danke. Ich hätte sehr gern einen Kaffee.«
    »Wunderbar. Übrigens, ich glaube, Joes Puls ist ein bisschen zu hoch.«
    Ron Young, mein früherer Anatomie- und Studiengruppenpartner, war der Gastgeber der Party in dem Zweifamilienhaus in Dorchester, das er geerbt hatte. Sein Vater war Zimmermann gewesen und hatte das ganze Haus vom Keller bis zum Dach selbst renoviert. Jede Ecke hatte eine andere einladende Besonderheit zu bieten – eingebaute Bücherregale, eine Vertäfelung aus Kirschholz, kunstvoll gemauerte Kamine –, während Fliederzweige aus dem Garten in Kristallvasen die Räume schmückten. Rons Zuhause sah aus wie ein Konzentrat aus Familie und Geschichte.
    Ron hatte alle aus unserem Jahrgang eingeladen, die noch in Boston waren, dazu ungefähr fünftausend weitere Gäste, die alles Mögliche hätten sein können, von Red-Sox-Fanclub-Mitgliedern bis hin zu Performance-Künstlern, wie ich Rons eklektischen Geschmack kannte.
    »Siehst du jemanden, der dir gefällt?« Marta erschien mit zwei Gläsern Wein an meiner Seite.
    Ich nickte beiläufig.
    »Nimm den Roten«, sagte Marta. »Ein Jammer, dass Henry nach Los Angeles gegangen ist. Ihr beiden hättet es noch mal miteinander treiben können – um der guten alten Zeiten willen. Wie lange ist das jetzt her?«
    Martas zarte Gesichtszüge standen in scharfem Kontrast zu ihrem losen Mundwerk. Ich wies mit dem Kinn auf einen Mann in der Ecke, der einer allzu süßen Rothaarigen geduldig nickend zuhörte. »Wer ist das?«
    Marta lächelte. »Nebraska.«
    »So heißt er?« Ich nippte an meinem Rotwein und nahm mir vor, mich möglichst lange daran festzuhalten.
    »Daher kommt er.«
    Nebraska sah auf etwas raue Art anziehend aus in der Jeans und dem dunkelblauen Cordhemd, dessen Ärmel hochgekrempelt waren und dichte, krause Härchen auf den Unterarmen enthüllten, in derselben Farbe wie sein schmutzig blondes Haar. »Du hast dich mit ihm unterhalten?«
    Marta nickte. »Nur kurz. Ist mir zu hellhäutig.« Sie stand eher auf Männer mit dunklerem Teint, Italiener, Griechen, Juden oder Puerto Ricaner wie sie selbst, und mit dicker Brieftasche dazu.
    »Er ist kein Arzt.«
    »Was ist er denn?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Künstler.«
    »Du sagst das, als wäre es langweilig.«
    »Er macht irgendwelche Gebrauchsgrafik. Glückwunschkarten oder so. Ich hab's vergessen.« Sie bemerkte meine gerunzelte Stirn und winkte ab. »Dir wird er gefallen. Genau richtig für

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