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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Zeiten für den mainländischen Weinhandel gehörten zumindest aus Ehringers Sicht vergangenen Tagen an. »Manchmal ist es besser, nicht über zu viel Wissen zu verfügen.«
    »Ach?« Adelaide hakte sich bei dem gedrungenen älteren Herrn unter. Sacht zog sie ihn etwas abseits, sprach aber weiterhin für Magdalena gut hörbar auf ihn ein. »Was meint Ihr damit?«
    Die unverhoffte Aufmerksamkeit sorgte dafür, dass Ehringer sich unwohl fühlte. Aufgeregt drehte er den Hut in der freien Hand und sah verlegen zu Boden. Dann räusperte er sich, hob den Blick und erklärte zögerlich: »Nun ja, es gibt Gegenden, da hört man diese alten Weissagungen und Sprüche nicht so gern. Frauen, die in solchen Dingen bewandert sind, geraten in einen üblen Verdacht. Ihr wisst schon, was ich meine.« Er wippte auf den Fußspitzen nach vorn, um größer zu wirken. Verlegen warf er einen Blick auf Magdalena und flüsterte dann leiser in Adelaides Ohr: »Oft ist es ratsam, mit solchen Äußerungen zurückhaltend zu sein.«
    Magdalena verstand sehr wohl, was er sagte, und vor allem, was er damit meinte, gab aber vor, es nicht gehört zu haben.
    »Ich verstehe, mein Lieber.« Geschickt wechselte Adelaide die Seite, hakte sich am anderen Arm ein und geleitete ihn auf diese Weise wieder zu Magdalena zurück. Halb an ihn, halb an sie gewandt, sagte sie: »Ihr meint, gerade als Frau sollte man so manche Bemerkung lieber hinunterschlucken und nicht alle Worte preisgeben, die einem auf der Zunge brennen.« Sie warf Magdalena einen eigenartigen Blick zu, bevor sie hinzusetzte: »Nicht, dass am Ende noch ganz anderes brennt.«
    »Nun ja«, wand sich Ehringer. Endlich schien er zu begreifen, was Adelaide im Schilde führte. Er war hin- und hergerissen zwischen beiden Frauen. Weder wollte er Magdalena ängstigen noch sich Adelaides Gunst verscherzen. Erstere schätzte er ihrer Klugheit wegen, Letztere bewunderte er für ihr Auftreten.
    »Gerade meine Base mit ihrem Wissen über besondere Heilkräfte, Kräuter und Gifte sollte fortan in dem, was sie kundtut, vorsichtiger sein, nicht wahr, mein Lieber?« Adelaide neigte den Kopf, um den behäbigen Mann nicht allzu sehr zu überragen. »Wie gut, dass Ihr uns darauf aufmerksam macht. Wir Frauen sind einfach zu unbedarft, uns fehlt Eure Erfahrung. Ihr seid weit in der Welt herumgekommen und wisst, worauf man in welcher Gegend besonders achten muss. Habt also vielen Dank für Eure Ratschläge!« Sie schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln.
    »Nun.« Verlegen zwirbelte Ehringer seinen grauen Bart. Geflissentlich achtete er darauf, Magdalena nicht direkt anzuschauen, und murmelte mehr zu sich selbst als zu ihr: »Ganz so einfach liegen die Dinge wohl nicht.«
    »Hier, seht, die ersten Veilchen!« Carlotta sprang aus der entgegengesetzten Richtung herbei. Stolz streckte sie ihnen einen Strauß blauer Blumen entgegen. »Ist das nicht wunderbar? Wohin man geht, findet man diese Pracht!« Blitzschnell drehte sie sich einmal um die eigene Achse. Dabei streckte sie die Arme zur Seite, als gelte es, die ganze Welt zu umarmen. Übermütig wie ein junges Fohlen tanzte sie um die drei Erwachsenen herum. Erleichtert ließen sich Magdalena und Ehringer von der guten Laune des Mädchens ablenken. Adelaide verzog zunächst den Mund, rang sich dann aber ebenfalls ein Lächeln ab.
    Zögernd traten die übrigen Kaufleute näher: der wortkarge Grafrath, dessen linke Hand von einem schlichten Eisenhaken ersetzt worden war, Knoll, dem das rechte Auge fehlte, sowie der dürre Meinertshagen und der unscheinbare Wolff, an dem das Auffälligste seine Unauffälligkeit war. Dank Carlottas Freudentanz standen sie zum ersten Mal auf der Reise alle beisammen, wie Magdalena verwundert feststellte, als ihr Blick über die kleine Versammlung wanderte. Lediglich Mathias fehlte. Der Fünfzehnjährige hielt sich bei dem zweiten Fuhrwagen auf. Sie winkte ihm zu, doch er schaute nur kurz herüber, entschied sich dann aber, bei Gustav und Niklas, dem zweiten Kutscher, zu bleiben.
    »Wie schaut es aus, meine verehrten Herren: Erreichen wir bald das Ziel unserer heutigen Etappe?« Wie zufällig rückte sich Adelaide in den Mittelpunkt des kleinen Kreises. »Mir scheint, dort hinten schälen sich bereits die ersten Turmspitzen Erfurts heraus.«
    Wie auf Kommando drehten sich die Kaufleute Richtung Nordosten. »Ihr habt recht. Das dort hinten sind tatsächlich schon die markanten Spitzen von Dom und Severikirche«, erklärte Ehringer.
    »Trotzdem

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