Hexengold
Gebärenden wieder zu Boden. Carlotta indes warf sich quer über den Oberkörper, um Arme und Kopf gleichzeitig in den Griff zu bekommen. Das Wehklagen der Frau wurde leiser. Allmählich verebbte auch ihr körperlicher Widerstand. Schließlich weinte sie leise in sich hinein. Die Frauen lockerten die Griffe.
»Es liegt falsch herum«, stellte Magdalena fest. Ihre Hand glänzte nass und blutverschmiert, als sie sie aus dem Leib zog. Über dieser Bewegung zuckte die Frau noch einmal zusammen, blieb dann aber reglos liegen. Mit der sauberen Hand wischte sich Magdalena die Stirn. Inzwischen klebten auch ihr die Haare nass am Kopf. Auf dem Stoff ihres Kleides zeichneten sich in Höhe der Achselhöhlen dunkle Flecken ab. »Noch pocht das Herz. Ich habe es gefühlt. Wie viele Kinder hat sie schon geboren?«
»Zwei«, antwortete die Hebamme. »Kamen beide schnell und ohne große Mühen. Seltsam, dass es beim dritten so hakt.«
»Wahrscheinlich mag es nicht raus, damit keiner sieht, wem es ähnlich ist«, mischte sich die andere Frau ungefragt ein. Patsch! Die Hebamme versetzte ihr eine schallende Ohrfeige. Dennoch ließ sich die Frau nicht einschüchtern. »Sie hat doch Angst, dass das Balg ausschaut wie ihr Schwager und nicht wie ihr Mann. Deshalb kneift sie den Po zusammen, statt die Frucht herauszupressen. Dass nichts vorwärts- und nichts rückwärtsgeht, ist die gerechte Strafe für ihr schamloses Treiben!«
»Halt endlich dein loses Maul!« Die Hebamme packte sie und schüttelte sie heftig. Adelaide warf sich dazwischen und trennte die beiden. Zum ersten Mal sah sie der vorlauten Frau ins Gesicht. Sie war sehr viel jünger, als die Figur hatte vermuten lassen. Die groben Gesichtszüge ließen wie ihre unpassende Bemerkung auf ein ungehobeltes Wesen schließen. Die Frau lachte überdreht und rieb sich die rot glühende Wange. Bald ging das Lachen in wirres Kichern über.
»Was tut ihr da?« Erbost schaute Magdalena die Frauen an. »Für euer Gezänk ist hier kein Platz. Wenn ihr keine Ruhe gebt, kann ich euch hier nicht brauchen.«
»Ohne uns wirst du es aber kaum schaffen. Weder das Kind«, die Hebamme nickte zu Carlotta, »noch die hier«, damit wies sie verächtlich auf Adelaide, »sehen so aus, als wüssten sie, was zu tun ist.«
Adelaide stockte der Atem. Eben noch waren sie alle eins miteinander gewesen, und jetzt das! Was bildete sich das Weib ein? Bevor sie sie zurechtweisen konnte, erwiderte Magdalena ungerührt: »Du warst bislang auch keine große Hilfe.« Mit diesen Worten schob sie die Wehmutter barsch beiseite und ging zu ihrer Tasche. Nach einigem Suchen zog sie eine kleine Phiole hervor. »Gib ihr einige Tropfen davon«, wies sie Adelaide an. »Das wird ihre Schmerzen lindern.«
»Was hast du vor?«, fragte die Hebamme und beäugte argwöhnisch die Medizin. Unwillkürlich umschloss Adelaide das Fläschchen mit der Hand.
»Das, was du längst hättest tun müssen: Ich werde versuchen, das Kind zu wenden.«
Bei Magdalenas Ankündigung zuckte Adelaide zusammen. Sämtliche Gedanken über Hexen und geheime Frauenkünste waren verschwunden. Stattdessen drängten andere Bilder in ihr Bewusstsein. Ihr Leib zitterte, als läge sie selbst vor Magdalena und wartete auf den Eingriff. Ihre Base dagegen strahlte Zuversicht aus und kramte erneut in ihrer Wundarzttasche, um einen kleinen Beutel herauszuziehen.
»Holt eine Schüssel kochendes Wasser und streut von diesen Kräutern herein. Das wird uns allen guttun.« Die beiden Frauen kuschten wie geprügelte Hunde. Gehorsam eilte die vorlaute Helferin hinaus und kam innerhalb kürzester Zeit mit einer dampfenden Schüssel zurück. Die Hebamme öffnete das Säckchen und krümelte getrocknete Blätter hinein. Sofort stieg eine duftende Wolke aus der Wasserschüssel auf. Gierig atmete Adelaide den wohltuenden Geruch ein und sah, wie auch die anderen eifrig die Münder öffneten und wie von neuem Lebensmut erfüllt schienen.
Magdalena trat zur Waschschüssel, säuberte sich ein weiteres Mal gründlich Hände und Unterarme und rieb sie anschließend mit Melkfett ein. »Geht auf eure Plätze und haltet sie gut fest. Es wird nicht angenehm werden!« Unaufhörlich knetete sie weiter die Finger, ging langsam vor dem Schoß der Gebärenden in die Knie, spreizte ihre Beine, strich beruhigend über die Innenseiten der Schenkel und tastete gleichzeitig auf dem aufgeschwemmten Leib herum.
Carlotta rückte ein Stück zur Seite, als Adelaide sich neben dem Kopf der Frau
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