Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02
blickte in die Runde und konzentrierte mich schließlich auf meinen Dad, der wahrscheinlich als Einziger verstehen konnte, was ich zu sagen hatte. »Ich bin Alice begegnet. Ich habe gesehen, was sie war, was sie getan hat und wozu sie fähig war.« Ich starrte auf die blassrosa Bauernrosen, die auf Mrs Casnoffs Teppich zu sehen waren, aber vor meinem inneren Auge sah ich Elodie, kreidebleich und blutüberströmt. »So will ich nicht werden. Niemals! Lieber würde ich sterben.«
Mom gab einen erstickten Laut von sich, und Mrs Casnoff war ganz plötzlich von irgendetwas auf ihrem Schreibtisch fasziniert.
Doch Dad nickte. »In Ordnung«, sagte er. »Ich mache dir einen Vorschlag.«
»James«, zischte Mom.
Bevor Dad fortfuhr, tauschten sie wortlos einige mitteilsame Blicke. »Dein Halbjahr hier in Hecate Hall ist so gut wie beendet. Komm in den Ferien zu mir, und wir verbringen den Sommer zusammen. Solltest du am Ende dieser Zeit noch immer den Wunsch haben, dich der Entmächtigung zu unterziehen, werde ich es gestatten.«
Ich riss die Augen auf. »Was? Meinst du, bei dir zu Hause? In England?« Mein Herz schlug immer schneller. Archer war bisher dreimal in England gesichtet worden.
Dad schwieg, und einen schrecklichen Augenblick lang fürchtete ich schon, dass er Gedanken lesen konnte. Doch er sagte nur: »England, ja. Mein Haus, nein. Den Sommer verbringe ich bei … Freunden.«
»Und die haben nichts dagegen, dass du deine Tochter mitbringst?«
Er lächelte, als hätte ihm gerade jemand einen Witz erzählt. »Vertrau mir. Sie haben reichlich Platz.«
»Und was genau soll das Ganze bitte bewirken?« Ich wollte eigentlich herablassend und verächtlich klingen, aber höchstwahrscheinlich kam ich einfach nur bockig rüber.
Dad kramte eine Weile in seiner Manteltasche, und als er schließlich eine dünne, braune Zigarette hervorholte, schnalzte Mrs Casnoff missbilligend mit der Zunge. Seufzend steckte er die Zigarette wieder ein.
»Sophie«, sagte er mürrisch, »ich möchte dich kennenlernen, und du solltest auch unbedingt mich kennenlernen, bevor du dich endgültig entscheidest, deine Kräfte – und möglicherweise auch dein Leben – wegzuwerfen. Du hast doch noch gar nicht voll und ganz begriffen, was es bedeutet, ein Dämon zu sein.«
Ich dachte über Dads Angebot nach. Einerseits war ich momentan nicht gerade sein allergrößter Fan, und ich hatte außerdem so meine Bedenken, ob ich tatsächlich den ganzen Sommer mit ihm verbringen wollte, und dann auch noch auf einem anderen Kontinent.
Aber wenn ich es andererseits nicht tat, würde ich wesentlich länger als Dämon weiterleben müssen. Außerdem hatte Mom den Mietvertrag für unser Haus in Vermont gekündigt, so dass ich meine Ferien wahrscheinlich nur mit ihr und den Lehrern in der Hecate High verbringen würde. Schluck.
Oder eben England. Und Archer.
»Mom?«, fragte ich in der Hoffnung, dass sie vielleicht einen mütterlichen Rat für mich hatte. Sie machte einen recht erschütterten Eindruck, was ja auch gut verständlich war, nachdem sie erst mit angesehen hatte, wie ich beinahe gestorben wäre, und sich dann auch noch mit Dad auseinandersetzen musste.
»Ich würde dich zwar ganz schrecklich vermissen, aber die Argumentation deines Vaters leuchtet mir ein.« Tränen glänzten in ihren Augen, doch sie blinzelte sie weg und nickte. »Ich finde, du solltest es tun.«
»Danke, Grace«, sagte Dad leise.
Ich holte tief Luft. »Okay«, stimmte ich zu. »Ich tu’s. Aber ich will Jenna mitnehmen.«
Jenna wusste nämlich auch nicht, wo sie die Ferien verbringen sollte, und ich wollte wenigstens ein freundliches Gesicht in meiner Nähe haben, wenn ich schon den ganzen Sommer damit verbringen musste, mich mit meiner Dämonenhaftigkeit oder so was auseinanderzusetzen.
»Gut«, erwiderte Dad, ohne zu zögern.
Damit hatte ich zwar absolut nicht gerechnet, aber ich wollte mir meine Überraschung auch nicht anmerken lassen und erklärte betont lässig: »Super.«
»Dabei fällt mir noch etwas ein«, sagte Dad, an Mrs Casnoff gewandt. »Ich hatte gerade die Idee, auch Alexander Callahan mit nach England zu nehmen. Wären Sie damit einverstanden?«
»Wer zum Henker ist Alexander Callahan?«, platzte es aus mir heraus. »Oh, ach ja. Cal.«
Ein komischer Gedanke, dass ihn tatsächlich jemand Alexander nennen könnte. Dieser Name klang so furchtbar förmlich. Cal passte bedeutend besser zu ihm.
»Selbstverständlich«, sagte Mrs Casnoff, jetzt wieder ganz
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