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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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verdient.« Mit seinen langen Fingern fasste er sie am Kinn und zog ihr Gesicht zu sich herum. Spöttisch blickte er auf sie herab. Bevor sie es sich anders überlegen konnte, setzte er in versöhnlichem Ton nach: »Ist doch nur ein Spaß! Niemand kennt dich hier. Wem wollen sie erzählen, dass du keinen Anstand hast und am helllichten Tag mit einem Burschen durch die Straßen flanierst?«
    »Was soll das? Was hast du vor?« Verärgert stampfte sie mit dem Fuß auf. »Bild dir bloß nichts ein!« Sie drehte und wendete sich rasch, um sich aus seinen Fängen zu befreien.
    Er aber war stärker. »Nicht so hastig! Vergiss nicht: mitgefangen, mitgehangen! Du kommst mit, und wir essen die Wecken gemeinsam. Geteilte Freude ist doppelte Freude. Oder ist dir der Appetit auf die süßen Dinger vergangen? Vielleicht soll ich deiner Mutter erzählen, was du so treibst, wenn sie nicht auf dich achtgibt.«
    »Dir glaubt sie kein Wort.«
    »Das werden wir sehen. Hast du nicht in Frankfurt schon mal ihre Wundersalbe gestohlen und heimlich zu Petersen gebracht?« Breitbeinig baute er sich vor ihr auf und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Woher willst du das wissen?«
    Sein Grinsen wurde frecher. »Meine Mutter hat mal so was erwähnt.«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest.« Trotzig versuchte sie, sich an ihm vorbeizuzwängen. Wieder aber reagierte er blitzschnell und hielt sie fest.
    »Hier, die Wecken darfst du gern allein essen.« Sie drückte ihm das Gebäck in die Hand und hoffte, ihn auf diese Weise abzulenken, um sich davonzustehlen. Er aber schlug es ihr aus der Hand und fasste sie am Oberarm. Dabei drückte er so fest zu, dass sie vor Schmerzen aufschrie. »So nicht, du kleine Hure!«, zischte er. »Denk nicht, dass ich nicht merke, welches Spiel du mit mir treibst.« Er zog sie so weit zu sich heran, dass sich ihre Oberkörper berührten. Heftig bebte seine Brust gegen ihre. Ungewöhnliche Hitze erfasste sie. Die Lippen leicht geöffnet, pustete er ihr seinen Atem mitten ins Gesicht. Jeder einzelne Zahn seines schlecht gepflegten Gebisses war zu sehen.
    »Du solltest Minze kauen, um besser aus dem Mund zu riechen«, entschlüpfte es ihr. Sie suchte seinen Blick, wollte die unstet hin- und herwandernden Pupillen zur Ruhe zwingen. Es gelang ihr erst nach einer ganzen Weile. Das Schwarz seiner Augen wurde riesig. Wie in einem Spiegel erspähte sie das eigene Antlitz darin. Sie meinte, vor Scham darin zu versinken.
    »Hast du keine anderen Sorgen als meinen schlechten Atem?« Er drückte noch ein wenig fester zu. Abermals schrie sie vor Schmerz auf. Sein Atem ging schneller, er keuchte, schmiegte sich gegen ihren Leib. Ihr wurde flau. »Komm schon, du willst es doch auch.«
    Damit stieß er sie von sich, allerdings nicht, um von ihr abzulassen, sondern um sie in eine schmale, dunkle Gasse zu zwingen. Der Boden war glitschig, es stank erbärmlich nach Exkrementen. Sie streckte die Hände zur Seite, tastete nach Halt. Entsetzt zuckten ihre Finger zurück. Die Wände atmeten feuchten Moder. Kühle Luft umfing sie. Je tiefer sie in die Gasse gelangten, desto dunkler und einsamer wurde es. Die Geräusche der Straße blieben hinter ihnen zurück. Am entgegengesetzten Ende zeichnete sich nur ein schmaler, vager Lichtstreif ab. Verzweifelt spürte sie Tränen in den Augen.
    Mathias drängte sie rücklings gegen eine Hauswand, warf sich gegen sie, riss ungeduldig an ihrem Rock. Schon zwängte er ein Knie zwischen ihre Beine, versuchte sie mit Gewalt auseinanderzupressen. »Nicht!«, rief sie und warf den Oberkörper heftig hin und her. Sein starrer Blick wurde ihr unheimlich. Selbst im dämmrigen Licht der engen Gasse spürte sie ihn deutlich auf sich. Mathias neigte den Kopf, drückte ihr die Lippen auf den Mund, bohrte seine Zunge zwischen ihre Zähne. Sie schmeckte eklig. Carlotta schnaufte und keuchte. Das erregte ihn noch mehr.
    Auf einmal begriff sie, woher er wusste, wie er sie nehmen musste: Niklas, der Fuhrmann, hatte ihn unterwiesen! Es widerte sie an, sich vorzustellen, wie die beiden tagelang auf dem Kutschbock gehockt und Pläne geschmiedet hatten, wie er sie bezwingen konnte. Wut stieg in ihr auf. Sie hob das Knie an und stieß mit aller Kraft zu. Erschrocken jaulte er auf, ließ sie los und sackte zusammen. Genau wie damals in der Sandgasse! So viel hatte er wohl doch nicht dazugelernt, trotz Niklas.
    Wieder nutzte sie den Moment der Überraschung, kletterte über ihn hinweg und rannte los. Zum Glück war die

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