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Heute Und in Ewigkeit

Titel: Heute Und in Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Randy Susan Meyers
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einfach verschwunden, deine Schwester und du.« Sie legte eine Hand auf die Schachtel. »Das hier musste ich auf dem Speicher ausgraben. Wer hätte gedacht, dass ich es überhaupt noch habe? Ich hätte sie dir auch alle eingepackt, aber du wolltest ja nur eines.«
    »Ich will alles, was du von meiner Mutter hast. Ich meine, ich nehme gern alles, was du nicht brauchst«, fügte ich hinzu, als ich sah, wie sie sich an den Kragen ihrer weißen Bluse fasste.
    »Die wenigen Dinge, die deine Mutter hinterlassen hat, sind meine einzigen Erinnerungen an sie.«
    »Wir haben überhaupt nichts, Tante Cilla. Nur die paar Fotos, die Oma Zelda hatte.«
    »Zelda. Ptu.« Tante Cilla machte einen Laut, als spucke sie aus.
    Ich wich zurück, als hätte sie mich geschlagen. »Du sprichst von meiner Großmutter.«
    »Sie hat ein Monster großgezogen.«
    Der Grind über meinem schwärenden Hass auf Tante Cilla brach auf. »Sie hat uns geliebt. Du dagegen hast uns im Stich gelassen. Wer ist hier das Monster?«
    Der Besuch war nicht besonders gut verlaufen.
    Die schwangere Nachrichtensprecherin wünschte eine gute Nacht, und ich schaltete den Fernseher aus, dankbar für einen weiteren Abend, an dem ich keinen einzigen meiner Schützlinge als Star der Nachrichten hatte sehen müssen. Anstelle eines Schlaflieds knautschte ich meine Kissen zurecht und dachte über den kommenden Tag nach.
    Am Morgen stand ein Treffen mit einer Initiative namens Community for Peace an. Colin, mein Chef, dessen Muskeln zu Fett und dessen Ideale zu Politikmasse geworden waren, hatte sich angewöhnt, mich zur Kontaktperson für sämtliche Gruppierungen zu erklären, die er bei den Weichen einordnete. Das war sein Ausdruck, »die Weichen«, immer in verächtlichem Tonfall ausgesprochen. Colin betrachtete grundsätzlich alles als weich, in dem das Wort Initiative vorkam: Initiativen für den Frieden, für weniger Morde, für mehr Jobs, für weniger Polizeigewalt, für eine Kinderbetreuung bei Gericht – in Colins Augen »Rettet-dieWelt-Gruppen«, hörbar in Verachtung gepackt.
    Ich wickelte mich fester in die Decke und listete im Geiste die Klienten für morgen Nachmittag auf. Jesse Turner, Beinahe-Mörder. Shaundra Ellis, Taschendiebin. Victor Dennehy, Koka-in-Dealer und Frauenschläger. Oliver Peterson, Vergewaltiger. In dieser Reihenfolge waren sie deprimiert, leicht zu handeln, Arschloch und herumschleimender Abschaum. Schlafmütz, Seppl, Brummbär und Schleimi.
    Nach der Arbeit erwartete mich ein weiteres Blind Date, das ich Drew zu verdanken hatte. Mich endlich verheiratet zu sehen, schien zu seinem Hobby geworden zu sein. Der Kandidat war ein Arzt, der in derselben Klinik arbeitete wie Lulu, aber mit Drew Handball spielte und, soweit ich wusste, auch zu seiner Pokergruppe gehörte. Er war Facharzt, irgendwas mit O. Orthopäde? Ophthalmologe? Ornithologe?
    Am nächsten Morgen kam ich von der Besprechung mit der Bürgerinitiative, belebt vom Umgang mit Menschen, die weder die Hose auf halber Höhe ihres Hinterns hängen noch Marlboro-Schachteln in den T-Shirt-Ärmeln stecken hatten.
    »Wie war die Besprechung?«, brüllte Colin, als ich an seiner offenen Bürotür vorbeiging.
    Ich machte kehrt und blieb auf der Schwelle stehen. »Interessiert dich das wirklich?«
    Er schwang die dicken Beine auf den Schreibtisch. »Nein. Community for Peace«, schnaubte er. »Warum bezeichnen sie sich nicht als das, was sie sind: Weiße Liberale Aus Dorchester, Die Sich Selber Gern Reden Hören.« Colin lachte, er lachte ständig über seine eigenen Witze. Seine Augen waren verquollen, als schliefe er nie oder trinke immer.
    »Überraschung, Colin. Es waren hauptsächlich Afroamerikaner innen .«
    Er winkte ab. »Na und? Der gleiche Mist.«
    »Natürlich, der Mist von Frauen, die nicht möchten, dass ihre Söhne jemanden erschießen oder erschossen werden. Du hast ja so recht.«
    »Komm mir nicht mit dem Scheiß. Was haben diese Heiligen denn vor, außer sich bei uns zu beklagen, als wäre alles unsere Schuld?« Colin tippte sich mit dem Bleistift aufs Knie. »Vielleicht täten sie besser daran, ihren Söhnen den Hintern zu versohlen.«
    Ich setzte mich auf den Besucherstuhl vor seinem Schreibtisch. »Hast du es nicht manchmal satt, du zu sein?«
    Colin lächelte breit und großzügig. »Sogar Bill Cosby gibt mir in dem Punkt recht.«
    »Scheiß auf dich und auf Bill Cosby«, erwiderte ich. »Du benutzt ihn wirklich gern als praktischen Haken, an dem du deinen Rassismus

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