Hexengift
bezweifle, dass Susan sie alle entschärft hat. Es würde zu ihrer Art von Humor passen, dass sie ein paar vergessen hat; du würdest nur als Blutfleck an der Decke enden, mein Lieber. Außerdem gehörst du sozusagen zu meiner Familie; du bist keine große Magiernummer in Felport. Wenn ich dir so ein Sahnestückchen zukommen ließe, müsste ich mir bis ans Ende meiner Tage die übelsten Anfeindungen anhören.«
Rondeau schien das nicht als Beleidigung zu nehmen; immerhin sagte er selbst oft genug, Nebendarsteller hätten den besten Blick auf die Handlung. »Okay, dann rufst du also Langford an, wenn wir zurück sind.«
Marla seufzte. »Nein, du rufst Langford an, und dann fährst du mich zu dem Treffen mit diesem Neuen, Joshua Kindler …«
»Keine Chance. Die Damentoiletten in meinem Club sind allesamt verstopft. Ich muss sie reparieren, bevor wir heute Abend wieder aufmachen.«
»Rondeau, was ist wichtiger? Deine Klos oder das Schicksal der Welt?«
Er schnitt eine Grimasse. »Bitte, verschone mich damit . Nicht von jeder deiner Privatangelegenheiten hängt gleich das Schicksal der ganzen Welt ab. Letzte Woche, als ich deine Wäsche waschen sollte, hast du das Gleiche behauptet, erinnerst du dich noch? Du kannst genauso gut ein Taxi nehmen, um dich mit diesem Joshua zu treffen.«
Marla versank in ihrem Sitz. In letzter Zeit hatte sie Rondeaus Dienste ziemlich oft in Anspruch genommen, manchmal auch für eher triviale Dinge. Aber was sollte sie denn
tun? Die anstehende Verteilung von Susans Besitz hatte sie viel Zeit und Energie gekostet. Manche von Felports Magiern hatten sich aufs Süßholzraspeln verlegt, während andere ihr subtil drohten. Zwar wussten sie alle, dass mit Marla nicht zu spaßen war, aber sie war erst seit drei Jahren Magieroberhaupt der Stadt und damit eher noch ein Grünschnabel an den Schalthebeln der Macht. Die meisten anderen Magier waren bereits seit Jahrzehnten in Felport, rauften sich untereinander und erledigten die Dinge auf ihre Weise. Es gab eine Menge komplizierter Abhängigkeiten zu berücksichtigen, und es würde schwierig werden, Susans Besitztümer zu verteilen, ohne dabei neue Fehden auszulösen. Marla hatte sich diese Position durch ihre Bereitschaft erkämpft, auch schmutzige Jobs zu erledigen, durch ihre Begabung, schnelle Entschlüsse zu fassen, und durch ihr unglaubliches Talent, all jene plattzumachen, die sich ihr entgegenstellten - also keineswegs durch ihr Verhandlungsgeschick oder ihre Gabe, andere glücklich zu machen. Diplomatie war ihr fremd. Hamil, ihr Consigliere, gab zwar sein Bestes, sie darin zu unterrichten, aber diese Unterrichtsstunden ließen zusammen mit ihren ganzen anderen Verpflichtungen nicht viel Zeit für die weniger schwerwiegenden Angelegenheiten. »Verdammt, Rondeau, was soll ich denn tun? Gestern habe ich sogar vergessen, etwas zu essen! Ich brauche Hilfe, verstehst du das nicht?«
»Willst du damit sagen, dass dir alles über den Kopf wächst?«
»Die wichtigen Dinge erledige ich ja, ich komme nur nicht …«
»… zu den weniger wichtigen. So was wie Wäsche
waschen zum Beispiel, Telefonanrufe, was zu essen besorgen. Richtig?«
»Richtig.«
»Du brauchst eine Sekretärin. Warum willst du mein Talent auf solche Lappalien verschwenden?«
»Hm.« Marla hatte noch nie daran gedacht, eine Sekretärin einzustellen, obwohl sie es sich durchaus leisten konnte, jemanden zu engagieren, der sich um ihren persönlichen Kram kümmern würde. In ihrem neuen Leben war Geld nicht mehr das Problem, aber Marla hatte zu lange ohne festes Dach über dem Kopf geschlafen und aus Dosen gegessen, um sich in Momenten wie diesen daran zu erinnern. »Gar keine schlechte Idee. Wir müssen nur jemanden finden, und das schnell. In den nächsten Tagen werde ich eher noch mehr zu erledigen haben.«
Rondeau kratzte sich am Kinn. »Zurzeit laufen ein paar Novizen in der Stadt herum, die nicht viel zu tun haben. Bis jetzt haben sie sich weder den Honeyed Knots noch der Four Tree Gang angeschlossen. Ich könnte mich mal umhören …«
»Nein, das Letzte, was ich brauchen kann, ist irgend so ein Zauberstab schwingender Streber, der sein Ansehen dadurch aufpolieren will, dass er neuerdings immer an meiner Seite zu sehen ist; der mich ständig um Tipps anbettelt und versucht, mir meine magischen Talismane zu klauen, und mir dabei nicht einmal glaubt, dass ich sie gar nicht verwende. Ich brauche jemanden, der mit unserem Geschäft überhaupt nichts am Hut hat.«
Rondeau
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