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Hexe auf leisen Sohlen

Hexe auf leisen Sohlen

Titel: Hexe auf leisen Sohlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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und dann als gemeingefährlichen
Wahnsinnigen und Mordverdächtigen bei der Polizei anzuzeigen.
    Ich gab mir große Mühe, aber es
gelang mir, nicht zu lachen, als ich schilderte, wie Frazer mir sagte, meine
Beschreibung des Mannes sei völlig verkehrt, und mir dann seine gab. Diese
Beschreibung wiederholte ich wörtlich, einschließlich des Pflasters, das dem
Mann über dem Nasenrücken klebte.
    Als ich geendet hatte, folgte
ein unbehagliches Schweigen.
    »Worauf, zum Teufel, wollen Sie
hinaus, Boyd?« grunzte Lamb schließlich. »Was soll das für einen Sinn haben?
Ihr Dr. Frazer hat Sie offensichtlich angelogen. Warum sollte Herbie das tun?
Er weiß genau, wie dringend ich wünsche, daß Nicholas Blair in dem Stück
auftritt, damit ich wenigstens einen Teil des Geldes zurückbekomme, das ich
darin angelegt habe. Herbie arbeitet für mich. Das kann alles nicht stimmen. Es
ist völlig unsinnig.«
    »Wenn Sie´s so betrachten,
Fettwanst, haben Sie recht«, sagte ich leise. »Aber es gibt noch einen anderen
Gesichtspunkt. Ich bin die ganze Zeit an der Nase herumgeführt worden, und
vielleicht bin ich nicht der einzige. Gewiß, Herbie arbeitet für Sie. Haben Sie
sich aber je die Mühe gemacht, mal darüber nachzudenken, was passieren könnte,
wenn er gleichzeitig auch noch für einen anderen arbeitet? Das ist doch eine
Situation, die Sie gut kennen sollten, Fettwanst. Ein ganz altmodisches schlichtes
Doppelspiel. Herbie arbeitet für Sie — einen Teil seiner Zeit —, und die übrige
Zeit arbeitet er für einen anderen. Beide bezahlen ihn, aber es könnte doch
sein, daß der andere ihm eines Tages mehr bietet als Sie.«
    »Herbie ist seit sechs Jahren meine
rechte Hand«, keuchte Lamb. »Ich glaube nicht, daß er mir das antäte.« Aber
seine Entgegnung kam reichlich unsicher.
    »Genauso könnten Sie sagen, Sie
trügen seit sechs Jahren eine Flasche Blausäure in der Tasche herum und hätten
nie einen Tropfen verschüttet. Und eines Tages greift Ihnen einer in die Tasche
und zieht den Korken heraus. Dann haben Sie immer noch die Flasche, aber sie
ist leer. Sie merken nichts davon, bis die Säure anfängt, Sie zu verbrennen.«
    »Alles Quatsch, Boyd«, grunzte
Lamb. »Sie vergeuden Ihre Zeit.«
    »Ganz wie Sie meinen, Dicker.«
Ich hob bedauernd die Schulter. »Aber jetzt müssen wir alles von zwei Seiten
betrachten. Wenn Sie recht haben, dann ist Herbie der loyale Bursche, der
andere nur aus zwei Gründen zerfleischt: weil Sie es ihm befehlen oder weil er
gerade dazu Laune hat. Aber wenn Sie sich irren und Herbie Sie doch hintergeht,
werden Sie es schon merken. Von jetzt an werden Sie ihn scharf im Auge behalten
und ihn bei jeder Gelegenheit, die sich ergibt, auf die Probe stellen. Und er
wird Sie genauso scharf beobachten, Dicker, ebenso scharf wie Sie ihn, denn
wenn es zum Krachen kommt, ist der Bursche, der zuerst zuschlägt, derjenige,
der am Leben bleibt.«
    Ich wich zur Tür zurück. »Das
wäre es«, sagte ich. »Ich hoffe, Sie werden von jetzt an gegenseitig viel
Vergnügen an ihrer Gesellschaft finden. Und ich will Ihnen noch einen letzten
Rat geben, Fettwanst. Aus zwei Gründen müssen Sie Herbie wirklich im Auge
behalten. Den ersten habe ich Ihnen bereits genannt. Der zweite ist etwas
komplizierter. Manchmal, wenn Herbie wirklich in Wut gerät, muß er einfach
jemand zusammenstechen, und es kann passieren, daß sein Opfer zufällig der
wird, der sich gerade in Reichweite von Herbies Messer befindet. Herbie braucht
nicht immer unbedingt einen Grund zu haben.«
    Als ich die Tür erreichte,
blieb ich einen Augenblick stehen und zog Herbies Messer aus meiner Tasche.
»Tut mir leid, Herbie«, entschuldigte ich mich, »fast hätte ich es vergessen.
Ihr Messer.« Ich warf es ihm zu, und er fing es geschickt auf und ließ es
elegant im Ärmel seiner Jacke verschwinden. Vielleicht war es reine Einbildung,
aber wenn ich richtig gesehen hatte, dann begann Lamb gerade in diesem
Augenblick sich auf der Couch von Herbie zurückzuziehen.
    »Also das wär´s«, sagte ich. »Viel
Spaß, Freunde. Es ist verflucht viel später, als ihr denkt.«
    Der Fahrstuhl stand bereit und
wartete auf mich. Ich fuhr hinunter und schob unterwegs die Waffe in meine
Hüfttasche zurück. Ich ging den halben Block zu meinem Wagen und stieg ein. Ich
fuhr so schnell los, daß ein lässiger Herumtreiber auf der Madison Avenue sich
nur durch einen verzweifelten Sprung im letzten Augenblick davor retten konnte,
von meinem Kotflügel erfaßt zu

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