Hex Hall 02 - Hawkins, R: Hex Hall 02
bereits in dem Buch blätterte, gaben meine Knie einfach nach, ich sank zu Boden und lehnte mich an das nächstbeste Bücherregal. Von dort beobachtete ich Dad, doch irgendwie kam es mir so vor, als wäre ich ganz weit weg oder in einem Traum. Als ich einen prüfenden Blick auf meine Hand warf, fragte ich mich, ob der Rest von mir wohl genauso kreideweiß sein mochte.
»O mein Gott«, hauchte Dad. So entsetzt wie er aussah, hätte ich wahrscheinlich beunruhigt sein sollen, doch selbst das war mir jetzt zu anstrengend.
»Was ist denn los?«, murmelte ich schläfrig.
Voller Panik starrte er mich an, allerdings schien er mich im ersten Augenblick gar nicht richtig wahrzunehmen. »Es ist das Ritual, es ist … Sophie !«
Als ich kraftlos zur Seite kippte und mich der Bewusstlosigkeit hingeben wollte, sah ich als Letztes noch, wie das aufgeschlagene Buch zu Boden fiel und in der Mitte einen gezackten Papierrand offenbarte.
Eine Seite war herausgerissen worden.
22
Als ich wieder zu mir kam, lag ich in der Nähe der großen Fenster auf einem Sofa der Bibliothek, und Cal hielt meine Hand.
»Déjà-vu«, murmelte ich, als ich bemerkte, dass silberne Magiefunken über meine Haut wuselten. Cal lächelte leise, doch sein Blick blieb auf die Wunde auf meiner Handfläche gerichtet, die sich schnell schloss. Ich sah an ihm vorbei, und am Fußende des Sofas stand Dad, tiefe Sorgenfalten hatten sich in sein Gesicht gegraben. Und urplötzlich fiel mir alles wieder ein. Der Schrank, das Buch.
Die fehlende Seite.
Dad schüttelte kaum merklich den Kopf, aber ich hätte vor Cal ohnehin nichts gesagt. Allerdings war ich jetzt, da ich nicht mehr das Gefühl hatte zu verbluten, über diese fehlende Seite genauso beunruhigt, wie Dad zuvor ausgesehen hatte.
Als könne er meine Gedanken lesen – und was mich betraf, so konnte er es wohl tatsächlich – sagte Dad: »Ich möchte, dass du dich hier ein Weilchen ausruhst, Sophie. Sobald es dir besser geht, können wir die Konsequenzen dieses Zaubers in meinem Büro besprechen.«
»Muss ja ein heftiger Zauber gewesen sein«, bemerkte Cal, als er meine Hand wieder sanft aufs Sofa legte.
»Ja«, sagte ich. Mein Mund fühlte sich an, als wäre er voller Sägespäne. »Dad hat mit mir an der Bändigung meiner Kräfte gearbeitet. Schätze, ich hab’s ein bisschen übertrieben.«
Zu meiner Überraschung kam Dad um das Sofa herum, beugte sich vor und gab mir einen Kuss auf die Stirn. »Es tut mir leid«, murmelte er. »Aber ich bin auch sehr stolz auf dich.«
Da ich nicht um den dicken Kloß, der sich plötzlich in meinem Hals gebildet hatte, herumreden konnte, nickte ich nur.
»Ich bin in meinem Büro. Komm einfach vorbei, sobald du dich dazu in der Lage fühlst.«
Als Dad fort war, hob ich meinen Arm und wollte zunächst einmal die Schnittwunde in meiner Hand begutachten. Doch davon war keine Spur mehr zu sehen, und ich hätte schwören können, dass selbst meine Dämonenglasnarbe etwas besser aussah. »Okay, also, die Fähigkeit, Leute zu heilen, muss doch wirklich die coolste Magie aller Zeiten sein«, bemerkte ich.
Seine Lippen zuckten. »Das war aber auch nicht immer so.«
»Wie meinst du das?«
»Deswegen bin ich schließlich in Hecate gelandet.«
Plötzlich wurde ich munter. Ich hatte mich schon immer gefragt, warum jemand mit Hex Hall bestraft worden war, der so was von auf dem Pfad der Tugend wandelte wie Cal. »Die haben dich da hingeschickt, weil du jemanden geheilt hast?«
»Na ja, es erregt eben eine gewisse Aufmerksamkeit, wenn du dafür sorgst, dass ein gebrochenes Bein auf magische Weise von allein wieder zusammenwächst«, sagte er.
»Verdammt. Jede Wette. Und, hat der Betroffene dann hysterisch rumgeschrien und panisch mit dem Finger auf dich gezeigt? So war es nämlich bei mir.«
Er lachte. »Ja, sie war nicht annähernd so glücklich darüber, von mir geheilt zu werden, wie ich mir das gedacht hatte.«
Wir saßen so dicht nebeneinander, dass sich unsere Hüften berührten. Er roch richtig angenehm, nach frisch gemähtem Gras und Sonnenschein. Ich fragte mich, ob Cal heute Morgen schon draußen gewesen war oder ob er einfach immer so duftete.
Als ich ihn gerade nach dieser mysteriösen sie mit dem gebrochenen Bein fragen wollte, wechselte er das Thema. »Du lernst jetzt also, deine Kräfte zu kontrollieren«, sagte er und musterte mich aus diesen klaren, haselnussbraunen Augen. »Wie läuft’s denn?«
»Großartig«, antwortete ich, bevor mir
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