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Hexengold

Hexengold

Titel: Hexengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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zu nicken und den beiden Frauen nachzugehen.
    Carlotta suchte die Nähe zu ihrer Mutter. Eifrig half sie mit, einige leichtere Kisten und Körbe aus dem Wagen zu holen. Vielleicht ergab sich dabei die Möglichkeit, mit ihr zu sprechen. »Trag die Wundarztkiste nach oben«, wies die Mutter sie an und reichte sie ihr behutsam. »Du kannst auch gleich in der Kammer bleiben und die Betten herrichten. Ich komme bald.« Carlotta wollte widersprechen. Aus den Augenwinkeln hatte sie Adelaide erspäht, die Anstalten machte, der Wirtin in das Quartier zu folgen. Ihre Mutter aber war bereits weiter nach hinten in den Wagen gekrochen und hantierte dort herum. Ihr blieb nichts übrig, als gehorsam der Tante nachzugehen.
    »Vergiss unsere Verabredung nicht«, raunte Mathias ihr zu. Im Dunkel des Hausflurs hatte sie ihn fast übersehen. Stumm nickte sie und stieg, die kleine Wundarztkiste vor der Brust, die Treppe hinauf.
    »Carlotta, wo steckst du nur?« Ungeduldig erwartete Tante Adelaide sie bereits am oberen Absatz. »Du sollst nicht träumen, sondern mit anpacken. Oder glaubst du, ich mache das alles hier allein?« Schon war die schwarz gekleidete Gestalt wieder verschwunden. Carlotta seufzte. Klopfenden Herzens stellte sie die Kiste in eine Ecke und eilte der Wirtin und der Magd zu Hilfe. Das hatte wenigstens den Vorteil, Mathias nicht mehr in die Arme zu laufen oder die Laune der Tante ertragen zu müssen.
    »Wir nehmen diese hier«, entschied die alte Pohlmännin und zog die blasse Schwiegertochter sowie die mürrische Magd Hanna in die schmale, lange Kammer gleich neben der Treppe.
    »Wunderbar«, flötete Tante Adelaide, »mir ist diese hier ohnehin lieber«, und lächelte zuckersüß. Als Carlotta aber mit ihr allein in den Raum auf der gegenüberliegenden Seite trat, verschwand ihr Lächeln. »Oh Gott, hier bekomme ich kaum Luft!« Übertrieben fächelte sie sich mit der Hand Luft zu. In zwei Schritten war sie bei der halbrunden Luke und riss sie auf. Der laue Wind des warmen Maiabends brachte wenig Abkühlung unter das schräge Dach.
    Carlotta entzündete die Talglichter. Die Kammer war nicht sonderlich groß. Ein breites Bett beherrschte sie fast völlig. Geschwind machte sich Carlotta daran, die Strohsäcke aufzuschütteln. Die Magd brachte blütenweiße Leintücher sowie zwei Federbetten und Kissen.
    »Bring mir den Badezuber. Ohne ein Bad halte ich es hier nicht aus!«
    »Ihr wollt wirklich baden?« Die Wirtin machte aus ihrem Unmut keinen Hehl, als sie kurz darauf erschien, nachdem sie von der Magd über den seltsamen Wunsch unterrichtet worden war. In ihrem Rücken erspähte Carlotta die alte Pohlmann. Angelockt von den lauten Stimmen war sie aus ihrer Kammer gekommen. Auch ihr war anzusehen, wie unpassend sie Tante Adelaides Wunsch fand. Angespannt beobachtete Carlotta die Frauen, die sich unter der Schräge des Dachs gegenüberstanden. Keine von beiden machte Anstalten, nachzugeben.
    »Ruft mir den Wirt!«, verlangte Adelaide. »Wir werden doch sehen, wie lange Ihr Euch noch weigert, für das Wohl der Gäste zu sorgen.« So weit kam es allerdings nicht. Auf der Treppe wurden Männerstimmen laut. Pohlmann und Helmbrecht tauchten auf, um sich nach dem Befinden der Damen zu erkundigen. Sofort nutzte die Tante die Gelegenheit, Helmbrecht über ihre Wünsche zu unterrichten. Zunächst stahl sich ein Schmunzeln auf sein narbiges Gesicht, dann zwang er sich zu einer ernsten Miene. »Bitte, Frau Wirtin, lasst das Bad richten. Ihr werdet die zusätzliche Mühe nicht bereuen.« Rasch steckte er der verblüfften Frau ein Goldstück zu.
    »Sag den Knechten, sie sollen hier oben den Zuber aufstellen«, wies die Wirtin die Magd an. Bevor sie nach unten ging, bedachte sie Adelaide mit einem eigentümlichen Blick. Carlotta lief es eiskalt den Rücken hinunter.
    Siegesgewiss stand die hoch aufgeschossene, schwarz gekleidete Adelaide einige Zeit später neben dem Badezuber und sah zu, wie Magd und Wirtin Eimer um Eimer heißes Wasser hineingossen. Der aufsteigende Dampf hüllte die enge Kammer in dichten Nebel. Die heißen Schweißperlen schmerzten Carlotta auf der empfindlichen Haut zwischen Nase und Mund.
    »Ihr habt seltsame Gewohnheiten«, murrte die Pohlmannwitwe. Abermals war sie zu ihnen in die Kammer gekommen, um von Magdalena einen Insektenstich behandeln zu lassen. Carlotta saß auf dem Bett und wagte nicht, sich zu rühren. Sosehr auch sie das Verhalten der Tante befremdete, schenkte es ihr doch weiterhin Ablenkung

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