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Hexen in der Stadt

Hexen in der Stadt

Titel: Hexen in der Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingeborg Engelhardt
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daß der Teufel, so überflüssig oft berufen und so leibhaft gegenwärtig in dieser Stadt, sich die leichteste Beute krallte: die Kinder.
    Da prahlte ein neunjähriger Lateinschüler vor den andern, er könne »Maus’ machen«, das hätte er von seinem Vater gelernt. Die Kameraden staunten, und für einen Tag war der kleine Prahler der große Mann aber nur so lange, bis der Lehrer von der Sache erfuhr. Da wurde vor dem Rektor ein strenges Verhör angestellt, insbesondere über den Vater, dem so übernatürliche Fähigkeiten zugeschrieben worden waren. Da half kein Ableugnen mehr, die Sache mußte vor den Richter. Peinlich befragt, gestanden Vater und Sohn alles, was ihnen vorgesagt wurde. Der Bub starb im sechzehnten Brand, der Vater ein halbes Jahr später im einundzwanzigsten.
    Der zehnjährige Valentin Winter schrie einem älteren Buben nach, der ihn verprügelt hatte: »Ich mach’ dich blind!« Es traf sich, daß dem andern bald darauf eine Mücke ins Auge flog, die zwar Schmerzen verursachte, jedoch mit Hilfe des Apothekers schnell entfernt wurde und hätte vergessen werden können. Aber das böse Wort hatte der Valentin nun einmal gesagt. Die Eltern des so Bedrohten ruhten nicht. Der Valentin Winter kam vor Gericht, und da ging es, wie es gehen mußte. Nicht nur er selbst, auch seine Eltern und seine großen Schwestern gestanden auf der Folter die scheußlichsten Zaubereien und starben allesamt den Hexentod. Der Valentin bekannte sich übrigens des Mordes an über hundert Personen schuldig, auf deren Namen er sich aber durchaus nicht besinnen konnte.
    Die beiden kleinen Töchter einer armen Witwe kamen eines Abends laut weinend in die Stube gestürzt. In einem Torweg hatte ein schwarzer Mann ihnen aufgelauert, noch schwärzer als die Dunkelheit, mit glühenden Augen und einer roten Feder am Hut. Mit Mühe waren sie ihm entkommen. Die arme Mutter wußte sogleich, wer das allein sein konnte. Sie tat, was nur möglich war, hängte den Kindern wundertätige Amulette um, stiftete Kerzen und betete für sie. Aber es half nichts. Den schwarzen Mann wurden sie nicht mehr los. Er erschien nicht nur in ihren Träumen, sondern leibhaftig überall, wohin sie gingen, zuletzt sogar daheim in der Küche, wo er sie dazu verlockte, auf der Katze, die plötzlich so groß wie ein Kalb war, zum Schornstein hinauszureiten zu einer wilden, herrlichen Reise unter dem Sternenhimmel dahin. Mehr wußten sie nicht von dieser höllischen Ausfahrt zu berichten, aber es war genug. Als die Mutter in ihrer Not endlich den Pfarrer zu Hilfe rief, war über alle drei schon das Urteil gesprochen. Die Teufelsbeschwörungen des frommen Mannes nützten nichts. Da blieb ihm nichts anderes übrig, als den Fall den Behörden zu melden. Die Kinder wurden verhört und wiederholten willig alles, was sie schon vorher offen genug erzählt hatten. Als aber der Richter sie doch einmal väterlich ermahnte, hübsch die Wahrheit zu sagen, fragte die Kleinere zwischen Neugier und Furcht: »Gelt, danach werden wir verbrennt?«
    Sie wurden es im dreizehnten Brand und bald nach ihnen auch die Mutter. Sie hatte sich, halb von Sinnen, aller Verfehlungen schuldig bekannt, für die man ihre Kinder gerichtet hatte. Wie hätte man ihr nicht glauben sollen! War es doch bekannt, daß sich die Hexenkunst vor allem von den Müttern auf die Töchter vererbte, ja, schon im zartesten Alter ihnen beigebracht wurde. Die Mutter war die wahrhaft Schuldige, befand das Gericht.
    Zum Pfarrer von Sankt Gertrauden schlich sich ein neunjähriges Mägdlein und klagte, es tat so arg frieren, werde auch von seinen Eltern immer geschlagen, hab gar keine Freud. Wollte Gott, man verbrennte es! Der Pfarrer, tief bestürzt, fragte das Kind, ob es denn, so klein und unschuldig, schon eine Hex’ sei? Ja, das sei es leider, erwiderte es ernsthaft. Die Eltern hätten es dazu gezwungen. Nun sei es schon viele Male zum Tanz mit ausgefahren und hätt’ auch einen gar hübschen Buhlen. DemPfarrer grauste es, solches aus diesem kindlichen Mund zu hören. Er schickte das Mädchen heim und erkundigte sich nach den Eltern. Da hörte er nicht viel Gutes. Sie waren übelbeleumdet. Prügeln und Fluchen gehörte bei ihnen zum täglichen Umgang. Das jüngste Kind, das neunjährige Babelein, sei das Schlimmste. Zwar sei es eher still und schüchtern, aber man brauche nur seine Augen zu sehen, um Bescheid zu wissen. Alles höchst verdächtig! Der Pfarrer kannte seine Pflicht.
    Als die Stadtknechte es holten,

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