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Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
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Klopfen mein Chi klären würde? Mein Chi lösen würde? Mein Chi kochen würde?
    War es realistisch, irgendeine Veränderung des Chi zu erwarten, wenn ich mir nicht einmal merken konnte, wo es saß oder was es tat? Valerie versuchte ständig, mein Leben in Ordnung zu bringen – mir einen Mann zu suchen, meinen Umgang mit meinen Klienten zu verändern. Sie war Jugend-Bewährungshelferin – wir arbeiteten bei demselben Gericht, allerdings in verschiedenen Bereichen. Ihr Leben war ebenso chaotisch wie meines, geprägt von Bars und miesen Kerlen, aber weil sie ihre Sorgen nicht laut aussprach, machte sie ihres zum Mythos eines überlegenen Daseins.
    Vielleicht war es ein Fehler gewesen, die Schatulle zu besorgen und damit meiner Schwester die Vergangenheit wie ein Messer an die Kehle zu setzen. Trotzdem, eines Tages würden Ruby und Cassandra höchstwahrscheinlich herausfinden, dass sie einen wahrhaftigen, lebendigen Großvater hatten, der im Gefängnis verfaulte. Wie kann dir vor diesem Tag des Jüngsten Gerichts nicht bange sein? , wollte ich Lulu anschreien.
    Der arme Drew, ich wusste, warum er so gekocht hatte. Drew war in die Operation Onyxkästchen eingeweiht gewesen. Lulus Zurückweisung hatte ihn verletzt. Der Mann lebte für Wertschätzung, Anerkennung – alles, was er von seinen Eltern nie bekommen hatte. Wenn er sich nicht geschätzt oder gar ignoriert fühlte, wurde Drew leicht ein bisschen gemein.
    In Wahrheit tat mir selbst die Kehle weh, weil ich die tiefste Wahrheit so lange nicht hinausgeschrien hatte. Hör auf, mich mit Dad allein zu lassen. Meine dämliche Hoffnung, die Last eines Tages mit Lulu teilen zu können, verließ mich nie, ganz egal, wie oft ich mich ohne sie auf den Weg zum Richmond-Gefängnis machte.
    Der Besuch bei der bösen Tante Cilla am vergangenen Wochenende war sogar eine Erleichterung gewesen – ich hatte mich regelrecht gefreut, einmal ein paar Augenblicke lang niemanden über meine Vergangenheit belügen zu müssen. Nicht, dass meine Tante sich auch nur mit einem Wort nach meinem Vater erkundigt hätte, sie hatte seinen Namen während der zwei Stunden, die sie mir zugestanden hatte, nicht einmal geflüstert.
    Ich hatte angeklopft und dann auf der heißen Veranda gewartet, bis meine Tante die Tür einen Spaltbreit öffnete. Tante Cilla, sieben Jahre älter als meine Mutter und jetzt dreiundsiebzig, sah aus wie ein Zerrbild der Vorstellung, die ich mir von meiner Mutter gemacht hatte – wie sie aussehen würde, wenn man ihr Foto mit einem dieser Computerprogramme altern ließe. Meine Tante war nie so hübsch gewesen wie Mama, aber sie hatte die gleichen Wangenknochen und die vollen Lippen und ähnelte Mama damit genug, um mir einen Schauer über den Rücken zu jagen.
    Tante Cilla wohnte immer noch in Brooklyn, allerdings in einem Haus, in dem ich noch nie gewesen war. Das Schicksal war gut zu ihr und Onkel Hal gewesen und hatte damit die Moraltheoretiker widerlegt, die behaupteten, die Sanftmütigen würden die Erde besitzen. Tante Cillas großzügiges Heim, in das sie mich widerstrebend einließ, glänzte von den Handgriffen und Einkaufsgewohnheiten einer stolzen Hausfrau.
    Mit schmalen Lippen führte sie mich ins Wohnzimmer. Ich sah Onkel Hal und meinen Cousin Arnie in schimmernden silbernen Rahmen, Fotos von all den Familienfeiern, zu denen mich niemand eingeladen hatte – die Bar-Mizwa meines Cousins, die Hochzeit eines Paars, das ich nicht einmal kannte. Arnie hatte sich das zerbrechliche Aussehen bewahrt. Meine Tante war noch so gemein wie eh und je.
    »Hier«, sagte sie. »Ich habe es eingepackt. Willst du nachsehen?«
    »Wonach?«, fragte ich verwirrt.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich dachte, du wolltest dich vielleicht vergewissern, dass ich dich nicht übers Ohr haue.«
    Mich übers Ohr hauen? Wie denn? Indem sie billige Keramik als Onyx ausgab?
    »Ist schon in Ordnung«, entgegnete ich.
    »Ich versichere dir, ich bin vollkommen vertrauenswürdig.«
    »Interessiert es dich denn gar nicht, wie es mir geht? Und Lulu? Deinen Nichten?«
    »Warum auch? Keine von euch hält Kontakt zu mir. Du hast mich neulich das erste Mal überhaupt angerufen, und das auch nur, weil du etwas willst.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Seid ihr denn nicht auf die Idee gekommen, dass ich mich fragen könnte, wie es euch geht?«
    »Warum hast du uns dann nicht …« Ich verstummte und überlegte, was ich dazu sagen sollte.
    »Ich hatte ja keine Ahnung, wo ihr wart. Ihr seid

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