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Hexen in der Stadt

Hexen in der Stadt

Titel: Hexen in der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Engelhardt
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Beschluß dieser jämmerlichen Materia, so sein Kinder von drei und vier Jahren, in dreihundert an der Zahl, die ihren Buhlen gehabt. Ich habe Kinder von sieben Jahren sehen hinrichten, wackere Studenten von zehen, zwölf, vierzehen und fünfzehen Jahren, von Adel. Ich habe gesehen einen vornehmen Domicellaren aus dem Hause Kotenhan enthaupten und mehrere andere. Die Tochter der verbrannten Kanzlerin, die mit einem Ratsherrn verheiratet gewesen, ist mit sechs anderen zum Tode gebracht worden. Es werden noch höhere Standespersonen, quos nosti et misereris imo vix crederes, daran müssen. Kann und mag von diesem Elend nichts mehr schreiben. Fiat justitia et… (Hier endet der Brief.)
     
    Und es schrieb ein Pfarrer zu Sankt Marien, dem es grauste vor dem Weg, den seine jungen Firmlinge nahmen:
     
    Es haben etliche Kinder von ungefähr sieben, acht, neun und zehen Jahren, Knaben und Mägdlein, ausgesagt vor Eltern, Bekannten und Freunden, letztlich auch vor geistlichen und weltlichen Amtspersonen, und bekennen’s noch beständig, daß sie von gewissen Personen, deren etliche bereits von hoher Obrigkeit eingezogen und peinlich befragt worden, in der Nacht zu unterschiedlichen Stunden abgeholt und in die Versammlung der Hexen geführet worden, an unterschiedliche Orte des Feldes, der Gassen oder gemeinen Plätze. Die Kinder wissen nicht, wie ihnen geschieht, und vermeinen nicht anders, als ob sie wirklich und leiblich an solche Örter hinaus kämen und zwar auf einer Gabel, auf Böcken, Geißen, Hühnern, Katzen und so weiter. Man hat aber durch fleißiges Bewachen und Hüten der Kinder in vielen Nächten wahrgenommen, daß wahrhaftig ihr Leib nirgend hinweg geführet wird, sondern im Bett oder auch in Schoß und Armen der Eltern liegen bleibt in einem Schlaf, der bei einigen ganz natürlich scheint, bei andern einer harten Erstarrung ähnlich ist, mit erkalteten Gliedern. Sie müssen die Hochheilige Dreifaltigkeit verleugnen und versprechen, forthin den Eltern nicht mehr gehorsam zu sein, nicht zu beten, lästern hingegen Gott und Christum mit solchen Worten, die ich zu gedenken scheue, viel weniger schreiben mag. Diese und andere Umstände geben nun die Kinder zum öfteren vor, nachdem das erste Bekenntnis solcher heimlicher Eingebungen kaum mit langer und übergroßer Mühe der Eltern und Vorgesetzten hat können zuwege gebracht werden. Die armen Kinder selbst sind voller Angst und Schrecken, besonders in der nächtlichen Finsternis und Einsamkeit, beten und flehen, man möge für sie beten.
     
     
    Mit den Kindern wurde es immer schlimmer. Sie waren, seitdem das Hexenwesen von Tag zu Tag tiefer in Häuser und Gemüter eindrang, immer weniger zu bändigen gewesen.
    Mit den Schulkindern, Buben und Mädchen zwischen sieben und zwölf Jahren, hatte es angefangen. Sie schienen alt genug, um von den Lehrern über das schreckliche Laster der gegenwärtigen Zeit aufgeklärt zu werden. Zwar wäre das kaum nötig gewesen. Denn was hörten sie daheim anderes, womit sonst schreckte man sie zur Strafe als mit dem Teufel, der sie holen werde, wie er die Muhme Soundso und den Nachbarn, ja, oft genug schon die eigene Mutter geholt hatte! Wenn sie die Kinder außer Hörweite glaubten, erzählten sich die Großen flüsternd von den grauenhaften Untaten der Verurteilten, vom Töten kleiner Kinder, die man fraß oder zu Salben verkochte, von der Ausfahrt durch den Schornstein auf Stecken, Mistgabeln und Besen, von Teufelspakt und Teufelsbuhlschaft. Der Schaden, den sie angerichtet haben sollten, war schnell vergessen. Das Drum und Dran des Hexenwesens beschäftigte die Leute viel mehr. Sie konnten gar nicht genug davon hören – solange es sie selbst nichts anging. Aber sie irrten sehr, wenn sie meinten, die Kinder wüßten nichts davon. Die hatten scharfe Ohren wie immer, wenn etwas vor ihnen durchaus geheim bleiben soll.
    Alles aber, was sie heimlich erlauscht oder sich zusammengereimt hatten, erfuhr nun eine grauenvolle Bestätigung durch den Mund des Lehrers. Da wurde ihnen alles genau beschrieben, das Verbrechen wie die Sühne, und warnend Moral gepredigt. Wer dann noch nicht belehrt war, der konnte einmal oder zweimal im Monat hinaus vor das Sander-Tor laufen und sich angucken, was für ein Ende es mit solchen nahm, die sich dem Teufel verschrieben. Im Anfang zogen die Kinder fast jedesmal mit hinaus. Niemand hinderte sie, im Gegenteil, es galt als gesunde Abschreckung vom Bösen, eine Hinrichtung mitanzusehen. So geschah es,

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