Hexenblut
Farbenspiel, in das die aufgehende Sonne die Felder tauchte. Laura sprach nicht viel, aber ich konnte mir auch so denken, wie es weitergehen würde: Die Mordkommission kam früh wieder zusammen, und sie musste sich in Kürze wieder auf den Weg ins Büro machen.
Nachdem sie aufgelegt hatte, schaute sie mich erstaunt an. »Sie wollen, dass du kommst.«
»Wer ist ›sie‹?«
»Carson und seine Truppe.«
Ich drehte mich wieder zum Fenster und sah nach draußen. Während ich das Tal betrachtete, stellte ich fest, dass die Häuser aus der Nacht aufgetaucht waren. Dunkelheit hüllte sie aber immer noch ein, sodass ich nur ihre Konturen erkennen konnte, um die herum Schatten lagen.
* * *
Karl Carson wartete auf dem Schleppweg am Kanal auf mich, der in der Nähe des Präsidiums lag. Er machte einen nachdenklichen Eindruck und musterte das Wasser, das den Sonnenschein reflektierte. Als ich ihn erreicht hatte, drehte er sich nicht zu mir um, sondern betrachtete weiter den Kanal. »Das sieht schön aus, nicht wahr?«, sagte er schließlich.
Ich ließ meinen Blick über den Kanal schweifen, der hinter einer Biegung verschwand, vorbei an Brombeerbüschen und den hohen Mauern, die vor über hundert Jahren gebaut worden waren. Am gegenüberliegenden Ufer wucherten Lavendelbüsche, die so groß waren, dass einige der bis in den Kanal hineinreichenden Zweige die Wasseroberfläche berührten. Auf den Zäunen hatten sich vereinzelt Vögel niedergelassen. Ich wusste, dass manchmal Barkassen diesen Kanal benutzten, bunt gestrichene Boote mit winzigen Fenstern.
»Ja, sehr schön sogar«, stimmte ich ihm zu.
»Und darunter türmt sich der Unrat«, fuhr er ruhig fort. »Von hier sieht alles gut aus, aber werfen Sie einen Blick unter die Oberfläche, und Sie werden sehen, dass es auf dem Grund von alten Fahrrädern und Autoreifen wimmelt, die dick mit Algen überzogen sind.« Dann sah er mich an. »Danke, dass Sie hergekommen sind.«
Seine Worte überraschten mich. »Ich weiß, warum ich hier bin.«
Er musterte mich skeptisch.
»Es geht Ihnen darum, dass ich den Mund halte«, sagte ich.
»Sie sind Reporter, und Sie haben mir zu verstehen gegeben, dass ich Sie nicht kontrollieren kann.«
»Trotzdem versuchen Sie’s.«
»Wie meinen Sie das?«
»Indem Sie mich in Ihre Nähe lassen«, erklärte ich ihm, »hoffen Sie, dass ich die Story noch nicht schreibe. Ich bin der einzige Reporter, der etwas über die Hintergründe des Falls weiß, und indem Sie mich in dem Glauben wiegen, dass es noch viel mehr Informationen gibt, auf die ich Zugriff bekommen könnte, erhoffen Sie sich, dass ich noch nichts von dem veröffentliche, was ich bereits habe. Vermutlich sind Sie besorgt, wie Sie bei dem Ganzen dastehen werden.«
»Hm, und mich bezeichnen die Leute als zynisch«, wunderte er sich kopfschüttelnd. »Man kann einiges über mich sagen, aber ich bin niemand, der etwas vertuscht.«
»Und weshalb bin ich dann hier?«
»Das hängt davon ab, was Sie wollen. Also, welches Spiel möchten Sie spielen?«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Freier Zugriff auf den Rest der Ermittlungen, wann immer Sie wollen? Oder wollen Sie sich mit dem begnügen, was Sie haben?«
»Sie wissen, wie meine Antwort lauten wird«, entgegnete ich. »Sonst hätten Sie mich nicht herbestellt.« Als er meine Vermutung mit einem Schulterzucken bestätigte, sagte ich: »Dann wollen wir mal mit dem Interview anfangen. Wie fühlen Sie sich, da Sie jetzt wissen, dass Ihnen entgangen ist, was sich tatsächlich abspielte?«
Er zuckte leicht zusammen, wich der Frage jedoch nicht aus. »Jemand ist gestorben. Ich habe diese Frau nicht getötet, aber ich habe den Mord auch nicht verhindert. Das wird mich ewig verfolgen.«
»Was ist mit Sarahs Eltern? Was werden Sie ihnen sagen?«
»Die Wahrheit. Das ist immer das Beste. Sie sind jetzt im Präsidium und werden auf den neuesten Stand gebracht.«
Ich stieß einen leisen Pfiff aus. »Das wird nicht einfach werden.«
Carson seufzte. »Das ist es nie.« Nachdem er einen Moment gedankenverloren vor sich hin gestarrt hatte, fügte er hinzu: »Erst recht nicht, weil sie mir die Schuld dafür geben könnten. Wie sind die beiden?«
»Ein respektables Paar«, antwortete ich und hatte auf einmal Mitleid mit ihm. »Sie hat in der Ehe die Hosen an, aber beide sind sie gute Menschen.«
Carson schwieg und starrte wieder ins Wasser.
»Werden Sie mit der Verbindung zu den Hexen an die Öffentlichkeit gehen?«, fragte ich.
»Noch
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