Hexengold
Gasse so schmal, dass sie zwischen den Wänden Halt fand. Auf dem feuchten Untergrund schlingerte sie beträchtlich hin und her, stieß sich Ellbogen und Knie, achtete allerdings nicht auf den Schmerz. Nur raus!, war ihr einziger Gedanke, und sie stürzte sich dem hellen Licht entgegen.
Auf der Straße überlegte sie, welche Richtung sie einschlagen sollte. Erst nach rechts, dann ein kurzes Stück nach links und schon erreichte sie den Wenigemarkt. Auf ihren Orientierungssinn konnte sie sich verlassen. Von dort war es nicht weit bis zur Krämerbrücke. Sie schlängelte sich durch das abendliche Gedränge der Heimkehrer, achtete nicht auf die Proteste, wenn sie jemanden anrempelte, und schlüpfte noch vor einem Handkarren durch ein enges Tor. Erleichtert erblickte sie linker Hand das Rathaus. Nicht weit davon lag in einer Seitengasse das Gasthaus, in dem sie abgestiegen waren. Davor stand ein Esel quer im Weg. Ein Mann lud gerade einen schweren Sack auf den Rücken des Tieres, eine Frau stand daneben, gestützt auf einen Besen, und redete unablässig auf den Eseltreiber ein. Als sie Carlotta sah, fing sie an zu zetern. »Schau dir das Mädel an! Eine Schande, so herumzulaufen! Was willst du hier?«
Verwundert sah Carlotta an sich herunter. Ein langer Riss zog sich durch den Stoff ihres Rocks. Staub hing in den Falten. Auch ihre Schuhe waren dreckverkrustet. Ohne auf die empörten Rufe der beiden zu reagieren, eilte sie vorbei. Sie warf sich gegen die schwere Tür des Gasthauses und zwängte sich in der Wirtsstube durch die dicht beieinandersitzenden Zecher. Hämische Bemerkungen begleiteten sie. Einer griff nach ihrem Arm, ein anderer klopfte ihr frech auf den Hintern. Empört riss sie sich los, stolperte die Treppe nach oben und erreichte die Kammer, die sie mit Tante Adelaide und der Mutter bewohnte.
»Mutter!«, keuchte sie atemlos, als sie die Tür aufstieß.
4
Ein spitzer Schrei empfing Carlotta. Feuchte Luft schlug ihr entgegen. Der Dunst, der in dem Raum hing, trübte ihr die Sicht. Ein blumiger Duft nach Lavendel und Rosen reizte sie zum Niesen. Als sie mehr erkennen konnte, entdeckte sie den Badezuber in der Mitte. Splitternackt thronte Tante Adelaide darin.
Carlotta stand wie angewurzelt. Die Schönheit des bloßen Körpers schlug sie in Bann. Alabasterweiß schimmerte die Haut. Das schwarze Haar war lässig hochgesteckt. Der lange, schlanke Hals und die runden Schultern kamen dadurch besonders zur Geltung. Über dem Rand des Zubers waren gerade noch die vollen Brüste zu erkennen. Erstaunlich fest für eine Frau dieses Alters reckten sich die Spitzen. Das helle Braun der Brustwarzen bildete einen runden Kreis darum.
»Wie siehst du denn aus?« Nach dem ersten Schreck lächelte die Tante. Es war ihr nicht entgangen, welche Wirkung ihre Blöße auf Carlotta besaß. Sie schob sich noch ein wenig höher und legte die feingliedrigen Arme auf den Rand. »Höchste Zeit, dass du ins Bad steigst. Reich mir das Handtuch.« Die langen Finger wiesen auf einen Schemel.
Während Carlotta das Handtuch ausbreitete, richtete sie den Blick zur Seite. Adelaide genoss die Situation. Grazil richtete sie sich auf, stellte das eine Bein aufreizend vor das andere und winkelte das Knie leicht an. Carlotta konnte nicht anders, als einen weiteren, verschämten Blick auf den herrlichen Körper zu werfen. Die Wassertropfen perlten auf der Haut und glitzerten im schwachen Dämmerlicht, das durch die Fenster hereinfiel. Die sanften Schwünge von Hüfte und Bauch setzten sich über die kräftigen Oberschenkel fort. Munter kräuselten sich die schwarzen Haare an Tante Adelaides Scham. Carlotta wurde heiß. Im Unterleib spürte sie einen ähnlichen Kitzel wie vorhin, als Mathias sie bedrängt hatte.
»Danke«, hauchte die Tante und griff nach dem Handtuch. Wie zufällig strichen ihre Fingerspitzen sanft über Carlottas Hand. Ihr stellten sich die feinen Haare im Nacken auf. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. In einer gezielten Drehung hüllte Adelaide das Leinen um den Körper, zog es eng heran, bis es wie eine zweite Haut die Rundungen abermals nachfuhr. Ein Bein nach dem anderen hochziehend, stakste sie wie ein Storch aus dem Zuber.
»Trockne mir den Rücken ab«, bat sie Carlotta und stellte sich dicht vor sie hin. »Oder ist dir das unangenehm?«
»Nnnnein«, versicherte Carlotta und tat, wie ihr geheißen. »Fester!«, verlangte die Tante und ließ plötzlich das Leinen los. Das Tuch rutschte ihr von den Schultern. Die
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