Hexengewitter

Dämonen, die den Untergang Vangas verkündeten. Gab es noch Schiffe dort unten auf dem Meer? Wenn sie nur etwas hätte sehen können! War die gesamte Flotte von dem Hexengewitter betroffen oder nur ein Teil? Ballten sich gar die verheerenden Gewalten nur um die Silberspeer herum zusammen?
    Hasbols Geist verwirrte sich zusehends. Sie preßte sich die Hände gegen die Ohren, konnte die Entsetzensschreie der Kriegerinnen nicht mehr ertragen.
    Der Himmel tat sich auf. Die Wolkenbänke wichen zur Seite, und ein blutrot glühender Ball wuchs am Firmament zu gewaltiger Größe. Aber das war nicht die Sonne, konnte nicht die Sonne sein!
    Und wieder hallten die Worte der Zaem in ihrem Bewußtsein:
    »Ich werde euch beistehen, soweit es meine Möglichkeiten zulassen, doch alle Widernisse vermag selbst ich nicht aus dem Weg zu räumen!«
    Dann hilf uns jetzt! schrie es in Hasbol. Steh uns bei, bevor du keine Dienerinnen mehr hast!

3.
    Längst hatte die Flotte die Krerell-Inseln hinter sich gelassen, von denen Rakiav die südlichste war. Und so kam es, daß Mythor, Gerrek, die Inselweiber und die Amazonen nur ein fernes Donnern hörten und weit im Süden eine dunkle Wolkenbank sahen, in der es heftig wetterleuchtete.
    Was dies zu bedeuten hatte, war ihnen hingegen allen klar.
    »Es fängt an«, sagte Kalisse. »Zaems Prophezeiung erfüllt sich. Die Zaubermütter um Zahda wehren sich. Vielleicht ist es ganz gut, daß wir uns nicht auf der Südwind befinden.«
    Mythor schüttelte unwillig den Kopf.
    »Wir werden auf das Schiff warten, von dem Ranky glaubt, daß es an Rakiav vorbeiziehen wird. Und da es sich nur um einen Nachzügler handeln kann und an der Ostküste erscheinen wird, müssen wir die Boote wohl oder übel dorthin bringen.«
    Woran er selbst niemals wirklich geglaubt hatte - es war eingetreten. Nach langem Fußmarsch an der Küste entlang, nach kräfteraubenden Kletterpartien über unwegsames Gelände hatten sie ein Dorf gefunden.
    Es befand sich an der südwestlichen Spitze Rakiavs, weitab von den Routen, die die Schiffe der Zaem nehmen mußten. Der Wind pfiff von Süden her durch die Büsche und Felsritzen, was verwunderlich genug war. Mythor fand nur die Erklärung, daß es sich um Auswirkungen des Unwetters handelte, das noch weiter im Süden tobte. Ab und an setzte leichtes Schneetreiben ein.
    Doch auch das störte ihn kaum - nicht mehr, seitdem er die Boote am Strand gesehen hatte. Denn es schien nun, als hätte ihm das Schicksal selbst einen Wink gegeben, als zeigte sich endlich ein Silberstreif am bislang so finsteren Horizont.
    Das Dorf war verlassen, und die drei kleinen, sehr leichten Boote konnten unmöglich von den ehemaligen Bewohnern zurechtgezimmert worden sein. Sie bestanden aus einem festen Holzgerüst und Fischhäuten. Letztere sich zu besorgen dürfte den Insulanern kaum schwergefallen sein, waren doch Fische ihre wichtigste Nahrungsgrundlage. Das Holz jedoch stammte mit Sicherheit nicht von Rakiav, und Spuren im Schlick zeigten deutlich, daß bis noch vor kurzem weitere Boote hier gelegen hatten.
    »Ich schätze«, murmelte Kalisse, »daß wir Glück hatten, das Dorf hier verlassen vorzufinden. Bei den Bewohnern muß es sich um solche gehandelt haben, von denen Josnett berichtete - Kannibalinnen. Natürlich gingen sie in erster Linie auf Fischfang, was sie jedoch kaum daran hinderte, auch auf menschliche Beute Jagd zu machen, wenn sich die Gelegenheit bot.«
    Gerrek reckte sich. Von den Inselweibern um Ranky als deren Retter gepriesen, war sein Selbstbewußtsein während der letzten Stunden stark gestiegen.
    »Und wenn schon! Wir hätten sie ebenso in die Flucht geschlagen wie die Horsiks.«
    Mythor nickte.
    »Das denke ich auch, Kalisse«, sagte er, ohne auf Gerreks Bemerkung einzugehen. »Das Holz für die Boote kann nur von einem Schiff stammen, dessen Mannschaft unvorsichtig genug war, Rakiav anzulaufen. Was aus ihr geworden ist, werden wir nie erfahren. Ich denke, daß das Schiff bis vor wenigen Tagen noch hier vor Anker lag. Dann erschien die Vision der Zaem am Himmel, und die Inselbewohnerinnen gingen an Bord und nahmen Kurs auf den Hexenstern.«
    »Ist das für uns wichtig?« knurrte Scida. »Sie waren so freundlich, uns die Boote zurückzulassen, die sie nicht brauchten. Nehmen wir sie und verschwinden damit!«
    »Blitz und Donner!« rief Ranky aus. »Du redest nicht viel, Alte. Doch wenn du den Mund aufmachst, gefällst du mir - es sei denn, du jammerst über diese Lacthy! Verlieren