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Hexengericht

Hexengericht

Titel: Hexengericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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ausreichenden Vorsprung.«
    Pierre und Amicus hoben die bewusstlose Luna auf die Trage und schafften sie hinaus.
    Raphael baute sich vor Dubocq auf und zog ihm den Knebel aus dem Mund. »Ihr spracht von einem jüdischen Medicus in Montpellier. Wie ist sein Name?«
    Dubocq wandte den Kopf zur Seite.
    »Amicus!«, rief Raphael.
    Sogleich eilte der herbei und hielt Dubocq sein Messer an den Hals.
    »Ich warte auf Eure Antwort«, sagte Raphael.
    »Wohlan, ich … ich rede«, stammelte Dubocq. »Sein Name ist Juda ben Zekharya ibn Tibbon. Mehr weiß auch ich nicht. Und wenn ihr mir die Kehle durchschneidet.«
    Raphael nickte Amicus zu, worauf dieser das Messer wegsteckte. »Gebt mir Geld«, bat Raphael Jeanne.
    »Meint Ihr wirklich?«, fragte sie.
    »Wir haben es versprochen.«
    »Also gut«, sagte Jeanne. Sie zog aus einer Satteltasche einen prall gefüllten Beutel.
    Raphael hielt Dubocq den Beutel vor die Nase. »Hier! Wir halten uns an unsere Vereinbarung. Es ist mehr als genug. Dafür erwarten wir von Euch, dass Ihr keiner Menschenseele ein Wort über uns erzählt. Solltet Ihr dennoch schwatzen, stattet Euch unser Freund einen Besuch ab. Ihr habt mich verstanden?«
    Dubocq nickte heftig. Raphael steckte dem Arzt den Knebel wieder in den Mund, warf die Geldkatze auf das Bett und griff nach Jeannes Arm.
    Vor der Tür warteten Pierre und Amicus. Inzwischen war es dunkel. Von irgendwoher drang das schaurige Läuten der Totenglocke zu ihnen herüber. Lunas Trage war wieder an ihrem Pferd befestigt. »Was machen wir jetzt?«, fragte Amicus.
    »Luna hat gesagt, wir müssen nach Montpellier«, sagte Raphael und stieg in den Sattel. »Und offenbar werden wir dort den Medicus finden, dessen Bestimmung es ist, ihr Leben zu retten.«

    Dubocq konnte sich tatsächlich erst am Morgen befreien. Er warf die Fesseln fort, riss den Knebel aus seinem Mund und fluchte kräftig. Erschöpft kroch er auf den Tisch zu. Er griff nach dem Wasserkrug und trank ihn leer. An das Bett gelehnt, atmete er mehrmals tief durch. Das verdammte Pack hätte ihn um ein Haar umgebracht! Er tastete auf dem Bett herum, bis seine Finger den Geldbeutel fassten. Schwer lag der Beutel in seiner Hand. Er grunzte und zog den Lederriemen auf. Goldmünzen verschiedener Größe blitzten ihn an. Sie linderten rasch die Qualen der vergangenen Stunden voller Todesangst. Kurz überlegte er, ob er die Stadtwachen hinter dieser skrupellosen Mörderbande herschicken sollte, verwarf den Gedanken aber wieder. Dieser Goliath könnte womöglich entkommen und ihm tatsächlich die Gurgel durchschneiden. Nein, das war keine famose Idee. Besser das Gold in der Hand als den Leib in der Erde. Er grinste über diesen, wie er fand, geistreichen Gedankenblitz.
    Er wechselte die Kleider, warf einen prüfenden Blick in den Spiegel, griff schwarze Kappe und Stock und ging hinaus auf die Straße. Er wackelte die schmale Gasse hinunter, hielt sich links und erreichte bald den Marktplatz neben der Kirche. Von hier war es nicht mehr weit bis zur Schänke seines alten Freundes Thadée.
    Schwungvoll stieß er die Tür auf. Drinnen war es angenehm kühl. Er achtete nicht auf die Gäste im Schankraum, er achtete nie auf andere, sondern ging direkt zu seinem Stammtisch vor dem Fenster.
    Thadée stand vor einem Weinfass an der Rückseite des Schankraums. Er sah auf. »Gott zum Gruße, Georges.« Er lächelte und kam herüber.
    Dubocq murmelte etwas Unverständliches.
    Thadée lachte. »Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?«
    Dubocq winkte ab. »Schwatz nicht so viel, sondern schenk mir Wein ein.«
    Schon standen Becher und Krug vor Dubocq. »Kerbelsuppe wie immer, Georges?«
    »Nein«, antwortete Dubocq. »Ich gedenke nur kurz in deinen verdreckten Wänden zu verweilen. Füll mir zwei Schläuche Wein voll.«
    »Dein Wunsch soll erfüllt werden«, gab Thadée zurück. Er rief seiner Frau, einer kleinen, drallen Person, Dubocqs Bestellung zu. Dann setzte er sich an den Tisch. »Wie geht es dem alten Schlachtross?«, fragte er.
    »Bah«, machte Dubocq. Er verspürte nicht das geringste Bedürfnis nach einer Unterhaltung.
    »So schlimm?« Wieder lachte Thadée.
    Dubocq sah auf. »Hast du nicht irgendein Schwein zu schlachten oder ein Fass Bier aus dem Keller zu holen?«
    »Alle Achtung«, sagte Thadée, »dir ist aber übel mitgespielt worden.«
    »Das geht dich einen Dreck an«, sagte Dubocq.
    Thadée gab nicht auf. »Mir kannst du es doch erzählen, alter Freund.«
    Zuerst zögerte Dubocq

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