Hexe auf leisen Sohlen
einer Couch
darin, die bei den Aufnahmen zur »Geburt einer Nation« mitgewirkt haben mußte.
»Drehen Sie sich um«, befahl
ich, und Herbie gehorchte mürrisch. Ich klopfte seine Taschen ab, nahm ihm sein
Messer fort, aber sonst nichts. »In Ordnung, Herbie«, sagte ich, »setzen Sie
sich.« Ich gab ihm einen Stoß, daß er auf die überlebensgroße Couch zutaumelte.
»Passen Sie auf, daß Sie nicht darauf verlorengehen«, warnte ich ihn.
Er setzte sich vorsichtig,
beobachtete mich genau, und man konnte beinahe hören, wie sein Gehirn
arbeitete, Zeit, Entfernung und Reaktion berechnete. Ich wünschte mir fast, er würde
versuchen, mich anzuspringen, dann konnte ich ihm ein Ding versetzen, wo es
wirklich weh tat, aber andererseits wäre es zu leicht gewesen.
»Wo ist Lamb?« fragte ich.
»In seinem Zimmer. Er ruht«,
antwortete er.
»Sagen Sie ihm, er soll
herkommen, es sei Besuch da.«
Herbie wollte aufstehen.
»Sitzen geblieben!« befahl ich.
»Ich habe Ihnen nicht gesagt, rauszugehen und ihn zu holen. Ich sagte, Sie
sollten ihm sagen, herzukommen. Rufen Sie!«
»Das wird ihm nicht behagen«,
antwortete Herbie schwächlich.
»Was Sie nicht sagen«, spottete
ich, »Sie brechen mir das Herz. Rufen Sie ihn!«
Herbie räusperte sich, dann
schrie er: »Mr. Lamb, Mr. Lamb. Können Sie bitte herkommen? Boyd ist da und
will Sie sprechen.«
»Das war nett und höflich«,
sagte ich, »aber deswegen wird er sich noch nicht beeilen.«
Ich sah mich in dem Raum um.
Vor einer Wand stand ein Tisch, der mit Stutzuhren aller Formen, Größen und
Stile unter Glasstürzen bedeckt war. Um es genau zu sagen, sie unterschieden
sich alle voneinander.
»Wer sammelt denn diese Uhren
da?« fragte ich.
»Lamb«, murrte Herbie. »Das ist
sein Hobby.«
»Es muß Geld kosten.«
»Keine ist weniger als ein paar
hundert Dollar wert«, antwortete er fast stolz. »Es ist die drittbeste Sammlung
in den Vereinigten Staaten.«
»Sieh mal einer an«, meinte
ich.
Ich gab Lamb weitere zehn
Sekunden, aber er tauchte immer noch nicht auf.
»He«, rief ich laut,
»Fettwanst!« Darauf kam keine Antwort, aber wenn er nicht tot war, mußte er
mich gehört haben, und tot war er noch nicht.
»Ich höre, Sie besitzen die
drittbeste Sammlung von Stutzuhren in den ganzen Vereinigten Staaten?« schrie
ich.
Ich zählte bis drei, richtete
den Achtunddreißiger auf die größte Uhr, die ich sah, und drückte ab. Das
Klirren des zersplitternden Glases war recht eindrucksvoll. Splitter schwirrten
ein paar Sekunden lang und verstreuten sich auf dem Teppich, dann war es wieder
still.
»Fettwanst«, schrie ich, »jetzt
haben Sie nur noch die viertbeste Sammlung von Stutzuhren in den ganzen
Vereinigten Staaten. Wenn Sie in zehn Sekunden nicht hier sind, ist es nur noch
die fünftbeste!«
Aus Lambs Zimmer ertönte ein
Wutgeheul.
»Wenn Sie eine Waffe
mitbringen, Fettwanst«, schrie ich, »dann schieße ich. Und Sie kann ich gar
nicht verfehlen!«
Sechs Sekunden später wälzte
Lamb seinen dicken Körper keuchend durch die Tür. Sein Hemd stand bis zum
Gürtel auf, und sein Hosenträger hing hinten von seiner Hose herunter und
zuckte und zappelte bei jedem seiner schlurfenden Schritte.
»Freut mich, daß Sie es
geschafft haben«, sagte ich. »Setzen Sie sich neben Herbie auf die Couch. Onkel
Danny hat eine Gutenachtgeschichte zu erzählen.«
Lamb stierte bei seinem
schwankenden Weg zur Couch auf Hie Überreste der beschossenen Uhr und stöhnte
vor ohnmächtiger Wut. Schließlich erreichte er den Platz und ließ seine Masse
vorsichtig auf die Couch niedersinken, die dadurch ganze drei Zoll eingedrückt
wurde.
Dort saßen die beiden und
beobachteten mich mit unverhüllter Mordgier in ihren Blicken. Ich grinste sie
ermunternd an. »Wir wollen´s mal anders machen als
bisher. Ich werde also ganz von vorn anfangen.«
Ich berichtete ihnen, wie Adele
mich engagiert hatte, ihren Mann in eine geschlossene Anstalt zu schaffen, wie
ich Dr. Frazers Sanatorium gefunden und mit ihm den Termin für Nickyboy vereinbarte, wie ich ihm die Wette anbot und wie
gründlich er darauf hereinfiel und wahrscheinlich in Frazers Sprechzimmer im
Irrenhaus die beste Hamlet=Vorstellung bot, die er je gegeben hatte.
Dann berichtete ich ihnen
Frazers Geschichte, unausgeschmückt , genauso, wie ich
sie von ihm gehört hatte. Ich erzählte ihnen sogar, wie ich Frazer so völlig
selbstbewußt Aubrey Blair als den Mann beschrieben hatte, der ihn dazu zwang, Nickyboy laufen zu lassen
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