Hexengift
Stadt zu einer Art Mini-Armee organisiert. Er ernährt sie, trägt dafür Sorge, dass sie gesund bleiben, und wenn sie alt genug sind, hilft er ihnen, von der Straße wegzukommen. Es geht ihm nicht um Sex. Ich behaupte nicht, dass seine Beweggründe moralisch unantastbar sind - er verfolgt durchaus ein gesundes Eigeninteresse bei dieser Sache -, aber er macht nichts Perverses. Keiner kümmert sich großartig um Straßenkinder. Keiner traut ihnen zu, dass sie irgendetwas mitbekommen oder dass es sie auch nur im Geringsten interessieren würde, wenn sie es täten. Aber diese Kinder kommen überall hin, und sie sind neugierig wie nochmal was. Sie sind die perfekten Spione. Und das ist auch der Grund, warum Hamil so fett ist: Weil er so viele Mäuler zu stopfen hat.«
Joshua sah verwirrt aus. »Das verstehe ich nicht. Was hat das mit seinem Körperumfang zu tun?«
»Sympathiezauber, Joshua. Hamil achtet darauf, dass er
immer schön fett ist, damit seine Kinder nie hungern müssen. Die sind alle mit ihm verbunden. Das ist so wie bei … kennen Sie die Geschichte vom König der Fischer? Dem König, der mit seinem Land verbunden ist? Wird er krank, verdirbt die Ernte, ist er gesund, gedeiht alles. Bei Hamil ist es genauso, nur in kleinerem Maßstab. Solange er satt ist, sind es auch seine Kinder. Außerdem ist Fettleibigkeit ein Indikator für Reichtum, zumindest in der magischen Welt, und solange Hamil wohlhabend erscheint , bleibt er es auch.«
»Es gibt eine Menge Leute, die fett sind, aber alles andere als wohlhabend«, entgegnete Joshua. »Das ist eine Volksseuche in Amerika.«
Marla zuckte mit den Achseln. »Diese Leute sind keine Magier, Joshua. Aber Hamil ist einer. Und er ist kein Pädophiler. Die Moralvorstellungen von Magiern sind zwar nicht gerade die rigidesten, aber ich habe meine Grenzen; es gibt Dinge, die ich niemals tun würde und die auch meine Leute nicht tun dürfen, selbst wenn sie einen magischen Nutzen bringen. Jede Art von Vergewaltigung. Permanente mentale Kontrolle über jemanden. Nicht freiwillige Menschenopfer. Solche Dinge.«
Joshuas Augen weiteten sich. »Aber … freiwillige Menschenopfer?«
»Mein Ding ist das auch nicht - ich halte so was für ziemlich traurig und einigermaßen gespenstisch -, aber ich kann mir keinen Grund vorstellen, warum es einem Menschen nicht gestattet sein sollte, seinem Leben ein Ende zu setzen, wenn er es will. Und wenn es ihm beliebt, dies mittels eines magischen Rituals zu bewerkstelligen, dann, bitte schön, soll er es so machen. Ich fände es zwar sinnvoller, wenn so
jemand seine Organe der Medizin spenden würde, aber die Entscheidung liegt nun mal nicht bei mir.«
»Okay, jetzt sehe ich schon klarer«, sagte Joshua. »Und, ja, ich glaube, das könnte ganz interessant werden.«
»Großartig«, sagte Marla. Am liebsten hätte sie ihn in die Arme geschlossen und in ihrer Familie willkommen geheißen. »Kommen Sie heute in den Nachtclub, um Mitternacht, genauer gesagt. Hamil erklärt Ihnen, wie Sie hinkommen. Ich habe eine kleine Besprechung, bei der Sie mir helfen könnten. Nichts Großes. Es wäre also kein Weltuntergang, wenn Sie’s versauen. Aber wenn Sie sich ganz gut schlagen, werden wir zusehen, dass Sie in der Firma bleiben können.«
»Sie wollen meine Fähigkeiten testen?« Er sah aus, als belustige ihn der Gedanke.
»Ich habe nicht den geringsten Zweifel an Ihren Fähigkeiten. Woran ich Zweifel habe, ist Ihre Pünktlichkeit, Ihre Ernsthaftigkeit, Ihr Engagement, Ihre Loyalität, Ihre Bereitschaft, Befehle zu befolgen, und Ihr generelles Ich-zieh-dasjetzt-durch-Vermögen. Das ist es, was ich testen will.«
»Verständlich.« Joshua stand auf und streckte Marla die Hand entgegen. Sie zögerte. Konnte sie seine Hand schütteln, ohne dabei auf die Knie zu sinken und an seinen Fingerkuppen zu nuckeln? Verdammte Scheiße, ja , das konnte sie! Immerhin hatte sie schon einmal einen ausgewachsenen Höllenhund mit einem Arschtritt quer durch den ganzen Raum befördert. Sie hatte Somerset aus dem Verkehr gezogen, einen der berüchtigtsten Magier aller Zeiten. Sie hatte den Belly Killer dingfest gemacht und beide Roger Vaughns ausgetrickst. Also sollte sie auch in der Lage sein,
in der Gegenwart eines hübschen Jungen die Kontrolle zu behalten.
Mit betont kräftigem Händedruck schüttelte sie ihm die Hand. »Denken Sie dran: Mitternacht. Wenn Sie zu spät kommen, ist der Deal geplatzt. Sie sind nicht der einzige hübsche Junge auf der Welt.« Dann
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