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Hexengericht

Hexengericht

Titel: Hexengericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Fandrey
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zusteckte, gelangte er durch die Hintertür in den Garten, wo die fünf Pferde grasten.
    »Ich hoffe, Ihr wisst, in welche Gefahr Ihr Euch begebt«, sagte Amicus, als er aufstieg.
    »Macht Euch keine Sorgen«, antwortete Raphael. Sie nahmen Pierres und Lunas Pferd mit. Giacomo ließ ohnehin niemanden außer Jeanne auf seinen Rücken.
    »Ihr kennt den Weg zum Markt?«, fragte Raphael Amicus.
    »Gewiss. Ich bin dort auf der Suche nach Pierre vorbeigekommen.«
    Gemächlich ritten sie durch die Stadt. Auf dem Marktplatz angekommen, wollte Raphael die Pferde vor einer Schänke anbinden, doch Amicus hielt ihn davon ab. Er sagte, es wäre sicherer, die Tiere nicht aus den Augen zu lassen. Raphael schaute über den leer gefegten Markt. Es war bei den wenigen Menschen auf dem Platz so gut wie unmöglich, die Pferde aus den Augen zu verlieren. Aber Amicus sollte seinen Willen haben, und so führten sie die Tiere mit. »Habt Ihr die Liste?«
    Amicus zog ein Stück Pergament hervor, auf das Juda in aller Eile die benötigten Dinge gekritzelt hatte. Er gab es Raphael.
    »Lest ruhig vor.«
    Amicus begann zu stottern. »Ich … na ja …«
    Da erst begriff Raphael.
    »Gebt sie mir«, sagte er schnell. »Es ist wohl besser, wenn Ihr die Sachen tragt. Ich dürfte viel zu schwach dafür sein.« Er lächelte.
    Amicus tat, als wäre nichts gewesen. Er blickte zu den wenigen Marktständen und sagte: »Wohlan. Was hat Juda uns aufgeschrieben?«
    Raphael studierte die Aufstellung. »Eier, Mehl, Butter, Käse, Erbsen, Schinken und derlei mehr.«
    In aller Ruhe kauften sie die Dinge, die auf Judas Liste standen. Wann immer die Last zu schwer für Amicus’ starke Arme wurde, beluden sie die Pferde und kehrten dann zurück.
    Raphael blickte auf das Pergament. »Bald ist es geschafft«, sagte er. »Noch ein Dutzend Kerzen, drei Löffel und fünf große Töpfe.«
    »Auf zu Kerzenmacher, Löffelschnitzer und Töpfer«, sagte Amicus.
    Während Amicus um den Preis für die viel zu teuren Kerzen feilschte, nahm Raphael den Marktplatz in Augenschein. Schimmerte irgendwo der Habit eines Dominikaners? Preschte plötzlich eine Horde Reiter aus einer Gasse? Aber nirgends war etwas Ungewöhnliches zu entdecken. Da blieb sein Blick an einer kleinen Kirche haften. Ihre Mauern mussten schon sehr alt sein. An den rissigen Wänden waren Steine herausgebrochen. Auf dem Dach fehlten Schindeln, einige lagen zerbrochen auf dem Pflaster. Diebe hatten offensichtlich die kleine Glocke gestohlen. Das Glockenseil flatterte lose im Wind. Ein Anblick voller Melancholie und ein Symbol vergehender Zeit.
    Sie gingen weiter zum Löffelschnitzer und danach zum Töpfer. Schließlich luden sie alles auf den Rücken der Pferde.
    Amicus wollte schon aufsteigen, zögerte dann aber, als er Raphaels versonnenen Blick sah. »Worauf wartet Ihr?«
    »Seht Ihr die Kirche dort vorn?«
    »Ihr meint die Ruine?«
    »Auch eine Kirchenruine ist ein Haus Gottes«, mahnte Raphael lächelnd und mit erhobenem Zeigefinger.
    »Worauf wollt Ihr hinaus, Bruder?«
    »Ich war seit Monaten nicht mehr in einer Kirche«, sagte Raphael. »Ich will endlich wieder vor dem Kreuz des Herrn beten. Auf geweihtem Boden. Und wenn es nur für wenige Augenblicke ist.«
    »Ihr wisst, dass wir in größter Gefahr sind?«
    »Gewiss«, sagte Raphael. »Aber im Augenblick sehe ich keinen Grund, der mir verbietet, vor dem Altar zu knien, um mit Gott Zwiesprache zu halten.«
    »Nur weil Ihr keinen Grund seht, heißt das nicht, es gäbe keinen«, wandte Amicus ein.
    »Der Herr in seiner Weisheit hätte diese Kirche nicht vor meine Nase gestellt, wenn Er nicht wollte, dass ich in ihr bete«, erwiderte Raphael.
    Amicus gab seufzend auf. »Wie Ihr wollt«, sagte er. »Ich warte auf Euch in der Schänke nebenan.«
    Sie führten die Pferde über den Platz. Vor der Schänke wollte Raphael sie anbinden, aber Amicus schickte ihn gleich in die Kirche.
    So ging Raphael die wenigen Schritte zu dem verfallenen Gotteshaus, während Amicus sich um die Tiere kümmerte. Er achtete nicht auf den schwarzen Hengst, der vor den geschlossenen Toren stand, sondern winkte Amicus zu, der gerade die Schänke betrat. Dann stieg er die zwei Stufen empor. Er langte nach den von Holzwürmern zerfressenen Griffen der beiden Tore … und erstarrte. Wie von Geisterhand öffneten sich die Tore, und er blickte in das hässliche Gesicht von – Imbert! Ein erstickter Schrei drang aus Raphaels Kehle. Instinktiv wich er zurück.
    Imbert lächelte. »Ich habe

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