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Hex

Titel: Hex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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sich die Entfernung bis zu ihnen kaum abschätzen, aber Max nahm an, daß jeder dieser Eisschwäne mindestens zehn Meter hoch war. Es war ein Anblick von überwältigender Grazie und Schönheit.
    Beeindruckt zog er sich vom Fernglas zurück. »Wo kommen die her?«
    Sina nahm wieder seine Stelle ein, während Dorn erklärte: »Der Eisarchitekt hat sie gemacht, drüben an der Ostküste. Die Strömung treibt sie im Süden um Kap Farvel herum und zu uns herauf bis in die Baffin-Bucht.«
    »Der Eisarchitekt?« fragte Max.
    Dorn beugte sich vor und senkte seine Stimme. »Vielleicht werden Sie ihn kennenlernen. Ja, ich bin sicher, daß Sie ihn kennenlernen werden.«
    Damit wandte er sich ab und stieg die Treppe hinunter. Max blickte ihm erstaunt hinterher, sekundenlang sprachlos. Dann erst wandte er sich wieder an Sina.
    »Laß mich noch mal sehen«, bat er, aber er mußte sie an den Schultern nehmen und sanft beiseite schieben, damit sie sich von dem Anblick löste. Als er sie ansah, war in ihrem Blick immer noch der Zauber des Eisarchitekten, und einen Moment lang war ihm, als glitzerten ihre Augen feucht.
    Er schaute durch das Fernglas und erkannte den Grund.
    Ein kleiner Eisbrecher unter dänischer Flagge hatte Kurs auf die Schwäne genommen und erreichte sie im selben Augenblick. Er rammte einen nach dem anderen, krachte mitten unter sie, bis von den Tieren nichts übrig war als weiße Splitter, die taumelnd in der Schwärze der See versanken.
     
    Der Weg zur Flugbahn war weit, doch der Magier wagte nicht, nach einem Mietautomobil Ausschau zu halten. Wahrscheinlich hätte er auch gar keines finden können. Seit seiner Ankunft am Nachmittag war ihm nicht ein einziges Fahrzeug in den Straßen der Stadt begegnet. Sicher, es mußte eine Handvoll davon geben, ganz bestimmt unter den hochgestellten Beamten und Mitgliedern der Verwaltung. Aber die einfachen Einwohner Nuuks, viele davon seßhaft gewordene Inuit, hatten für derlei kein Geld. Zudem waren die wenigen Straßen nach Frosteinbruch unbefahrbar. Nein, wer sich in Nuuk von einem Ort zum anderen bewegte, der tat das zu Fuß oder, wenn Schnee lag, mit dem Hundeschlitten. Der Magier hatte eine Vielzahl der Tiere in ihren Verschlägen bellen hören, winselnd nach Auslauf und Freiheit. Er mochte Hunde, und die Laute taten ihm in der Seele weh, mehr als jedes menschliche Jammern und Schreien.
    Er hatte sich zu Fuß zur Rollbahn im Norden Nuuks aufgemacht, weil ihm gar keine andere Wahl blieb. Und jetzt verfluchte er bereits jenen Augenblick, da der Unbekannte in seiner Garderobe aufgetaucht war und ihm diesen erbärmlichen Auftrag angeboten hatte. Der Magier fror entsetzlich, und die Kälte vertrieb sogar die Sorge um seinen Ruf. In der Dunkelheit der Nacht konnte er kaum erkennen, wohin er seine Füße setzte. Die Schotterstraße war alles andere als eben, und immer wieder drohte er zu stolpern und zu stürzen. Der Frostwind schnitt schmerzhaft durch seine Kleidung, trotz Mantel, Schal und Mütze, und der Weg zum Flugplatz war viel weiter, als er angenommen hatte.
    Die Rollbahn lag am nordwestlichen Ufer der Halbinsel, kilometerweit vom Flugfeld der Luftschiffe entfernt. Dadurch wollte man verhindern, daß die kleinen, schnellen Maschinen mit den behäbigeren Schiffen kollidierten. Niemand hatte ihm gesagt, daß auch der Flugplatz am Meer lag, aber je näher er ihm kam, desto deutlicher erkannte er die Bootsstege unweit der Startbahn. Hätte er das früher gewußt, er hätte einfach einen Kahn gestohlen und wäre damit die Küste hinaufgefahren. Aber nein, er hatte unbedingt zu Fuß gehen müssen. Der Eskimo, der ihm den Weg erklärt hatte, lag wahrscheinlich daheim in seinem Bett und lachte noch immer über den dummen Fremden, der es sich unnötig schwermachen wollte.
    Stundenlang war er am Nachmittag und in der Dämmerung durch Nuuk gestreift, bis er jede Straße, jeden Trampelpfad kannte. Er hatte gesehen, daß von Poser und diese Frau in der Kirche verschwunden waren, und dort sollten sie die Nacht über bleiben, das war ihm nur recht.
    Schnell hatte er bemerkt, daß er beobachtet wurde. Erst glaubte er noch, es sei Zufall, dann aber schlugen seine Sinne Alarm. Immer wieder entdeckte er denselben blonden Mann, der ihm auf seinem Erkundungsgang durch die Stadt zu folgen schien. Dabei stellte sich der Junge alles andere als geschickt an. Wer so viele Menschen verfolgt hatte wie der Magier, der erkannte die Zeichen. Der leicht nervöse Gesichtsausdruck des anderen, die

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