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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
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zurück.
    Joe verzog den Mund ein wenig. »Vielleicht liegen wir ja diesmal richtig.«
    »Nein«, widersprach ich und schüttelte den Kopf. »Olwen kann es nicht sein.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil das zu einfach wäre. Warum sollte er die Mitglieder seines eigenen Zirkels ermorden? Die Briefe waren als Botschaft gedacht. Und die Art, wie der Täter die erste Leiche abgelegt hatte, sollte vermutlich auch eine Botschaft transportieren. Außerdem habe ich mit Olwen gesprochen, und er macht auf mich einen netten Eindruck.«
    Joe lachte freudlos auf. »Ich hatte schon mit einigen überaus freundlichen und höflichen Mördern zu tun. Lassen Sie sich davon nicht blenden. Das gehört mit zu seinem Kontrollverhalten, in dem Fall ist es Ausdruck der Kontrolle, die er über sich selbst ausübt. Sie können jeden fragen, der schon einmal mit einem Serienmörder zu tun hatte, und jeder wird das Gleiche sagen: dass er ein so ruhiger, sanftmütiger Mann war. Das ist ihr Trick. Sie wollen das Geschehen kontrollieren, und genau deshalb ist Olwen auch zu Ihnen gekommen.«
    »Aber erst nachdem wir ihm seine Zeremonie verdorben haben.«
    »Trotzdem kam er zu Ihnen«, beharrte Joe. »Er nannte Ihnen die Namen. Er hat uns auf diese Fährte geführt. Vielleicht hat er das alles von Anfang gesteuert, von dem Tag an, als er Rebecca Nurse an dem Bach zurückließ und wir ihn nicht verdächtigten. Hatten Sie nicht gesagt, dass er jemand Neues in den Zirkel einführen wollte?«
    Ich nickte. »Eine junge Frau, blond und hübsch.« Während ich das sagte, wurde meine Stimme leiser. Jung, blond und hübsch wie alle anderen. »Sollte sie Sarahs Nachfolgerin werden?«, fragte ich.
    »Möglicherweise.«
    »Und wenn Sie sich irren?«
    »Dann entschuldigen wir uns bei ihm.« Mit diesen Worten eilte er davon, während im Korridor das Geräusch der Pendeltür nachhallte, durch die er gestürmt war.

77
    D ie Stimmung im Polizeipräsidium war angespannt. Anrufe wurden entgegengenommen, man ging Hinweisen nach, doch alle waren von Nervosität erfasst und sahen bei jedem Motorengeräusch hoch, da sie auf Olwens Ankunft warteten.
    Ich stand am Fenster des Bereitschaftsraums, die Kamera hielt ich bereits in der Hand, der Besucherausweis war an meinem Hemd festgemacht. Olwen musste über den Hof aufs Gelände kommen und würde dann übers Kopfsteinpflaster geführt werden, um ins Gebäude zu gelangen. Ich würde von der Szene ein Foto machen und es über eine Agentur verbreiten lassen, weil das genau die Art von Motiv war, das auf einer Titelseite landete, während die Rechte an dem Bild bei mir lagen. Solche Fotos brachten das große Geld und wurden später Teil des Mythos.
    Ich fühlte mich unbehaglich. Aus dem Ganzen war mehr als nur eine Story geworden, und irgendwie kam es mir nicht richtig vor, dass ich derjenige sein würde, der davon profitieren sollte. Doch meine Gewissensbisse waren nicht von langer Dauer, denn auf einmal hörte ich Polizeisirenen und sah, wie das Blaulicht von den umliegenden Mauern zurückgeworfen wurde, ehe Augenblicke später drei Wagen auf den Hof gerast kamen. Im Raum hinter mir setzte lautstarkes Stühlerücken ein, als die verbliebenen Männer von Carsons Truppe ans Fenster gelaufen kamen.
    Olwen saß im mittleren Wagen, und als man ihn aussteigen ließ, sah er sich verängstigt auf dem Hof um. Er hatte den Kopf eingezogen, sein Pferdeschwanz war zerzaust, und seine Jogginghose war so zerknittert, dass es aussah, als hätte man ihn aus dem Bett gezerrt. In Handschellen wurde er von zwei Polizisten zur Tür geführt, während ich eifrig ein Foto nach dem anderen schoss. Er blickte weiter um sich, als versuche er zu verstehen, was eigentlich los war. Plötzlich hob er den Kopf und bemerkte mich, woraufhin er stutzte. In seinen Augen beobachtete ich etwas, das ich nicht deuten konnte. War es Zorn? Oder fühlte er sich von mir verraten?
    Ich nahm die Kamera herunter und schaute weg. Dann warf ich einen Blick auf die Armbanduhr, um zu überlegen, was ich als Nächstes tun sollte. Es war Mittagszeit, und ich wusste, die Polizei würde sich für den Rest des Tages mit Olwen beschäftigen. Solange sie mit ihm nicht fertig war, würde sich nicht viel tun. Vielleicht war es an der Zeit, noch ein paar verwertbare O-Ton-Aussagen zu sammeln.
    Ich griff nach meiner Tasche und ging zur Tür.
    * * *
    Als ich am Gartenzaun vor dem Haus von Sarahs Eltern stand, verspürte ich eine gewisse Nervosität.
    Im Präsidium hatte ich nach Olwens

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