Hexenerbe
Schwarze Feuer doch wieder beschwören könnt, dürft Ihr uns benachrichtigen. Abgesehen davon sagen wir uns in jeder Beziehung von Euch los.«
Luc starrte die Richter ungläubig an. Sie schenken mir die Freiheit? Sie erlaubten seiner Familie, allerhand zu planen und zu beginnen, ohne sich vor dem Obersten Zirkel dafür verantworten zu müssen?
Luc hätte ihnen beinahe in die finsteren Gesichter gelacht. Ihre Dummheit war unfassbar.
»Eure Familie wird in die amerikanischen Kolonien ins Exil geschickt«, fuhr Moore fort, »auf einhundert Jahre. Dort müsst Ihr bleiben. Sollte ein Deveraux oder eines Eurer Hexentiere auch nur einen Fuß in den Ozean tauchen, werden wir Eure Familie vernichten.« Moore hob die Hand. »Und Euer Geistertier Fantasme wird als unsere Geisel hierbleiben, bis die einhundert Jahre des Exils vorüber sind. Wenn wir erfahren, dass Ihr versucht habt, jenes Land zu verlassen, das zu Eurem Gefängnis bestimmt wurde, werden wir den Vogel töten und seine Seele im Wind der Zeitalter zerstreuen.«
Als wollte er diese Drohung unterstreichen, klatschte Moore in die Hände. Zwei Hexer in langen Roben traten ein, eine dicke Stange auf den Schultern. Von der Stange hing ein mit Spitzen versehener eiserner Käfig. Darin saß der stolze Vögel mit einer Haube auf dem Kopf und ledernen Fesseln um die Beine. Er hockte elend zusammengekauert da und litt offensichtlich Schmerzen.
»Was habt Ihr ihm angetan?«, fuhr Luc auf und trat einen Schritt vor.
»Betrachtet ihn als unseren Prügelknaben«, antwortete Moore, der sich an Lucs Sorge weidete. »Sollte ein Mitglied Eurer Familie einen Fehler begehen, wird Fantasme dafür gefoltert.«
Luc biss die Zähne zusammen. Es würde nichts nützen, zu protestieren oder um Gnade für Fantasme zu bitten. Abgesehen davon war Fantasme ein Deveraux. Der Vogel würde eher eines langsamen, qualvollen Todes sterben, als mit anhören zu müssen, wie ein anderer Deveraux um irgendetwas flehte, geschweige denn um Fantasmes Leben.
»Also schön«, sagte Luc knapp und neigte hoheitsvoll den Kopf. »Ich nehme das Urteil des Gerichtes an.«
Moore lächelte breit und gab dem Hexer mit der Fackel ein Zeichen. Der Mann hielt sie an das Deveraux-Banner. Die Flammen erfassten den Stoff und rasten über das Antlitz des Grünen Mannes. Der Rauch drang in Fantasmes Nasenöffnung, und der Vogel versuchte, zornig mit den Flügeln zu schlagen und zu kreischen. Doch er war straff gefesselt, und sein Schnabel in der maskenartigen Haube blieb stumm.
Die Richter verkündeten wie aus einem Munde: »Das Haus Deveraux ist verbannt. Wehe dem Hexer, der ihnen Beistand leistet, ihnen Freundschaft oder Unterstützung erweist. Dem Obersten Zirkel gilt das Haus Deveraux für tot.«
Die Richter tranken jeder einen Schluck Wein aus den Kelchen vor ihnen. Sie schluckten, griffen nach den schwarzen Kerzen, drehten sie um und drückten die flackernden Dochte auf die Tischplatte.
Das einzige Licht in der Halle kam nun von den Flammen, die das Banner des Hauses Deveraux verzehrten.
»Geht jetzt«, sagte Moore zu Luc. »Lauft und flieht, denn bis zum nächsten Vollmond müsst Ihr dieses Land verlassen haben. Sollten wir Euch dann noch hier finden, werden wir Fantasme vernichten und Euch und alle Eure Gefährten in Stücke hacken und an die Höllenhunde verfüttern. Eure Köpfe werden wir am Tor aufspießen und eure Seelen Satan übergeben.«
Luc wandte sich ab. Er bedurfte keiner weiteren Ermunterung, die Halle zu verlassen.
Seine lange Robe flatterte hinter ihm, und die anderen starrten ihn schweigend an. Seine Stiefel hallten bei jedem Schritt auf dem kalten Steinboden. Rauch kräuselte sich hinter ihm in die Höhe, begleitet vom Zischen der Flammen, die das Banner seiner Familie fraßen.
Bei meiner Ehre, dafür werden die Cahors bezahlen, dachte er. Ich werde sie jagen und vernichten, ohne Unterlass.
Und irgendwann werden wir auch das Haus Moore stürzen.
Das schwöre ich bei meiner Seele.
Satan soll sie verschlingen, falls ich versage.
Wisset, Cahors: Unsere Blutfehde wird in alle Ewigkeit fortbestehen. Und jeder Deveraux, der eine von euch verschont, soll des Todes sein.
Zwei
Mondstein
Wir suchen und hetzen unsere Opfer
Im gesegneten Tageslicht
Verfluchen den Mond auf seiner Bahn
Der Frauen subtile Macht verleiht
Wir beten zur lieblichen Göttin
Die uns den Vollmond als Zeichen schickt
Frieden sei mit all unseren Lieben
In deren Herzen die Göttin wohnt
Der Cathers-Coven:
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