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Hexe auf leisen Sohlen

Hexe auf leisen Sohlen

Titel: Hexe auf leisen Sohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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zuversichtlich, »braunes, welliges Haar, braune Augen,
dichter, brauner Schnurrbart, gute Zähne. Er hat die Angewohnheit, auf seinem
Schnurrbart zu kauen, wenn er nervös ist. Natürlich ist das eine abscheuliche
Angewohnheit. War er das?«
    Ich konnte dieser Versuchung
nicht widerstehen. Ich wartete gespannt darauf, daß Frazers Augen sich vor
Erstaunen weiten und sein Mund aufklappen würde, wenn er zugeben mußte, daß
meine Beschreibung hundertprozentig zutraf.
    Doch irgendetwas war mit dem
Burschen nicht in Ordnung. Er zeigte keine der normalen Reaktionen. Er sah mich
nur ein paar Minuten verständnislos an und schüttelte dann fest den Kopf.
»Nein, Mr. Boyd«, sagte er, ohne zu zögern, »das trifft in keiner Weise zu.«
    Ich starrte ihn an, und es
dauerte etwa zehn Sekunden, bis ich bemerkte, daß meine Augen weit aufgerissen
waren und mein Unterkiefer schlaff etwa zwei Zoll über dem Knoten meiner
Krawatte hing. »Irren Sie sich auch nicht?« krächzte ich.
    »Selbstverständlich nicht«,
erwiderte er. »Ich will ihn Ihnen beschreiben.«
    »Also schön«, erlaubte ich ihm
kleinlaut, »aber geben Sie ihm nicht mehr als das übliche Paar Arme und die
normalen zwei Beine, Doktor.«
    »Er muß etwa fünfunddreißig
sein, schätze ich«, sagte Frazer überlegen. »Groß, eher gut gebaut als
untersetzt, fast die Figur eines Sportsmannes. Sehr gut angezogen —an einen
Anzug entsinne ich mich besonders. Er hatte ein ziemlich schmales Gesicht, in dem
die Augen eindeutig das Interessant teste waren. Ein sehr blasses Blau, Mr.
Boyd, fast verblüffend, wenn man es zum erstenmal sah.«
    »Das klingt nach einer sehr
treffenden Beschreibung, Doktor«, gab ich zu.
    »Nur noch etwas«, sagte er, »er
hat kürzlich eine Art kleineren Unfall erlitten. Über seinem Nasenrücken befand
sich ein Pflaster.«
    »Ja«, nickte ich bestätigend,
»und er hat auch was mit der Niere zu tun, aber das zeigte sich nicht, noch
nicht, jedenfalls.«
    Frazer brachte seine Hände
wieder auf die Schreibtischplatte. Das Zittern war verschwunden, und er wirkte
jetzt fast gelassen. »Was jetzt, Mr. Boyd?« fragte er. »An welche Behörde
übergeben Sie mich zuerst?«
    »Doktor«, antwortete ich, »ich
möchte, daß Sie eines sofort tun. Pfeifen Sie die Bluthunde von Blairs Fährte
zurück. Sagen Sie, es sei ein schreckliches Mißverständnis passiert. Sagen Sie,
es sei kein gemeingefährlicher Geisteskranker ausgebrochen. Aus Ihrem
Sanatorium sei überhaupt niemand entflohen, und keinesfalls sei Nicholas Blair
jemals in eine geschlossene Abteilung eingewiesen worden, sondern sei so normal
wie jeder andere, falls man das als eine Empfehlung ansehen will.«
    »Das werde ich sofort tun«,
sagte er. »Dann brauchen Sie sich nicht die Mühe zu machen, sich weiter um mich
zu kümmern. Vermutlich wird das mein blauäugiger Freund übernehmen.«
    »Das ist anzunehmen«,
bestätigte ich.
    Er nahm den Telefonhörer ab und
begann zu wählen. Er brauchte fast eine Stunde, bis er mit allem durch war, aber
dann waren die Hunde zurückgepfiffen. Nicholas Blair war wieder ein ehrenwerter
normaler Bürger, dem es freistand, hinzugehen, wohin er wollte, zu tun und zu
lassen, was er wünschte.
    »Vielen Dank, Doktor«, sagte
ich, »ich muß jetzt wieder fort.«
    »Ich dachte, Sie seien nun an
der Reihe, Handschellen aus der Tasche zu ziehen«, erwiderte er ernst.
»Wünschen Sie sonst noch etwas von mir?«
    »Es ist mir zuwider, die
gleichen Phrasen zu gebrauchen wie die Ansager bei den Werbesendungen in ihren
letzten Sätzen. Aber ich würde Ihnen vorschlagen, daß Sie getrost weiterhin
Arzt bleiben, Doktor.«
    »Ich glaube nicht, daß mir Ihr
Freund das erlauben wird«, meinte er.
    »Doch, das kann ich Ihnen wohl
garantieren«, antwortete ich. »Er ist übrigens... nun, in gewisser Weise ist er
doch mein Freund. Ich werde heute eine Aussprache unter vier Augen mit ihm
haben. Ich bin überzeugt, daß ich ihn zu meiner Ansicht bekehren kann.«
    Frazer grinste plötzlich. »Dann
sind Sie wohl der Mann, der ihm die Nase plattgeschlagen hat?«
    »Ich weiß nicht, wo Sie eine
neue Empfangsdame finden werden, Doktor, aber wenn ich darf, würde ich Ihnen
gern einen Rat geben.«
    »Bitte, bitte, nur zu.«
    »Warum versuchen Sie es das
nächste Mal nicht mit einem weiblichen Wesen?«
    Ich öffnete meine Wagentür, als
er mich einholte.
    »Ich kann es immer noch nicht
glauben«, sagte er, wobei er etwas stammelte. »Sie meinen also, ich sei nicht
ruiniert? Ich könne

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