Hexengold
bleibt uns noch eine gute Strecke Weges«, warf Knoll ein. Wolff nickte, während Grafrath sich den Armstumpf vor den Leib zog und nachdenklich mit der gesunden rechten Hand über das Eisen fuhr.
»Deshalb sollten wir uns sputen, meine Herrschaften.« Ehringer setzte als Erster seinen Hut wieder auf und winkte den Bewaffneten zu. Die vier Männer kamen mit den Pferden vom Fluss zurück. »Gut, dass unsere Begleiter daran gedacht haben, auch unsere Pferde zu tränken. Die armen Tiere haben sich nach dem teuflischen Schrecken vorhin wahrhaft eine Erfrischung verdient.«
»Ja, die Burschen sind ihr Geld wert.« Anerkennend kniff Knoll sein verbliebenes Auge zusammen. »Dabei hatte ich zunächst meine Bedenken. In den letzten Monaten gab es viel zu häufig Überfälle auf Kaufleute. Manchmal verdingen sich die eigenen Wachleute gleichzeitig für die Marodeure und helfen ihnen beim Plündern.«
»Deshalb soll man beim Lohn nie zu knauserig sein. Gut bezahlte Wachen haben keinen Grund, sich mit üblem Gesindel zu verbünden.« Nach dieser für seine Verhältnisse ungewöhnlich langen Rede griff Grafrath nach den Zügeln seines Braunen, nickte den Damen zu und saß auf.
»Mir scheint, Ihr habt da so Eure Erfahrungen gemacht.« Adelaide suchte seinen Blick. »Kann es sein, dass Kaufleute von ihren eigenen Wachleuten ausgeraubt und vielleicht sogar getötet werden?« Ihr Blick verdüsterte sich, und sie wandte sich ab. Magdalena ahnte, dass sie an den grausamen Überfall auf Eric und Vinzent im letzten Herbst dachte, bei dem ihr Gemahl ermordet worden war. »Das hieße doch, man könnte niemandem mehr trauen.«
»Keine Sorge, Verehrteste«, schaltete Ehringer sich ein. »Für unsere Leute verbürge ich mich höchstpersönlich.« Er verbeugte sich tief. »Eure Sicherheit ist uns teuer. Außerdem ist mir noch nichts dergleichen zu Ohren gekommen.« Sein Blick wanderte zwischen seinen Gefährten hin und her. Die hochgezogenen Augenbrauen deuteten an, dass er von den anderen keine weitere Äußerung zu dem Thema wünschte. Er setzte ein betont munteres Lachen auf. »Das bedeutet nichts anderes, als dass die Kaufleute, die ich aus Frankfurt kenne, entweder gut genug zahlen oder aber den richtigen Riecher für ihre Wachleute haben.« Er zwinkerte ihr zu. »Wir für unseren Teil bemühen uns um beides, darauf könnt Ihr Euch verlassen.«
»Das haben wir nie in Zweifel gezogen.« Magdalena erwiderte sein Lachen und sah die anderen Herren ebenfalls eindringlich an. »Immerhin hat der ehrenwerte Doktor Petersen uns Eure Begleitung nachdrücklich empfohlen. Da ich ihn schon lange kenne und schätze, weiß ich, dass das nicht ohne Grund geschehen ist.«
»Dann sind wir uns einig. Für den Rest des Wegs steht also nichts Schlimmes zu befürchten.« Auch Meinertshagen bestieg sein Pferd. Wolff zögerte, seinem Beispiel zu folgen. »Wollen wir hoffen, dass Ihr recht behaltet. Allerdings beunruhigt mich, dass wir bereits seit zweieinhalb Wochen unterwegs sind. Sonst bewältigen wir die Strecke von Frankfurt nach Leipzig in kaum mehr als zehn Tagen. So, wie es aussieht, werden es dieses Mal gut drei Wochen. Da stimmt doch etwas nicht.«
»Was soll da nicht stimmen?« Ungeduldig schüttelte der dürre Meinertshagen den Kopf. »Der Winter war lang und heftig. Die Wege sind noch nicht alle gut befahrbar, allzu oft versinken wir noch in Schlamm und Unrat. Nicht überall ist die Erde schon so trocken wie hier. Außerdem haben wir nicht nur zwei voll beladene Wagen, sondern auch Damenbegleitung. Statt uns das Hirn zu zermartern, warum wir nicht schneller vorankommen, sollten wir sehen, dass wir überhaupt vorwärtskommen. Die Osternacht steht bevor. Mag sein, dass es in Erfurt eng wird mit ordentlichen Unterkünften. Also los jetzt, sonst ist es dunkel, lange bevor wir an der Stadtmauer stehen und um Einlass bitten können.«
»Ihr habt recht. Lasst uns endlich aufbrechen.« Ehringer fühlte sich für die Frauen verantwortlich und geleitete sie zu ihrem Wagen, wo Gustav bereits auf dem Kutschbock saß. »Auf nach Erfurt!«, verkündete Ehringer, sobald er den Frauen in den Wagen geholfen hatte. Das Lachen war auf sein rundes Gesicht zurückgekehrt. Magdalena winkte ihm dankbar zu.
Kaum war sein grauer Kopf aus ihrem Blickfeld verschwunden, tippte Adelaide ihr aufs Knie. »Hoffentlich finden wir in Erfurt eine Bleibe. Nicht auszudenken, wenn wir im Dunkeln weiterreisen müssen, bis wir in einer zwielichtigen Kaschemme außerhalb der
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