Hexenbräute
vertraue ich ihr. Sie ist so anders, sie ist mächtig. Wenn sie etwas sagt, trifft es auch zu. Durch nichts lässt sie sich aus der Ruhe bringen. Sie geht ihrem Ziel nach, und sie lässt es nicht aus den Augen.«
Liz nickte und beschäftigte sich bereits mit einem anderen Thema. »Wie war dein Erwachen?«
»Wunderbar. Ich fühle mich frei. Das andere Leben war nur ein Schauspiel. Jetzt stehen wir mit beiden Beinen in unserem echten, und darauf sollten wir uns freuen. Wir können jubeln und aufatmen. Es wird wunderbar sein, und wir werden die nötige Macht bekommen, die wir unbedingt brauchen.«
»Wer ist es? Wer leitet uns?«
»Die große Macht. Erinnerst du dich nicht mehr, wie es früher bei dir ausgesehen hat?«
»Nein, das ist zu weit weg. Ich weiß nur, dass ich in einem Büro gearbeitet habe und...«
»Ach, vergiss es. Wer waren deine Eltern?«, fragte Abigail und reckte ihr Kinn vor.
»Ich kenne sie nicht.«
»Warum nicht?«
Liz senkte den Blick. »Ich wurde adoptiert.«
Auf Abigail’s Gesicht strahlte ein Lächeln. »Wie schön, meine Liebe. Wie schön...«
»Warum sagst du das?«
»Weil ich ebenfalls adoptiert worden bin. Zwei Seelen, zwei Schicksale. Niemand weiß, wer unsere Eltern sind. Niemand weiß, was in unserer frühen Kindheit geschah. Es muss sehr intensiv und schon besonders gewesen sein, sonst hätte uns der Ruf nicht erwecken können. Daran solltest du denken. Es liegt in unserer Kindheit vergraben. Damals sind wir schon ausgesucht worden, und heute haben wir unsere Bestimmung erreicht. Heute besitzen wir die Macht über Menschen, und genau das ist es, was uns beide so stark und schon unbesiegbar macht.«
Liz Salem war überrascht von dem, was ihre neue Freundin alles wusste. Dagegen war sie völlig ahnungslos gewesen. Sie kam sich vor wie jemand, der in kaltes Wasser geschleudert worden war und noch immer strampeln musste, um an der Oberfläche zu schwimmen.
»Du... du... weißt so viel.«
»Das muss auch so sein.«
Die dunkelhaarige Liz hob verlegen ihre Schultern. »Entschuldige, aber ich kenne kaum etwas.«
»Keine Sorge. Ich bin ja da.«
Liz schaute auf ihre Hände. Einige Bluttupfer klebten am rechten Handrücken. Ein Erbe des Typen, der sie unbedingt hatte anmachen wollen. »Dann hat sie dir alles gesagt.«
»Wer sonst?«
Liz hob den Blick wieder an. »Dann kennst du sie?«
Abigail lachte. »Ja und nein. Ich habe sie nur gehört, aber sie ist einfach grandios. Außerdem werden wir sie bald sehen, das verspreche ich dir.«
»Wann und wo?« Liz war plötzlich aufgeregt. Ihr Herz schlug schneller.
»Noch in dieser Nacht. In Salem. Es ist nicht mehr weit bis zu unserem Ziel.«
»Das ist mir bekannt.«
»Gut. Ich kann auch fahren, wenn du willst.«
»Mal sehen. Wie bist du denn hergekommen?«
»Man hat mich mitgenommen.«
»Und?«
»Nichts und.«
»Hat man nicht versucht, dich anzumachen?«
»Nein. Ich erwischte einen Truck, der eine Bühnendekoration transportierte. Die beiden Fahrer waren es gewohnt, von verrückten Typen umgeben zu sein. Da bin selbst ich nicht aufgefallen. Hier habe ich mich dann absetzen lassen.«
Liz staunte. »Und sonst ist nichts passiert?«
»Nein, warum?«
»Ach, nur so. Mich wollte man anmachen.« Sie lachte kalt in der Erinnerung. »Der Typ hat sich eine verdammt blutige Nase geholt, und das im wahrsten Sinne des Wortes.« Sie zeigte Abigail den rechten Handrücken. »Das sind seine letzten Spuren.«
»Sehr gut.«
»Ich musste mich ja wehren.«
Abigail umfasste Liz’ Hände. »Und du hast dich gewehrt, meine Liebe. Du hast es ihm gezeigt, und du hast nicht mal Reue empfunden. Du gehst auf der Siegerstraße, ebenso wie ich. Und diesen Weg werden wir beide weitergehen, das verspreche ich dir. Wir sind neugeboren worden, und gemeinsam können wir die Welt aus den Angeln heben.«
Liz Salem dachte über die Sätze nach. Aber sie hatte noch eine Frage, und die stellte sie auch. »Wir haben neue und wunderbare Kräfte bekommen. Was sind wir jetzt? Hexen?«
Da leuchtete es in den Augen der anderen auf. »Hexen?«, wiederholte sie. »Ja, das ist möglich. Aber mir ist auch ein anderer Begriff eingefallen. Hexenbräute. Ja, wir sind Hexenbräute.«
Liz dachte etwas länger nach. »Wenn es stimmt, was du sagst, wer ist dann unser Bräutigam?«
»Vielleicht der Teufel, meine Liebe.«
»Ja, möglich ist alles.«
Abigail schlug ihr auf die Schulter. »Du solltest dir nicht zu viele Gedanken machen. Es wird Zeit für uns.«
»Das
Weitere Kostenlose Bücher