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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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Gedanke durch den Kopf. Gerade sie selbst aber sollte vorsichtig mit solchen Beobachtungen sein.
    Ein Stöhnen gemahnte sie daran, das Augenmerk auf Magdalena zu richten. Die kniete nun mit dem Rücken zu ihr vor dem Unterleib der Frau. Mit der linken Hand stützte sie sich auf deren Knie und beugte sich vor. Das lange rotgelockte Haar umhüllte ihren Kopf wie ein schützender Umhang. Adelaide hielt den Atem an, als ihr klar wurde, wohin die Base die rechte Hand führte. Ihre Wangen glühten, erneut trat ihr der Schweiß auf die Stirn. Sie meinte, die Hand in sich selbst zu spüren. Schon kniff sie die Knie zusammen, knickte mit dem Oberkörper leicht ein, um den Unterleib zu schützen. Aber nicht allein der Gedanke an die verpatzte Geburt beherrschte sie. Sechs weitere Male war sie nach der missglückten ersten Geburt niedergekommen. Ähnlich wie diese fremde Frau hier hatte sie sich vor einer Hebamme entblößen, von einer Frau in einer Weise anfassen lassen müssen, wie sie es nicht einmal ihrem eigenen Mann erlaubt hatte. Der Gedanke verursachte ihr einen seltsamen Schauder. Sie spürte förmlich, wie etwas zwischen ihre Beine fasste, sich weiter vortastete, ein heißes Kitzeln hervorrief. Rasch sah sie wieder auf die Gebärende. Das viele Fleisch, die offen liegende Blöße, der Verlust jeder Scham verwirrte und bezauberte sie im selben Augenblick. So eigenartig es war, die Gebärende in ihrem unendlichen Schmerz vor sich liegen zu sehen, so erregend empfand sie es. Auf einmal brannte ihr Unterleib lichterloh. Sie senkte den Blick und bekämpfte das schlechte Gewissen in sich. Ähnliches hatte bislang nur Vinzent in ihr auszulösen vermocht – und, wenn sie ehrlich war, auch Eric. Noch jetzt wurde ihr flau, wenn sie daran dachte, wie der Blick seiner tiefgründigen blauen Augen auf ihr versank.
    Ein Wimmern erklang, gefolgt von einem langgezogenen »Aaah«. Adelaide richtete sich wieder auf.
    »Ruhig, ganz ruhig«, sagte Magdalena leise und streichelte mit der linken Hand über die nackte Haut am drallen Oberschenkel der Gebärenden. Adelaide war, als fühlte sie die zarten Fingerkuppen auf ihrer eigenen Haut. Das Gefühl von Schaudern und Verzückung stritten weiter in ihrem Innern. Letzteres gewann bald deutlich die Überhand, zumal die Frauen neben ihr ebenfalls nicht empört auf Magdalenas Tun reagierten. Im Gegenteil: Gerade beugte sich die Hebamme vor und stierte der Gebärenden zwischen die Beine, genau dorthin, wo Magdalena mit ihren Fingern unterwegs war.
    Plötzlich begriff Adelaide. Ein unsichtbares Band schien die Frauen in dem Raum zusammenzuschnüren. Jede wusste genau, was und warum die andere etwas tat, keine nahm Anstoß. Ein Blick streifte sie. Die Hebamme zwinkerte ihr zu, auch die zweite Frau nickte daraufhin kurz zu ihr herüber. Mit einem Mal war sie dankbar, mitgekommen zu sein. Sie fühlte sich diesen fremden Frauen verbunden, wusste, dass sie eine von ihnen war, dazugehörte zu diesem eingeschworenen Kreis, auch wenn sie bislang keinen Handstrich getan hatte. Neugierig reckte sie den Kopf und versuchte, über Magdalenas roten Lockenkopf hinweg auf das haarige Feld zu schauen. Außer buschigen Haaren und geröteter Haut konnte sie nichts erkennen. Die unförmige Frau trat unterdessen ebenfalls näher heran und fragte barsch: »Tot oder was?«
    Einen Augenblick senkte sich gespenstische Stille über den Raum. Es schien, als erstarrte selbst das Treiben draußen im Hof.
    Magdalena kniete weiterhin stumm zwischen den Beinen der Gebärenden, tastete mit der einen Hand im Innern, legte die andere von außen auf den Unterleib und drückte. »Aaah!«, schrie die Gebärende mit einem Mal. Ihr ganzer Körper bebte. Sie begann, mit den Beinen ziellos um sich zu treten, warf den Rumpf kräftig hin und her. »Halten!«, rief Magdalena. »Ihr müsst sie festhalten!« Unwillkürlich stürzte Adelaide nach vorn, auch die Hebamme und die andere Frau drängten sich heran. Adelaide fasste nach dem linken, die beiden anderen nach dem rechten Bein. Die Kraft, die in den Tritten steckte, drohte Adelaide zu überwältigen. Sie kippte nach hinten, fing sich mit den Händen auf, wollte schon wieder hochkommen, als sie sich durch neuerliches Wegducken dem emporschnellenden Fuß ein zweites Mal entzog. Planlos wirbelten ihre Hände durch die Luft, bis es ihr gelang, das Bein endlich zu packen. Zu zweit taten sich die beiden Frauen auf der anderen Seite leichter. Längs drückten sie das rechte Bein der

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