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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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»Bist du wahnsinnig?« Heftig trommelte sie mit den Fäusten gegen Gustavs Rücken. Magdalena riss sie fort. »Lass ihn! Er tut, was er kann!« Sie stieß die Base zurück auf ihren Platz.
    Blindwütig rannten die Ochsen den Abhang hinunter. Magdalenas rechte Hand umklammerte die Bank. Die Linke schlang sich fest um Carlottas Schulter. Das Mädchen starrte ebenfalls mit weit aufgerissenen Augen nach vorn. »Ich werde ihm helfen«, erklärte sie und wollte auf den Kutschbock klettern. »Nicht jetzt!« Unsanft riss Magdalena sie zurück.
    Das Rütteln und Holpern des Wagens wurde heftiger. Die Kisten schlugen gegeneinander, das Holz ächzte. Gebannt starrten die drei Frauen durch die halbrunde Öffnung nach vorn, während Gustav versuchte, die Lage in den Griff zu bekommen. Der Hund war längst verschwunden, dennoch beruhigten sich die Ochsen nicht. »Potz Blitz!«, fluchte Gustav. Rechts und links verengte sich der Weg, Büsche rückten dicht heran. Immer steiler ging es bergab, immer schneller raste der Wagen. Die Reiter, die die Wagen begleiteten, galoppierten nebenher und riefen Gustav etwas zu. Der schüttelte den Kopf, knallte die Peitsche auf die Widerriste der Ochsen und zerrte an den Zügeln.
    Magdalena und Carlotta umschlangen einander. Adelaide fiel es nicht leicht, sich auf der Bank zu halten. Weiß drückten sich die Knöchel ihrer Finger durch. Besorgt wandte sie den Kopf, um die Standfestigkeit der Ladung im Wagen zu kontrollieren, die beängstigend wackelte und klapperte. Doch die schweren Kisten, Körbe und Fässer standen noch immer so eng ineinander verkeilt, dass nichts verrutschen konnte. Die höher liegenden Säcke waren mit Seilen festgezurrt.
    »Ho, ho«, rief Gustav den beiden Ochsen noch einmal zu und knallte wieder und wieder mit der Peitsche. Etwas blockierte. Eisen schleifte auf Eisen, ein nervenzerreißendes Geräusch. Ein gewaltiger Ruck – und die wilde Fahrt war zu Ende. Der Wagen war in die Waagerechte gerutscht und endlich stehen geblieben. Langsam neigte sich der Wagenkasten zur Seite. Dennoch schien keine Gefahr, dass er kippte. Sie hatten das Ende der steilen Böschung erreicht.
    »Alles gut gegangen«, erklärte Gustav, sprang ab und verschwand aus ihrem Blickfeld. Pferdehufe näherten sich. Auch das zweite Fuhrwerk ratterte heran. Magdalena hörte, wie Gustav mit einem der Reiter leise, aber aufgeregt hinter der Plane beratschlagte. Carlotta hielt es nicht länger auf ihrem Platz. Behende kletterte sie nach vorn und sprang heraus.
    »Die Pause haben wir uns wahrlich verdient«, stellte Adelaide trocken fest. Vorsichtig rückte sie zum Kutschbock vor und beugte sich hinaus.
    »Wollen die Damen nicht aussteigen und sich ein wenig die Füße vertreten?« Am hinteren Ende des Wagens schob sich das bärtige Gesicht Ehringers herein. Die lustigen blauen Augen und die vielen Falten oberhalb des grauen Barthaars verrieten, dass der Anführer der Reisegesellschaft wie stets bester Laune war. Nicht einmal die rasante Schreckensfahrt hatte ihn in Aufruhr versetzt.
    »Ich sehe schon«, rief Magdalena ihm nicht weniger gut gelaunt zu, »nichts bringt Euch aus der Ruhe, werter Ehringer. Weder gebrochene Achsen noch unpassierbare Wege, nicht einmal durchgegangene Ochsen verderben Euch die Laune.«
    »So ist es, verehrte Frau Grohnert.« Er deutete eine Verbeugung an. »Nicht einmal fehlende Pferde an einer Wechselstation nehmen mir den Spaß am Reisen, und selbst durchrittene Feiertage und verpasste Gottesdienste nehme ich auf mich. Gott, der Allmächtige, wird mir trotzdem gnädig sein. Genauso wenig kümmert es mich, erst zur zweiten Messewoche in Leipzig einzutreffen. Das Reisen selbst ist viel zu aufregend. Ich liebe es, neue Gegenden kennenzulernen, noch dazu, wenn ich dabei so angenehme Damenbegleitung habe wie zurzeit.«
    Wieder verbeugte er sich und reichte ihr die Hand. Gern ließ sie sich von dem beleibten Frankfurter Weinhändler aus dem Wagen helfen, den sie längst ins Herz geschlossen hatte. Als sie aufrecht im Wagen stand, klemmte er den Hut unter die Achseln und fasste sie vorsichtig um die Hüfte. »Ihr erlaubt!« Schwungvoll hob er sie hinunter.
    »Nun, wie ich Euch einschätze, liebt auch Ihr das Reisen. Seid Ihr in Eurer Jugend viel herumgekommen?« Seine grauen Augen strahlten vor Neugier. Sie nickte. »Gern erzähle ich Euch bei Gelegenheit mehr davon. Aber jetzt helft bitte erst meiner Base aus dem Wagen. Sie sitzt dort noch ganz allein.«
    Sie zwinkerte ihm zu und hob

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