Hexenbrand
stehen, und zwar so, dass sie uns anschauen konnte. Der Mund bewegte sich, und wir hörten auch weiterhin das Keuchen.
Dort, wo das Kreuz sie berührt hatte, löste sich die Haut auf. Wir hörten kaum noch etwas, aber wir sahen, dass sich der Ausdruck in ihrem Gesicht veränderte. Es fiel praktisch zusammen. Nichts blieb mehr von ihm übrig, und dann war es auch mit der Unperson vorbei.
Sie fiel zu Boden. Wir hörten den Aufprall, und Sekunden später war es vorbei.
Sie lebte nicht mehr. Auch nicht als Blutsaugerin. Sie hatte ihrem Schicksal nicht entgehen können.
Suko blickte mich an. Dabei nickte er. »Das hat wohl so sein müssen«, sagte er.
»Sicher.«
Gut, dieser Akt war vorbei. Aber noch längst nicht das gesamte Drama. Das setzte sich fort, und wenn wir ehrlich waren, standen wir erst am Beginn.
Ich ging zur Tür und ließ meinen Blick über die Straße schweifen. Dabei sagte ich: »Es ist von zwei blonden Frauen gesprochen worden. Die eine war sehr blond.«
»Justine Cavallo.«
»Genau, Suko.«
Mein Freund kam zu mir und murmelte: »Dann frage ich dich, wie das alles zusammenpasst.«
»Ich habe keine Ahnung. Noch nicht.« Ich zählte auf. »Jane Collins, der Henker, die Hexen, Assunga, da kommt einiges zusammen …«
»Und die Cavallo.«
»Ja, Suko, ja. Sie ist für mich das große Rätsel. Ich weiß nicht, wie ich sie einordnen soll.«
»Sie ist wieder okay. Die Spuren der Vergangenheit sind getilgt worden. Sie kann sich wieder so bewegen wie früher, und genau das hat sie gewollt. Jetzt kann sie anfangen. Jetzt kann sie ihre Prioritäten setzen.«
»Gegen Assunga?«
Ich musste lachen. »Das ist die Frage. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was die beiden so unterschiedlichen Personen zusammengebracht hat.«
»Sie sind keine Menschen.«
Ich gab ihm recht. »Aber Hexen und Vampire, das passte bisher nie zusammen.«
»Stimmt auch.«
Wir konnten es drehen und wenden, wie wir wollten, wir brachten es einfach nicht in die Reihe.
Aber da gab es noch etwas, das uns eigentlich mehr zum Nachdenken bringen musste.
Jane Collins!
Sie war die große Unbekannte. Warum hatte man sie geholt? Welche Rolle spielte sie?
Oder war der Henker hinter ihr her?
Das konnte es auch sein. Jane war zwar für uns keine Hexe, aber für andere schon, und das hatte vielleicht auch der Henker herausgefunden. Möglicherweise waren die Hexen schneller gewesen und hatten Jane in Sicherheit gebracht.
Wenn ja, wohin?
Auch das war die große Frage. Suko und ich hatten nicht die geringste Ahnung, wo wir ansetzen sollten. In der letzten Zeit hatten wir kaum mit der Cavallo zu tun gehabt. Deshalb wussten wir auch nicht, wo sie sich versteckt hielt.
Bei Assunga war es ähnlich. Auch sie hielt sich verborgen, sie und ihre Hexen.
Ich schaute Suko an, der mir zunickte und sagte: »Sieht nicht gut aus, John.«
»Ja, du hast leider recht …«
***
Jane Collins lebte. Ihr ging es sogar relativ gut. Es gab da nur einen Punkt. Sie wusste nicht, wo sie sich befand. Sie hatte ihre Entführerin danach gefragt und zur Antwort erhalten, dass sie sich in einem Hexenhaus aufhielt.
Jane nahm das als Tatsache. Ein Hexenhaus. Kein Knusperhaus wie aus dem Märchen, sondern ein Haus, in dem Hexen lebten. Nur das konnte es sein.
Aber wo? Wo genau befand sich das Haus? Sie waren hingefahren, aber Jane kannte die Gegend nicht.
»Na, jetzt sind wir wieder zusammen, Jane. Schön, nicht?«, kicherte Justine Cavallo.
»Ich hätte darauf verzichten können.«
»Kann ich mir denken. Aber das Spiel ist noch nicht vorbei, das musst du einsehen. Wir treiben es weiter, und so sind wir wieder zusammen, nur eben unter anderen Umständen. Aber das soll dich nicht weiter stören. Du bist bald bei denjenigen, bei denen du dich wohl fühlen kannst.«
»Ach? Und wo?«
»Bei den Hexen. Man hat nicht vergessen, dass du eine Hexe bist, liebe Jane.«
»Das bin ich nicht, verdammt!«
»Doch, das bist du.«
Jane Collins sagte nichts mehr. Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, wenn sie versuchte, der Cavallo zu widersprechen. Jane hatte es vor der Autofahrt erlebt, und noch immer hatte sie die Schläge nicht so richtig verdaut.
Die Blutsaugerin fuhr weiter. Jane spielte nicht mal mit dem Gedanken, sie zu überfallen. Sie wusste genau, dass sie keine Chance hatte, Justine zu überwältigen.
Allmählich nur ging es ihr besser. Es war aber noch immer die gleiche Situation. Sie lag auf dem Rücksitz, und die Türen waren verschlossen.
Wo würde die
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