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Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
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versetzte ihr einen spielerischen Kinnhaken.
    Ruby faltete ebenfalls die Hände und ahmte Cassandras beinahe betende Haltung nach. »Wer hat sich denn um euch gekümmert?«
    Meine Töchter nutzten jede Gelegenheit, mir Löcher in den Bauch zu fragen.
    »Du weißt doch, Schätzchen, dass Tante Merry und ich in eine besondere Schule gegangen sind, in der man auch übernachtet.«
    »Warum seid ihr denn nicht zu Tante Cilla gegangen?«, fragte Cassandra, als käme ihr der Gedanke zum ersten Mal.
    Ich packte die Schatulle wieder ein und bedeckte sie mit knallbuntem Seidenpapier. »Du kennst die Geschichte schon.«
    »Also, Mädchen, jetzt lasst Mommy das andere Geschenk aufmachen.« Drew griff nach einem kleinen Päckchen und reichte es Cassandra. »Das darfst du ihr geben.«
    Cassandra nahm die Schachtel, reichte sie mir aber nicht. »Aber warum?«, fragte sie erneut. »Warum hat sie euch nicht genommen? Sie ist eure Tante. Ihr wart ganz allein!«
    Merry schlang die Arme fester um Ruby. »Sie war keine Tante wie ich, meine Süße. Ich werde mich immer um euch kümmern, ganz egal, was passiert. Aber Tante Cilla hatte zu viele andere Verpflichtungen.«
    »Und sie war zu traurig, weil alle gestorben sind, richtig?«, plapperte Ruby die Familienlitanei nach. »Deswegen war sie primiert. Wegen dem Unfall.«
    Drew nahm die Sache in die Hand. » DE -primiert. Richtig, Tante Cilla war deprimiert. Jetzt gib Mommy das Geschenk, Cassie.«
    Ich nahm die Schachtel, die meine Tochter mir hinhielt. Cassandras ökologisch korrektes Geschenkpapier, die recycelte Comicseite des Boston Sunday Globe , enthielt eine kleine, mit Samt verkleidete Schmuckschatulle. Auf einem flauschigen Berg Wattebäuschchen, bestreut mit kleinen Stückchen Geschenkband, la gen zwei große Makkaroni, die in goldenem Glitter gewälzt worden waren. Ein wackeliges »L« in rosafarbenem Glitter zierte beide Nudeln.
    »L wie Lulu«, erklärte Ruby.
    »Das weiß sie doch«, sagte Cassandra. »Gefallen sie dir?«
    »Wir haben sie selbst gemacht.« Rubys Augen blitzten. »Das sind Ohrringe!«
    Ich berührte sie vorsichtig. Drew hatte die Makkaroni-Juwelen mit irgendeiner magischen Künstlersubstanz seidig glatt bekommen. »Die sehen ja aus wie aus richtigem Gold.«
    »Die Buchstaben habe ich gemacht.« Ruby nahm die Ohrringe heraus und hielt sie mir hin. »Sind sie nicht hübsch?«
    »Gefallen sie dir?«, fragte Cassandra erneut.
    »Sie gefallen mir sogar sehr.« Ich nahm die schlichten goldenen Ohrstecker heraus, die ich meistens trug, und legte die Nudeln an.
    »Oh, du siehst wunderhübsch aus, Mama!«, rief Ruby und schnappte nach Luft.
    Ich trat vor den Spiegel, der über unserem Eichenbuffet hing, und drehte den Kopf hin und her. Mehrere Schichten von Glitter, die in dem glatten Kunstharz gefangen waren, schimmerten an meinen Ohren.
    »Wir haben sie zusammen gemacht, Daddy und Cassandra und ich.« Ruby strich mir mit einer kleinen Hand über den Arm, nahm dann meine Hand und küsste sie. »Weil wir dich lieb haben. Wir werden uns immer um dich kümmern.«
    Ich deckte Ruby mit ihrer rosa-weißen Prinzessinnendecke zu und küsste sie nach dem Schema, das sie vor langer Zeit festgelegt hatte: rechte Wange, linke Wange, Kinn. Als ich in Cassandras Zimmer kam, hatte sie sich schon in ihre Patchwork-Decke gewickelt. Nach einem weiteren Glas Wasser für Ruby und einem letzten Gutenachtkuss für Cassandra schlüpfte ich in die Küche, wo ich mich über die Spüle beugte und tief durchatmete, damit mein Zorn pochend wieder erwachen konnte, ehe ich zu Drew und Merry ins Wohnzimmer ging.
    Ich versuchte mir vorzustellen, wie es für Merry gewesen sein musste, Tante Cilla wiederzusehen. Meine deutlichste Erinnerung an sie würden immer die Stunden nach Mimi Rubees Beerdigung sein, als alle nach dem Friedhof zu ihr nach Hause gegangen waren. Da war ich wie alt gewesen … elf?
    Ich will Joeys Mädchen nicht haben. Nicht in meinem Haus. Wie zwei finstere Male haften sie auf der Erinnerung an meine Schwester, sie sind ein dunkler Schatten auf dem Namen meiner Mutter. Sie reißen mir das Herz heraus.
    Ich hatte Tante Cillas Worte schweigend geschluckt und genickt, als sei ich ganz ihrer Meinung, dass Merry und ich genau das waren, was sie sagte, jawohl: dunkle Schatten, finstere Male, Herzrausreißerinnen.
    Ich ging zu meiner Schwester.
    »Was in Gottes Namen hast du dir dabei gedacht, Merry?« Ich setzte mich dicht neben Drew aufs Sofa, denn ich brauchte seine Körperwärme. Mein

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