Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
Vom Netzwerk:
kräftig zwischen die Beine getreten und bin wie eine Besessene geflohen. Ich wollte zu dir, Mutter, nur zu dir. Oben in der Kammer aber hat Tante Adelaide splitternackt in der Wanne gesessen. Auch die hat mich so merkwürdig angesehen, dass ich mich selbst völlig vergessen habe. Statt wegzulaufen, bin ich wieder nur wie blöde dagestanden und habe nur noch tun können, was sie wollte, genau wie bei Mathias vorhin.«
    Sie hielt inne, lauschte den eigenen Worten nach. Die Mutter runzelte die Stirn und zog die Augenbrauen nach oben. Carlotta kam das Erzählte unwirklich vor, wie in einem bösen Traum. Ihr Blick fiel auf den verschmutzten Rock, den Riss an der Seite. Nein, es war kein böser Traum gewesen, es war tatsächlich geschehen. »Sie hat mich verhext. Ich habe das Mal gesehen«, schloss sie ihren Bericht, fasste Magdalena an den Händen und sah sie eindringlich an.
    »Welches Mal? Kind, kann es sein, dass du Fieber hast?« Magdalena legte ihr die flache Hand auf die Stirn und musterte sie eindringlich.
    »Ich habe kein Fieber!« Verärgert schüttelte Carlotta sie ab. »Ganz deutlich habe ich das Mal auf Tante Adelaides Haut gesehen: hinten am Rücken, auf der linken Seite, eine Handbreit über dem Hintern. Braun ist es, mit dicken, schwarzen Haaren darauf. Damit ist klar, welches Spiel die beiden mit uns treiben: Hexen sind sie, böse Zauberer! Nur um davon abzulenken und uns in Sicherheit zu wiegen, tun sie so, als hätten sie nie zuvor von den ganzen Weisheiten und Sprüchen gehört, als verstünden sie nichts von Heilkräutern und dergleichen. Dabei wissen sie darüber allemal mehr als wir alle zusammen!«
    Vor Empörung überschlug sich ihre Stimme. Sie rang nach Luft. Da erst wurde ihr die unheimliche Stille rundherum bewusst. Ganz leise strich der Abendwind durch die Wipfel der Linde. Vom Bach her schnatterte die Ente heran und begann neuen Zwist mit einem der Hühner, die auf der Suche nach Essbarem die Erde aufpickten. Aufgeregt flatterte das Federvieh umher. Im selben Moment brach Magdalena in lautes Lachen aus. Zunächst verstand Carlotta die Veränderung nicht. Das Lachen ging im aufgeregten Schnattern der Hühner unter. Dann aber erfasste sie Wut. »Du glaubst mir nicht?«
    »Entschuldige, Kind.« Magdalena hielt inne, wischte sich die Augenwinkel. »Natürlich glaube ich dir. Ich habe Augen im Kopf und längst mitbekommen, dass Mathias starkes Interesse an dir zeigt. Du bist ein hübsches Mädchen, und er ist in dem Alter, in dem die Burschen von Mädchen zu träumen anfangen. Die vielen Tage, die er mit Niklas allein verbracht hat, werden ihn darin bestärkt haben. Dieser Niklas ist ein ungehobelter Bursche und wird in seinem kurzen Leben bislang keine Gelegenheit ausgelassen haben. Davon wird er Mathias ununterbrochen erzählt haben. Also ist es für den Buben höchste Zeit, dem Träumen ebenfalls endlich Taten folgen zu lassen, um vor Niklas zu bestehen. Sei ehrlich, mein Liebes: Dir geht es nicht viel anders als ihm. Du warst neugierig und wolltest wissen, was er vorhat und wie weit er gehen wird. Das ist natürlich eine Art von Hexerei, ein ganz besonderer Zauber. Der aber hat nichts mit dunklen Kräften zu tun.«
    »Was denkst du von mir?« Empört schnappte Carlotta nach Luft. Magdalena lächelte wieder. »Reg dich nicht auf, mein Kind. Das ist so, wenn man älter wird. Das hat nichts mit Hexerei zu tun. Das warme Kribbeln im Bauch ist ein gutes Gefühl. Eines Tages wirst du erleben, wie schön es ist, wenn man es gemeinsam mit dem Liebsten spürt und sich ihm hingibt.«
    »Mutter!« Carlotta spürte, wie ihr heiß wurde vor Scham. Wie konnte ihre Mutter Derartiges so offen vor ihr ansprechen! Ängstlich sah sie sich um, entdeckte glücklicherweise niemanden, der ihr Gespräch belauscht haben mochte.
    Noch aber war ihre Mutter nicht fertig. »Geh Mathias besser eine Weile aus dem Weg. Er soll sein feuriges Gemüt bei anderen kühlen. Ich werde Gustav Bescheid geben, dass er sich den Jungen vornimmt. Auch der gute Niklas sollte besser beobachtet werden. Körperliche Ertüchtigung wird ein gutes Mittel sein, die beiden besser in den Griff zu bekommen. Nun aber zu Tante Adelaide.« Ihre Miene wurde ernster, sie senkte die Stimme ein wenig: »Vor ihr brauchst du dich nicht zu fürchten. Genauso wenig wie Mathias verfügt sie über überirdische Kräfte und Künste. Gleichwohl ähnelt es oft einem Zauber, was sie mit anderen anzustellen vermag. Sie ist eine sehr schöne Frau und weiß ihre

Weitere Kostenlose Bücher