Hexengift
ausgebüchst.«
Hamils Augen weiteten sich. »Doch nicht etwa Jarrow?
Nein, natürlich nicht. Du würdest wohl kaum so entspannt hier sitzen, wenn das passiert wäre. Wer war es denn?«
»Genevieve Kelley. Sie hat übernatürliche Kräfte, und es besteht zumindest die Möglichkeit , dass sie eine Manipulatorin ist. Sie lag lange Zeit in einer Art Koma, dann hat Jarrow sie während eines Fluchtversuchs aufgeweckt, und jetzt ist es Genevieve, die draußen frei herumläuft. Ich werde sie aufspüren, bevor ihr irgendetwas zustößt oder sie etwas anstellt.«
»Gibt es eine Beschreibung von ihr? Ich kann sie unter meinen Kindern rumgehen lassen.«
Marla zuckte mit den Achseln. »Weiße Frau, hellbraunes Haar, klein. Sie trägt eine gelbe Bluse und einen schwarzen Schal … Moment.« Marla runzelte die Stirn. »Streich das Letzte. Wir wissen nicht, was sie anhat. Wahrscheinlich ein Nachthemd. Ich habe keine Ahnung, warum ich dachte … Hm. Irgendwie seltsam. Ich habe so ein Bild im Kopf, dass sie Gelb und Schwarz trägt.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich sage Rondeau, dass er das Foto herschicken soll.«
»Dann rechne ich also in sechs bis acht Wochen damit«, meinte Hamil trocken.
Marla grinste. Rondeau war nicht gerade ein verlässlicher Kurier. » Und ich habe die Bekanntschaft eines Zeitattentäters gemacht. Ein paar von denen sind in der Stadt und suchen einen ihrer Weggefährten.«
Hamil ließ sie von ihrer Unterhaltung mit Kardec erzählen. Er schnalzte mit der Zunge. »Ein ereignisreicher Vormittag also. Ich hoffe nur, dieser Zealand ist nicht in die Stadt gekommen, um jemanden zu eliminieren, den wir kennen. Nun, es sei denn, es handelt sich um Gregor. Dem würde ich
keine Träne nachweinen.« Sein Telefon klingelte, und Hamil meldete sich. »Ja bitte? Ah, Mr. Kindler, ich lasse Sie rein.« Er klappte das Telefon wieder zu. »Dein hübscher Junge wartet unten. Sei nicht zu streng mit ihm. Er ist bestimmt sehr zerbrechlich.«
»Ja, ein zartes Gewächs, das es gewöhnt ist, immer zu bekommen, was es will. Ich glaube, ein kleiner Schubs könnte ihm mal ganz guttun.« Marla ließ ihre Fingerknöchel knacken.
Ein paar Sekunden später klingelte es an der Tür, und Hamil machte auf. »Bitte, kommen Sie rein«, sagte er, und Joshua Kindler betrat den Raum.
Jetzt, da sie ihn sah, konnte Marla ihren Blick nicht mehr von ihm wenden. Diese schmalen Hüften, die hellen Augen mit den langen, dunklen Wimpern, die perfekt geschwungenen Lippen, sein kupferfarbenes, gelocktes Haar, die eleganten Hände, seine ganze Erscheinung. Wenn man ihn ansah, war es, als nippe man an zwölf Jahre altem Brandy, als würde man sich in eine flauschige Daunendecke kuscheln, als liege man in einem warmen Duftbad. Allein sein Äußeres war pure Sinnlichkeit. Von der Vorstellung, ihn zu berühren, wurde ihr schwindlig …
Verdammte Pheromone. Oder Aura-Manipulation oder empathische Projektion oder wie zum Teufel er es anstellt . »Mr. Kindler«, sagte sie und ließ möglichst viel Stahl in ihrer Stimme mitschwingen. »Wenn Sie für mich arbeiten, werden Sie lernen müssen, pünktlich zu sein.«
Kindler stand immer noch in der offenen Tür. Er sah erschrocken aus, und in seiner Erschrockenheit war er umwerfend schön. Marla fragte sich, ob sie die Erste war, die
diesen Ausdruck auf seinem Gesicht zu sehen bekam, oder vielleicht sogar die Erste, der es gelungen war, ihn zu verursachen.
»Ich habe mich noch nicht bereit erklärt, für Sie zu arbeiten, Ms. Mason«, sagte er vorsichtig. »Ich bin lediglich hier, um Sie anzuhören.« Marla zuckte mit den Achseln. »Dann kommen Sie mit in Hamils Büro, und wir reden.«
»Wenn es dir nichts ausmacht, Marla, ich muss noch ein paar Telefonate erledigen«, sagte Hamil. Auch er konnte den Blick nicht von Joshua wenden.
Marla nickte und bat Joshua, ihr zu folgen. Er bewegte sich wie eine Wolke, schwebend, und zum ersten Mal fiel ihr seine Kleidung auf: ein strahlend weißer Mantel über einem makellosen Hemd und einer elegant geschnittenen Freizeithose. Die meisten Liebesflüsterer hielten sich nicht lange damit auf, viel Mühe auf ihr Aussehen zu verwenden; sie verließen sich voll und ganz auf ihre magische Anziehungskraft, die ohnehin jeden, dem sie begegneten, für sie einnehmen würde. Marla hatte ein paar kennengelernt, die tatsächlich herumliefen wie die letzten Penner, die es genossen, Leute zu verführen, während sie in der Nase bohrten oder an einer stinkenden, billigen Zigarre
Weitere Kostenlose Bücher