Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hex

Titel: Hex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
alles hören. Vergessen Sie ihn einfach. Es sollte Ihnen genügen, sich darüber im klaren zu sein, daß die Dänen wissen, weshalb Sie hier sind.«
    »Es gab einige Absprachen«, murmelte Sina und erinnerte sich an Zacharias’ Worte. »Darüber, daß die Dänen uns bei den Ermittlungen in dieser Sache den Vorrang lassen.«
    »Na, also!« erwiderte Dorn und lachte. Ihn schien all das wenig zu beunruhigen.
    Max und Sina wechselten einen Blick. Ihnen machte die Tatsache, daß sie gleich bei ihren ersten Schritten auf grönländischem Boden beobachtet wurden, durchaus einige Sorgen. Falls die Lessing wirklich Sprengstoff in deutschem Auftrag für die Norweger in Ittoqqortoormiit transportiert hatte, war das Interesse der Dänen durchaus berechtigt. Sina fragte sich, ob es, falls sich diese Theorie bestätigen sollte, auch zu Ihren Aufgaben gehören würde, das Ergebnis ihrer Ermittlungen zu vertuschen. War es das, was von ihnen erwartet wurde, obgleich sie doch im ausdrücklichen Auftrag des Hex hier waren?
    Sie bogen von der Hafenstraße auf einen schmalen Pfad ab, der über einen buckligen Grashügel wieder zum Meer hinabführte. Dort stand, ein wenig abseits der anderen Häuser, eine winzige Holzkirche. Ihre spitzgiebelige Fassade und der niedrige Turm waren knallgelb gestrichen, Dach und Fenster weiß abgesetzt.
    »Sie ist nicht so groß, wie die alte Vor-Frelsers-Kirche oben auf dem Hügel, aber trotzdem ein Prachtstück«, schwärmte Dorn, während er sie den Pfad hinunterführte. Wenige Meter hinter der Kirche erkannten sie eine scharfe Felskante und jenseits davon, in zehn Metern Tiefe, das Meer.
    »Früher stand hier mal ein Leuchtturm«, sagte der Pfarrer und stemmte sich gegen eine scharfe Windbö, »aber den hat man verlegt.«
    Er öffnete die Tür und lotste sie in das Gebäude. Der Raum bot gerade einmal Platz für zehn doppelte Sitzreihen. Am anderen Ende stand ein Altar, ebenfalls aus Holz wie alles hier. Max fragte sich unwillkürlich, wo denn die Bäume waren, aus denen all diese Häuser gebaut worden waren. Aus der Luft hatte er keine Spur von Wäldern entdecken können.
    Sie durchquerten den Saal und traten durch eine Hintertür ins Dorns Wohnräume. Es gab zwei: Der eine war halb Küche, halb Aufenthaltsraum, der andere ein winziges Schlafzimmer, in das ein türloser Durchgang führte. »Sie werden draußen in der Kirche schlafen müssen«, sagte der Pfarrer bedauernd. »Hier drinnen reicht der Platz kaum für einen.«
    Sie setzten sich auf zwei klapprige Stühle, und Dorn kramte in einer Holzkiste herum. Schließlich wurde er fündig.
    »Hier«, sagte er triumphierend und schwenkte eine volle Scotch-Flasche, »die hat mir Legrand besorgt. Wenn Sie morgen früh weiterfliegen, sollte die leer sein, oder?«
    Die Flasche wurde leer, aber Sina und Max hatten wenig Anteil daran. Dorn trank ein Glas nach dem anderen, und trotzdem schien er nicht betrunken zu werden. Dieser Legrand mußte einen guten Kunden in ihm haben.
    Schließlich, als sie der Ansicht waren, sie hätten genug über das Leben in Grönland, die Sitten der Inuit und das Vorgehen der dänischen Direktion gehört, äußerten sie ihren Wunsch, zu Bett zu gehen. Dorn zauberte aus einem Stapel mit Gerümpel zwei Feldbetten hervor, die er direkt vor dem Altar auseinanderklappte. Zuletzt reichte er ihnen Decken und Kissen und erwähnte, daß der einzige Wasserhahn im Freien zu finden sei. »Sogar windgeschützt«, sagte er, »an der Ostwand der Kirche.« Sie beschränkten ihre Hygiene frierend auf das Nötigste und hofften, daß ihr Quartier in Ittoqqortoormiit komfortabler ausgestattet war.
    Stunden später, mitten in der Nacht, erwachte Max von einem Geräusch. Als er aufschrak, sah er, daß Sina bereits kerzengerade im Bett saß. Es war stockdunkel in der Kirche, bis auf ein paar Streifen blassen Mondlichts, das durch die Fenster in den Saal fiel. Die Luft war so kalt, daß sie in der Nase weh tat.
    »Was war das?« fragte Max verschlafen.
    Sina deutete hellwach auf die Tür, die zum Kirchturm führte. »Jemand schleicht da drinnen herum.«
    »Dorn?«
    »Wer sonst?«
    Max lehnte sich beruhigt zurück. »Von mir aus.«
    »Was macht der da um diese Zeit?«
    Max seufzte. »Er ist bestimmt nicht dein Magier.«
    Sogar in der Dunkelheit war das zornige Funkeln in Sinas Augen zu erkennen. »Sehr witzig. Und sehr professionell.«
    Mühsam schwang er ein Bein über die Bettkante. »Gut, ich werde nachsehen.« Grinsend fügte er hinzu. »Außerdem

Weitere Kostenlose Bücher