Hexenbräute
möglich, gut in der Dunkelheit zu sehen. Nicht so wie bei Tageslicht, doch weit war sie davon nicht entfernt.
So fiel ihr auch der Typ auf, den sie schon zweimal gesehen hatte. Zuerst weiter entfernt, dann war er näher herangekommen, und er hatte so getan, als würde ihn das Fahrzeug überhaupt nicht interessieren. Davon ließ sich Liz nicht täuschen. Wer sich so auffällig unauffällig benahm, der musste einfach auffallen.
Mittlerweile sah sie ihn zum dritten Mal.
Diesmal recht nahe.
Er hatte sich am Rand neben eine große Abfalltonne gestellt, als sollte die ihm Deckung geben. Sein Blick war zur Seite gerichtet. Er schaute auf den Honda und konnte auch durch die Seitenscheibe die Umrisse der Fahrerin sehen.
Liz nahm es gelassen. So leicht konnte ihr niemand an den Kragen. Nicht in ihrem neuen Leben. Und sollte er wirklich etwas von ihr wollen, würde sie ihn niedermachen.
Das war genau der Unterschied zu ihrem »ersten« Leben. Ein solches Erlebnis dort hätte Furcht in ihr hochsteigen lassen. Möglicherweise hätte sie auch die Flucht ergriffen. Nun schaute sie mit nahezu kaltem Blick zu und war nur gespannt darauf, wie der Typ es anstellen würde, sich ihr zu nähern. Sicherlich hatte er schon herausgefunden, dass eine Frau allein im Wagen saß. Wenn er wirklich ein Spanner war, würde er sich anschleichen. Er konnte auch mehr sein. Ein Triebtäter, der die Gunst der Stunde nutzen wollte.
Sie blieb gelassen.
Der Mann kam näher. Er löste sich aus seiner grauen Umgebung. Geduckt huschte er auf den Honda zu, dessen Türen nicht verriegelt waren. Liz dachte auch jetzt nicht daran, dies zu ändern. In ihrem neuen Leben fühlte sie sich unwahrscheinlich sicher.
Dann war er da!
Er riss die Fahrertür auf. Sein keuchender Atem wehte in den Wagen und in das Gesicht der Frau, die selbst die Luft anhielt, weil der Atem so widerlich roch. Nicht nur er sonderte den Gestank ab, auch die Klamotten des Typs. Das war kein Fahrer, das war auch kein Tramper. Das war einfach ein Typ, der seinen perversen Spaß haben wollte.
Geduckt stand er da. Eine Hand hatte er auf den oberen Rahmen der offenen Tür gelegt. Noch immer atmete er hechelnd und suchte nach den richtigen Worten.
»He, du bist ja allein!«
»Verschwinde!«
Er schüttelte den Kopf so heftig, dass seine langen fettigen Haare flogen.
»Ich sag’s nicht noch mal!«
»Ich hole dich jetzt! Du bist genau das, was mir noch gefehlt hat an diesem Abend. Wir können es hier treiben, wir können auch wegfahren. Es liegt ganz an dir.«
»Meinst du?«
»Wäre ich sonst hier?«
Liz schaute ihn an so gut dies möglich war. Der Kerl war noch recht jung, keine 30. Aber auch gestört. Das Schimmern in seinen Augen wies darauf hin. Er hatte den Blick gesenkt und stierte auf ihre Brüste. Liz wusste auch, dass er freiwillig nicht verschwinden würde, und zog daraus ihre Konsequenzen. Sie dachte nicht daran, ihn noch einmal zu warnen. Wenn er die richtige Antwort bekam, würde er verschwinden.
»Na, was ist?«
Mit der rechten Hand schlug Liz nur einmal zu. Hinter der heftigen und schnellen Bewegung steckte genau die Kraft, die nötig war, um sich Respekt zu verschaffen.
Sie hörte es klatschen, als ihr Handrücken das Gesicht des Mannes traf. Er gurgelte auf. Er taumelte vom Wagen weg. Etwas Dunkles rann aus seinen Nasenlöchern.
Liz lächelte. Noch hatte der Typ Glück. Einen zweiten Angriff würde er nicht überleben.
Außerhalb der Parkflächen war der Boden nicht so eben. Das merkte der Mann sehr schnell. Ob er nun über seine eigenen Beine gestolpert war oder über eine Unebenheit, konnte Liz nicht feststellen. Jedenfalls fiel er und landete auf seinem Hintern. Zugleich riss er beide Hände hoch und presste sie gegen sein Gesicht. Er wälzte sich im Gras. Verständlich bei diesen Schmerzen.
Liz Salem lächelte wissend, bevor sie die Tür wieder zuzog. Es war so leicht, einen Sieg zu erringen, so herrlich leicht. Früher hätte sie sich nicht getraut, auf dem Platz zu warten und wäre vor Angst vergangen, wenn ein solcher Typ aufgetaucht wäre. Heute machte es ihr nichts aus. Da war sie die Siegerin. Er würde es nicht wagen, sie noch mal anzugreifen.
Er blieb auch nicht liegen. Ächzend stand er auf. Er stieß dann irgendwelche Worte blubbernd aus, hielt die Hand noch immer gegen sein Gesicht gepresst und rannte vom Parkplatz weg in die Dunkelheit des Geländes.
»Schicksal«, murmelte sie. »Er ist an seinem Schicksal selbst schuld. Er hätte sich
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