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Hexenblut

Hexenblut

Titel: Hexenblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil White
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Ankunft überall nach den beiden gesucht, um von ihnen eine abschließende Aussage zu bekommen, mit der ich meinen Artikel beenden konnte, doch mir war gesagt worden, dass sie sich mittlerweile auf den Heimweg gemacht hatten. In etwa konnte ich nachempfinden, wie es ihnen ergehen musste, war doch mein eigener Vater auch plötzlich und brutal aus dem Leben gerissen worden. Deshalb behagte mir der Gedanke nicht, sie jetzt in ihrer Trauer wieder zu belästigen. Andererseits musste ich an meinen Artikel denken.
    Ich rief Laura an, um zu fragen, ob sie bei Katie irgendwelche Fortschritte machte, aber sie antwortete nicht. Ich würde es noch einmal versuchen, wenn ich die Goodes wieder verlassen hatte.
    Das Gartentor knarrte, als ich es öffnete. Ehrlich gesagt hatte ich erwartet, dass sich ein paar Reporter hier tummeln würden, aber offenbar waren die Ereignisse noch zu frisch, und außerdem gab es über eine Verhaftung zu berichten.
    Bevor ich die Tür erreichte, wurde sie mir bereits geöffnet. Mrs Goode stand in der Diele, sie war blass, nur ihre Wangen waren gerötet, da sie geweint hatte. Sie trug das Gleiche wie zuvor, als ich sie im Polizeipräsidium gesehen hatte.
    »Kommen Sie rein, Mr Garrett«, bat sie auf eine höfliche Art, die etwas Reflexhaftes, Automatisches an sich hatte.
    Als ich eintrat, schlug mir bedrückende Stille entgegen. Im Wohnzimmer saß Mr Goode reglos da und stierte mit ungläubiger Miene auf ein Foto, das Sarah als junges Mädchen zeigte, wie sie lachend die Arme um den Hals ihres Vaters gelegt hatte.
    Ich versuchte, mich von diesem Anblick nicht abschrecken zu lassen, denn es fiel mir schon schwer genug, mein Handeln vor mir selbst zu rechtfertigen. Ich wusste, es war pietätlos, den trauernden Eltern irgendwelche Aussagen entlocken zu wollen, doch die Leser wollten etwas über die menschlichen Reaktionen erfahren, sie wollten an der Trauer der Eltern teilhaben. Scham gehörte nun mal nicht zu den Gefühlen, die ein Reporter empfinden sollte.
    »Ich will Sie nicht lange stören«, sagte ich leise. »Ich wollte nur wissen, ob Sie mir sagen könnten, wie es Ihnen im Moment geht. Mir ist klar, Sie müssen mich jetzt wie einen Eindringling wahrnehmen, aber wenn die Leser mit Ihnen mitfühlen, dann bringt das vielleicht den einen oder anderen von ihnen dazu, der Polizei Beobachtungen zu melden, die er sonst nicht für wichtig halten würde.«
    Mrs Goode musste sich erst eine Weile sammeln, ehe sie antwortete: »Es kommt mir so vor, als ob mir alles genommen worden ist. Mein ganzer Daseinszweck ist mir geraubt worden.« Sie schaute zu Boden. »Nein, es ist mehr als nur das.« Ihre Stimme wurde energischer, Tränen stiegen ihr in die Augen. »Ich bin wütend, ich fühle mich leer und betrogen.« Als sie mich wieder ansah, zeigte mir ihr Blick, wie tief dieser Verlust sie schmerzte. »Aber vor allem weiß ich einfach nicht, wie ich den Rest meines Lebens überstehen soll.«
    Ich atmete schwer durch, da ich einen Teil ihrer Gefühle nachempfinden konnte. Meine Kehle war wie zugeschnürt, während ich einige Notizen machte, schließlich fragte ich: »Wussten Sie, dass es eine Festnahme gab?«
    Als sie mich daraufhin ansah, konnte ich ihr anmerken, dass diese Neuigkeit ihr zumindest ein wenig Trost spendete. »Wer ist es?«, wollte sie wissen.
    »Ein Mann namens Olwen. Er behauptet von sich, ein moderner Hexer zu sein. Er leitet einen Hexenzirkel in der Nähe vom Pendle Hill.«
    Nachdem sie über meine Worte nachgedacht hatte, fragte sie: »Hatte Sarah damit etwas zu tun?« Als ich nickte, fuhr sie fort: »Ich dachte mir schon, dass sie ein paar Geheimnisse hat. Aber Geheimnisse machen einen nicht zu einem schlechten Menschen, nicht wahr?«
    »Nein, ganz sicher nicht. Außerdem scheint das eine harmlose Sache gewesen zu sein«, sagte ich leise. Sie ließ den Kopf sinken, und für mich war damit klar, dass die Unterhaltung beendet war. Allerdings hatte ich ja auch bekommen, wofür ich sie aufgesucht hatte: eine Aussage der Familie zu Sarah Goodes Tod.
    »Passen Sie auf sich auf«, sprach ich ihr Mut zu und nahm ihre Hand, die stark zitterte.
    »Ich glaube nicht, dass ich das kann«, erwiderte sie mit schwacher Stimme und zog ihre Hand zurück.
    Ich atmete tief durch. Diese Leute hatten so etwas nicht verdient.
    Auf dem Weg zur Haustür, wohin mich Mrs Goode begleitete, überlegte ich, von wem ich noch eine Erklärung zu Sarahs Tod bekommen könnte. Katie war eine naheliegende Kandidatin, außerdem

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